Das Arbeitszwangslager Teufelsmoor
1934 richtete die Bremer Wohlfahrtsbehörde im Teufelsmoor ein Arbeitszwangslager für sogenannte „Gemeinschaftsfremde“ und „Asoziale“ ein. Für diese Gruppe würde gelten, dass sie bewusst oder unbewusst die Volksgemeinschaft ablehnten. Kennzeichnend für das Verhalten seien Arbeitsverweigerung, Unterhaltsentziehung, Hemmungslosigkeit, Trunksucht, Betteln, Hausieren und die Störung des Gemeinschaftslebens.
In das Lager wies die Wohlfahrtsbehörde säumige Unterhaltszahler, „Arbeitsscheue“ und „Trinker“ ein, die für die Turba Torfindustrie GmbH Bremen unter menschenunwürdigen Bedingungen Torf abbauen mussten. Eigentümer des Unternehmens war Anton Menke. Die Firma hatte u.a. Moorflächen des Kreistorfwerkes Osterholz GmbH gepachtet. Der größte Anteilseigner des Kreistorfwerkes war, neben einigen Landwirten, der Kreis Osterholz. Außerdem übernahm Anton Menke 1934/35 die Geschäftsanteile des Bremer Senats an der Gemeinnützigen Moor- und Siedlungsgesellschaft. Das Arbeitslager war ausschließlich für Männer bestimmt. Die dort internierten Häftlinge lebten anfangs in zwei Holzbaracken, in denen im 1. Weltkrieg russische Kriegsgefangene untergebracht waren. In den folgenden Jahren baute die Turba Torfindustrie mithilfe eines Darlehns der Bremer Wohlfahrtsbehörde das Lager aus.
Täglich elf Stunden Torf stechen
Bis 1941 kamen 280 Männer in das Lager. Neben den Bremer Behörden wiesen auch andere Städte und Gemeinden „Gemeinschaftsfremde“ ins Teufelsmoor ein. Die Verweildauer im Teufelsmoor bewegte sich meistens zwischen sechs und zwölf Monaten.
Täglich mussten die Lagerinsassen elf Stunden Torf stechen. Erfüllte ein Inhaftierter seine Pflichten nicht oder widersetzte sich Anweisungen, konnte seine Essensration bis auf Wasser und Brot gekürzt werden. Als weitere Strafmaßnahmen sah die Lagerordnung vor: Entzug des Bettlagers, einen Strafarrest von bis zu vier Wochen und das Verhängen der Prügelstrafe.
In der Lagerordnung war ausdrücklich festgehalten worden, dass die Insassen asoziale Elemente seien, die niemals zur Volksgemeinschaft gehören könnten. Aus diesen asozialen Elementen sei es schwierig, so Lagerführer Röhrs, eine disziplinierte Arbeitskolonne zu formen.
Vielen Eingewiesenen müsste erst einmal die böswillige Abneigung gegen körperliche Arbeit abgewöhnt werden. Dies sei insbesondere bei den eingewiesenen Trinkern der Fall. Ein vom Alkohol „entnervtes Exemplar“ hätte „den Herrgott angefleht“, ihn vom Übel der Arbeit zu erlösen. Weiter stellte Röhrs gegenüber dem Wohlfahrtsblatt der Freien Hansestadt Bremen fest:
„Andere, ähnlich geartete Insassen machen in seelischen Depressionen, Nervenschmerzen und sonstigen Dingen, um sich vor der Arbeit zu drücken ... bis unserem tüchtigen Lagerarzt der ... Geduldsfaden reißt, und er der ewigen Litanei körperlicher Defekte ein ... Ende bereitet. Glücklicherweise haben wir gelernt, solche Gestalten individuell zu behandeln und sie freundlich auf den Pfad der Tugend zurückzuführen. Dass hierzu die Methoden einer Sonntagsschule nicht geeignet sind, dürfte verständlich sein. ... Ebenso kann man jemanden nicht gut ins Gewissen reden, der keines mehr hat. ...“ (im Wohlfahrtsblatt d. Freien Hansestadt Bremen: Dez. 1938, Nr. 4)
Im Mai 1939 warb der Innensenator der Hansestadt Bremen in einem Schreiben an das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg gezielt um die Unterbringung von alkoholkranken Männern und richtete eine „Trinkerheilabteilung“ im Arbeitszwangslager Teufelsmoor ein. Für viele alkoholkranke Insassen ordnete das Erbgesundheitsgericht Verden auf Sitzungen, die in Osterholz-Scharmbeck stattfanden, die Unfruchtbarmachung an, da deren Trunksucht laut Auffassung des Gerichtes eine erbliche Veranlagung hätte. Für andere Häftlinge war die Unterbringung im Teufelsmoor nur eine Zwischenstation in ihrem Leidensweg ins Konzentrationslager.
Vom Teufelsmoor ins KZ
Der Bremer Paul Beewen kam 1936 für einige Monate ins Teufelsmoorlager. Anfang Januar 1938 verhaftete ihn die Gestapo und überstellte ihn ins KZ Sachsenhausen. Auf Antrag des Landgerichts Bremen wurde Beewen aus dem KZ Sachsenhausen drei Wochen später nach Bremen überführt. Spätestens ab Mai war er wieder im Konzentrationslager Sachsenhausen und kam von dort am 21. Mai 1944 ins KZ Buchenwald.
Der Bremer Heinrich Gross war von der Bremer Behörde für Wohlfahrt am 26. Januar 1939 für sechs Monate ins Arbeitszwangslager Teufelsmoor eingewiesen worden. Gross starb Ende 1941 im Konzentrationslager Natzweiler.
Der Arbeiter Wilhelm B. aus dem Ruhrgebiet der laut Aussagen der Essener Kriminalpolizeistelle mehrmals straffällig geworden war, arbeitsscheu und der Trunksucht verfallen sei, kam 1938 in die Arbeitsanstalt Brauweiler. Im Anschluss war er bis Dezember 1941 im Arbeitslager Teufelsmoor. Wilhelm B. wurde im März 1943 erneut festgenommen. Nach Bestätigung der Vorbeugehaft kam Wilhelm B. ins KZ Sachsenhausen und von dort ins Konzentrationslager Majdanek. Dort starb er am 24. März 1944.
Im Laufe des Krieges sank die Zahl der Zwangsarbeiter im Teufelsmoor. Anfang Dezember 1941 waren noch 34 Männer dort interniert. Davon waren nur vier durch die Bremer Stadtverwaltung eingewiesen worden, sodass Ende 1941 das Lager Teufelsmoor für „Gemeinschaftsfremde“ und „Asoziale“ geschlossen wurde. Bis 1945 setzte die Turba Torfindustrie dann im gesamten Teufelsmoor für die Torfförderung Kriegsgefangene ein.
Den vollständigen Vortrag können Interessierte am 9. Februar ab 19 Uhr in der Bundeszentrale für politische Bildung Bremen in der Birkenstraße 20-21 (Anmeldung erforderlich) oder im Livestream unter www.landeszentrale-bremen.de hören.