Großes Fest für den Moorkommissar
Iselersheim (eb). Am 22. Februar jährte sich der Geburtstag des im Elbe-Weser-Gebiet weithin bekannten Moorkommissars Jürgen Christian Findorff zum 300. Male. Sein runder Geburtstag wurde in Iselersheim, wo Findorff seine Grabstelle hat und wo der Heimatverein Iselersheim das Andenken an den Gründer der vielen durch ihre Reihenstruktur geprägten Moorsiedlungen pflegt, mit 350 Gästen groß gefeiert.
Das Fest begann mit einer Andacht in der 1958 erbauten und nach dem Moorkolonisator benannten Findorff-Kirche. Kirche und Gemeindesaal waren bis auf den letzten Platz besetzt, sehr zur Freude von Pastor Simon Laufer, der die Andacht mit Unterstützung der Kinder und Erzieher des örtlichen Kindergartens „Schmetterlingswiese“ gestaltete.
Pastor Laufer begrüßte die Anwesenden mit den Worten: „Wie schön, dass du geboren bist, sonst wären wir wohl hier und heute gar nicht versammelt, in dieser Kirche, die nach Dir benannt ist, in diesem Ort, den du 1780 gegründet hast“. Und es ist wirklich so. Ohne Findorff würde es die vielen Moorsiedlungen zwischen Bremervörde und Bremen, in einem Gebiet, welches heute allgemein als Teufelsmoor bezeichnet wird, wohl kaum geben.
In seiner Predigt sprach Pastor Laufer zunächst von Zeiten großer Unsicherheit, in denen wir heute leben. Zu den Sorgen und Gedanken unseres Lebens, des Alltags, kommen globale Ängste und Schreckensszenarien - medial ins Unendliche multipliziert. Da ist die Wahrnehmung, dass sich mit dem Klima und Epidemien wie das Corona-Virus.
„Wir reden von Unsicherheiten - aber was hätten unsere Vorfahren dazu sagen sollen? Die Pioniere, die mit Kind und Kegel losgezogen sind, dem Moor den Torf und diesem Land ein lebenswertes Dasein abzuringen“, erklärte Laufer seine Faszination für die Geschichte von Jürgen Christian Findorff und die Besiedlung des Moores. Eine große Rolle für Findorff und die Menschen, die den Aufbruch wagten, spielte der Glaube an Gott. Findorff war ein frommer Mann und baute Kirchen für seine Moorbauern. Er kümmerte sich fürsorglich um sie.
Ehrung am Grab
Im Anschluss an den Gottesdienst wurde am benachbarten Findorff-Grab eine bepflanzte Blumenschale abgestellt. Die hier vorgesehene Ansprache wurde wegen des heftigen Regens kurzerhand auf den Saal der benachbarten Gaststätte Pülsch verlegt.
Die Gaststätte Pülsch, immerhin seit Gründung des Ortes 1780 durchgängig in Familienbesitz, war schon vor 100 Jahren, zum 200. Geburtstag Findorffs, der Ort einer großen Festveranstaltung.
Hermann Röttjer, Ortsbürgermeister von Iselersheim und langjähriger Vorsitzender des Heimatvereins, übernahm die Begrüßung der großen Gästeschar, darunter auch viel Prominenz mit Bürgermeistern, Landrat, Bundestags- und Landtagsabgeordneten sowie Abordnungen von Vereinen aus der gesamten Findorff-Region.
Hermann Röttjer war es auch, der bereits 2017 alle Gemeinden, Landkreise, Kirchengemeinden und Heimatvereine zwischen Bremervörde und Bremen auf das bevorstehende Jubiläum hinwies und zur Beteiligung am Findorff-Jahr 2020 aufrief.
Stein ins Rollen gebracht
Und es folgten viele seinem Aufruf. Ein großer Arbeitskreis bildete sich und das Veranstaltungsprogramm nahm mehr und mehr Gestalt an. Präsentiert werden konnte an diesem Tage ein 44-seitiger Veranstaltungskalender mit 60 Veranstaltungen und Aktion in der gesamten Findorff-Region, dazu gehören Vorträge und Filmvorführungen, aber auch die Torfkahnarmada, das Oste-Hamme-Kanal-Fest und vieles mehr.
Festprogramm
Das Festprogramm im Saal der Gaststätte Pülsch wurde durch die fünf sogenannten Norddörfer von Bremervörde gestaltet. Dazu gehören neben Iselersheim die Dörfer Mehedorf, Ostendorf, Hönau-Lindorf und Nieder Ochtenhausen. Neben Gesangs- und Tanzgruppen fanden besonders die Kinder große Beachtung. Jennifer Quell aus Ostendorf hatte Kinder aus Ostendorf, Iselersheim und weiteren Orten gewinnen können, die gekleidet in Bauernzeug und alten Trachten auf Hoch- und Plattdeutsch Spielszenen mit geschichtlichem Bezug in die Findorff-Zeit vortrugen. Die Texte stammten aus der Feder von Hans-Hinrich Kahrs aus Alfstedt, der sich vielfältig für den Erhalt der plattdeutschen Sprache einsetzt.
Festvortrag
Der Festvortrag wurde von Dr. Karsten Müller-Scheeßel gehalten. Müller-Scheeßel ist der Fachmann für die Findorff-Geschichte, hat er doch einmal seine Doktorarbeit über ihn geschrieben. Seine zuvor zu verschiedenen Anlässen auch in Iselersheim gehaltenen Vorträge begeistern, denn er gestaltet sie geschickt immer anders. Diesmal wählte er die Form einer persönlichen Ansprache für das Geburtstagskind Findorff. Die 1975 erstmals veröffentlichte Doktorarbeit ist längst vergriffen, gilt aber als das Standartwerk. So ist die Freude groß, dass jetzt zum Jubiläum ein mit vielen Aufnahmen bebilderte Neuauflage präsentiert werden kann.
Plattdeutsche Findorff-
Geschichte
Anni Haack aus Iselersheim trug das vor vielen Jahren von Marga Stelling verfasste plattdeutsche Findorff-Gedicht vor. Ein besonderer Leckerbissen für alle Plattschnacker war der gelungene Vortrag von Thomas Stelljes. Er ist Schulleiter in Heide in Schleswig-Holstein und stammt hier aus der Gegend, nämlich aus Mehedorf, wo Moorkommissar Findorff eine Mooranbaustelle besaß. Thomas Stelljes hat mit seinen Stücken bereits Preise gewonnen. Er trat als Futtermittelvertreter auf, der mit seinem Auto zu den Bauern über Land fährt und dabei doch tatsächlich auf Findorff trifft. Es entwickelt sich ein amüsantes Gespräch zwischen Findorff und ihm und auch zwischen den besuchten Bauern, wobei Findorff Unverständnis zeigt für die heutige Wirtschaftsweise der Bauern, die doch so gar nicht zu den von ihm entwickelten Grundsätzen mehr passt. Thomas Stelljes erhielt für diesen genialen Vortrag lang anhaltenden Applaus.