50 Jahre Berufsbildungsgesetz Ein Gesetz von entscheidender Bedeutung
Es ist kein Zufall, dass das Gesetz Ende der 60er Jahre, dem Jahrzehnt anhaltender politischer und gesellschaftlicher Auseinandersetzungen, verabschiedet wurde. Mit dem Gesetz wurde verhindert, dass Lehrlinge, vornehmlich Männer, nicht mehr bloß als billige Arbeitskräfte „gehalten“ wurden. Mit dem Gesetz wurde Lehrlingen das Recht zuerkannt, eine berufliche Anleitung und Ausbildung zu erhalten.
Ebenso wurde die Beziehung zu den Vorgesetzten im Betrieb, aber auch in der Berufsschule verrechtlicht. Vor dem Berufsbildungsgesetz waren Lehrling maßgeblich der persönlichen Willkür ihrer Ausbilder und Berufsschullehrer ausgesetzt. Einen Anspruch auf eine Interessensvertretung hatten sie nicht. Noch in dem Jahr 1962/63 wurde ein Berufsschullehrer von der Anklage einer Körperverletzung an seinem Lehrling freigesprochen. Das zuständige Amt sprach dem Angeklagten ein „Züchtigungsrecht“ zu.
Das Gesetz geht auf gewerkschaftliches Engagement zurück. Die ersten Forderungen, dass die Berufsausbildung staatlich geregelt wird, kamen bereits in der Weimarer Republik auf. Die Berufsausbildung sollte aus der alleinigen Obhut der Wirtschaft „befreit“ werden. Der Widerstand der privat organisierten Unternehmen war groß.
Erst aber in der Nachkriegszeit konnte eine gesetzliche Regelung durchgesetzt werden. Aber auch diese Durchsetzung war begleitet von lang anhaltenden Kämpfen. Nachdem der DBG am 6. Januar 1959 einen Entwurf für ein Berufsbildungsgesetz vorlegte, sollte es noch zehn weitere Jahre zu seiner Verabschiedung dauern.
Die herausragende Bedeutung des Berufsbildungsgesetzes, das 1969 noch vor dem Zustandekommen der Großen Koalition verabschiedet wurde, liegt darin, dass bundesweit einheitliche Regelungen in allen Branchen, in denen betrieblich ausgebildet wird, getroffen wurden. Es wurden Rechte und Pflichten der Auszubildenden wie der Ausbildenden definiert. Jeder Ausbildungsvertrag musste von nun an verbindliche Mindestangaben enthalten, wie z. B. Beginn und Dauer der Ausbildung, tägliche Arbeitszeit, Probe- und Urlaubszeiten sowie Angaben über die Höhe der Vergütung. Durch eine planmäßige Festschreibung der Inhalte der Ausbildung wurden Lehrlinge vor ausbildungsfremden Tätigkeiten geschützt. Das von den Gewerkschaften geforderte Stufungskonzept, das die berufliche Spezialisierung auf eine spätere Ausbildungsphase verschiebt, wurde in das Gesetz aufgenommen. Grundsätzlich bekamen die Gewerkschaften ein Mitspracherecht in den Fragen der Berufsausbildung. So wurden durch das Gesetz die Rechte der Arbeitnehmer bzw. der Lehrlinge gestärkt.
Darüber hinaus ging aus dem Gesetz eine eigenständige Institution hervor, das Bundesinstitut für Berufsbildung, wodurch letztlich die Verantwortung für die Berufsbildung aus dem privaten Sektor in die öffentliche Hand übergeben wurde.
Mit den arbeitsweltlichen Entwicklungen der letzten Jahre und der Veränderungen der Arbeitsformen stellte sich die Frage, ob das Gesetz noch aktuell sei bzw. ob es reformiert werden müsse. Zum 1. April 2005 trat schließlich das Berufsbildungsreformgesetz in Kraft. Die Grundausrichtung des Gesetzes blieb unangetastet, wurde aber den Flexibilisierungsprozessen in der Arbeitswelt entsprechend angepasst. So wurden die Teilzeitberufsausbildung, die Ausbildung im Ausland und der Erwerb von Zusatzqualifikationen gesetzlich geregelt.