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Patrick Viol

Keine systematische Benachteiligung: Als Frau bei den Streitkräften

Garlstedt (pvio). Gleichberechtigung bedeutet auch, dass Frauen das Land verteidigen können, welches ihnen gleiche Rechte gewährt. Eine von ihnen ist Hauptmann Schumacher, die uns erzählt, wie es dazu kam und wie es ist, eine Frau bei der Bundeswehr zu sein.
Hauptmann Schumacher ist Logistikerin und Ausbilderin der Offizieranwärter in der Logistikschule in Garlstedt.

Hauptmann Schumacher ist Logistikerin und Ausbilderin der Offizieranwärter in der Logistikschule in Garlstedt.

„Mehr Gleichberechtigung als bei uns geht fast gar nicht“, sagt Hauptmann Schumacher, Frau Hauptmann Schumacher im Gespräch über das Thema Frauen in der Bundeswehr auf die Frage, wie es um die Gleichberechtigung bei den Streitkräften bestellt ist. Denn anders als in der freien Wirtschaft werden Frauen und Männer bei der Bundeswehr für die gleiche Arbeit gleich bezahlt. Auch bei Ausbildungsmöglichkeiten und den Dienstgraden erführen Frauen dieselbe Behandlung wie Männer. „Männer und Frauen haben bei uns die gleichen Chancen“, so Schumacher.
Aber was bewegt eine junge Frau dazu, bei der Bundeswehr mitzumischen? Und bedeuten gleiche Bezahlung und gleiche Chancen auch einen gleichberechtigten Umgang unter männlichen und weiblichen Kameraden und eine unvoreingenommene Haltung des männlichen Vorgesetzten zur weiblichen Untergebenen?
 
Warum zur Bundeswehr?
 
Seit 2001 haben Frauen bei der Bundeswehr Zugang zu allen militärischen Laufbahnen. Und seither ist der Anteil von Frauen in den Streitkräften kontinuierlich gestiegen. 2020 waren rund 13 Prozent der Dienstleistenden an der Waffe Frauen.
Hauptmann Schumacher kam 2011 zur Bundeswehr, mit 20. Sie habe einen aktiven Beruf ausüben wollen, einen, in dem man mit Menschen zu tun hat, in dem man Verantwortung übernimmt und in dem ihr Organisationstalent zum Einsatz kommt.
Natürlich habe bei ihrer Bewerbung auch der Gedanke der Landesverteidigung - vermittelt über den Krieg in Afghanistan - eine Rolle gespielt. Aber ausschlaggebend sei etwas anderes gewesen: „Die Auftragslage im In- und Ausland, das breite Ausbildungsangebot und die Möglichkeit, relativ schnell Führungskraft zu werden, haben mich überzeugt“, wie Schumacher erklärt, die sich auch bei der Polizei beworben hat. Bevor sie ihre Fachausbildung zur Logistikerin absolvierte, durchlief sie das Offizieranwärterbataillon, die Offizierschule in Dresden mit Fremdsprachenausbildung, ein Bachelor- und abschließend ein Masterstudium. „Eine vergleichbar breite Ausbildung mit tollen Abschlüssen findet man nicht im Zivilen“, ist Hauptmann Schumacher überzeugt. Und schließlich unterrichtet sie selbst, gibt etwas zurück, wie sie sagt, als Ausbilderin der Offiziersanwärter. Sozusagen als Klassenlehrerin für junge Menschen, die sich bei der Bundeswehr versuchen wollen. „Ein Viertel von ihnen sind übrigens Frauen“, so Schumacher.
 
Wehrhafte Demokratie
 
In den Auslandseinsatz wurde Hauptmann Schumacher bisher noch nicht geschickt. Sie war, bevor sie nach Garlstedt kam, der VJTF, dem schnell verlegbaren Eingreifverband der NATO, verpflichtet, was für sie bedeutete, nicht „als Einzelabstellung in den Einsatz geschickt werden zu können“, wie sie erklärt. Aber in Norwegen war sie stationiert, 2018 während des Trident Juncture, dem multinationalen Großmanöver der NATO, das vom 25. Oktober bis zum 23. November abgehalten wurde. Die Zeit sei eine „tolle Erfahrung“ gewesen.
Im Gegensatz zu der Zeit, die nun mit Putins Angriff auf die Ukraine begonnen hat. Sie, aber auch ihre Kameraden, machten sich selbstverständlich Sorgen, „welche Auswirkungen der Krieg auf uns hat“. Zugleich würden nun aber auch einige Sorgen der Bundeswehr gehört, die sie immer wieder geäußert habe: dass es fraglich sei, ob sie materiell und personell überhaupt imstande wäre, Landes- und Bündnisverteidigung zu leisten. Die von Bundeskanzler Scholz angekündigten 100 Milliarden für die Streitkräfte seien zwar beruhigend, aber man müsse erst einmal abwarten, wie sie investiert werden. Aber der nun eingeschlagene Weg sei der richtige und den müsse auch die Gesellschaft verstehen: „Zu einer wehrhaften Demokratie gehören fähige Streitkräfte.“
 
Schon immer draußen gespielt
 
Als Hauptmann Schumacher ihren Weg zur Bundeswehr einschlug, seien Familie und Freundeskreis nicht wirklich verwundert gewesen. „Mein Umfeld hat mich da schon gesehen“, erzählt sie. „Ich kann mich gut durchsetzen, organisiere gern für andere, bin gerne draußen und gehe auch gern mal vorweg.“ Schon als Kind sei sie ähnlich gewesen. „Ich komme aus einem Dorf bei Schleswig Holstein und habe schon immer viel draußen gespielt.“ Drinnen mit Puppen zu spielen, „war nicht meins“, wie Hauptmann Schumacher mit einem Lachen erzählt.
Einzig ihre Mutter sei anfänglich etwas befremdet gewesen und habe sich gefragt, ob ihre Tochter zur Bundeswehr passt. „In der Bevölkerung war auch 2010 der Gedanke an Frauen in der Bundeswehr den meisten noch etwas fremd“, wie Schumacher die Reaktion ihrer Mutter deutet.
 
Keine systematische Benachteiligung
 In der Bundeswehr hingegen sei der Gedanke schon lange nicht mehr fremd. Zumindest fließe „weder aus ihren Strukturen noch aus ihrem System eine Ungleichbehandlung von Frauen“, so die Überzeugung von Hauptmann Schumacher. Hier Karriere zu machen, sei für Frauen nicht schwieriger als für Männer. „Aber ich bin ganz ehrlich: Es gab natürlich Situationen, in denen ein männlicher Vorgesetzter mal einen Mann bevorzugt behandelt hat.“ Auch habe Schumacher schon erlebt - wenn auch mit fortschreitender Karriere immer weniger -, dass ein männlicher Vorgesetzter ihr weniger zutraute als einem männlichen Kameraden. „Vorgesetzte sind nicht immer neutral. Ich auch nicht. Und manche sprechen Frauen andere Attribute als Männern zu.“ Menschen dächten oft in Schubladen, ist sich Schumacher sicher. Auch sie. Es sei aber wichtig, sie da auch wieder rauszuholen. Auch wenn es zwischen Männern und Frauen natürlich, hormonell bedingte Unterschiede gebe: „Verschiedene Charaktere von Soldaten sind Männer und Frauen deswegen nicht“. Vorprechende oder sich zurücknehmende Soldaten z. B. seien nicht nach Männern und Frauen aufgeteilt. Ebenso wenig gute Soldaten. Die lieferten beide Geschlechter.


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