Patrick Viol

Kommentar: Gerechte Fürsorge?

Am 29. Februar war der "Equal Care Day"; weltweit machten Initiativen auf die ungerechte Aufteilung von Fürsorgearbeit in der Gesellschaft aufmerksam. Eine radikale Arbeitszeitverkürzung könnte der Ungerechtigkeit Abhilfe schaffen.
Foto: Adobe Stock

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Am Grad der Freiheit der Frauen lässt sich der Fortschritt einer Gesellschaft begreifen. Blickt man darauf, wie die Fürsorgearbeit unter den Geschlechtern aufgeteilt ist, lässt sich nur eines feststellen: dass in unserer Gesellschaft keine reelle, sondern nur eine formale Gleichberechtigung durchgesetzt ist. Das bedeutet für die meisten Frauen eine ungeheure Mehrbelastung. Denn häufig müssen sie auch einem Beruf nachgehen, weil das Geld zu Hause nicht reicht. Aber dort müssen sie dann auch jede anfallende Aufgabe übernehmen. Weil man stillschweigend davon ausgeht, dass der Mann die wichtigere Arbeit macht und mehr Anspruch auf Ruhe habe.
Ein Tag wie der Equal Care Day ist daher mehr als wichtig. Weil er auf die bestehenden Ungerechtigkeiten im Verhältnis der Geschlechter aufmerksam macht.
Und weil er eine Debatte darüber lebendig hält, was man tun muss, um die Missstände zu beseitigen. Die bestehen nicht nur darin, dass mehrheitlich Frauen die Fürsorge für Kinder übernehmen und sich um den Haushalt kümmern, sondern ebenso darin, dass diese Arbeit gesellschaftlich gar nicht als Arbeit im eigentlichen Sinne anerkannt wird. Dafür gibt es viele Ausreden: Die Frauen täten das aus Liebe oder sie seien nun mal gefühlvoller und könnten sich besser um Menschen kümmern. Daran zeigt sich, dass Liebe oder Empathiefähigkeiten in dieser Welt die Masken sind, hinter denen sich die Ausbeutung von Frauen vollzieht.
Es stellt sich die Frage, warum die Haus- und Fürsorgearbeit von Frauen so gering geschätzt wird? Das liegt nicht zuletzt daran, dass in einer kapitalistischen Welt nur die Arbeit wirklich zählt, die Profite erwirtschaftet. Und es stimmt, im ökonomischen Sinne unmittelbar produktiv ist Hausarbeit nicht. Aber sie trägt dafür Sorge, dass andere - die Männer - ihre Mehrwert produzierende Lohnarbeit leisten können. Indem Frauen sich nach der Arbeit um ihre Männer kümmern, sich ihre Plagen über die Arbeit anhören und ihnen das Essen kochen.
Was kann man machen? Es reicht nicht, dass Männer sagen: „Ich helfe meiner Frau beim Haushalt.“ Denn das heißt immer noch: Der Haushalt ist Frauensache, bei der man ihr ein wenig zur Hand geht. Was wirklich helfen würde, wäre ein gemeinsamer Einsatz der Geschlechter für eine radikale Arbeitszeitverkürzung. So erst könnten Männer und Frauen den Haushalt und die Versorgung der Kinder gemeinsam organisieren und wirklich gerecht untereinander aufteilen.
Diese Neuorganisation der Arbeit befreite die Frauen wirklich aus der Unterdrückung durch Haushalt und Fürsorge.


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