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Lena Stehr

Beleidigt und bedroht

Landkreis. „Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch“ heißt eine Kampagne, die der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) jetzt gestartet hat, um auf die offenbar zunehmende Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Bereich aufmerksam zu machen. Betroffene Kassierer*innen, Rathausmitarbeiter*innen oder Feuerwehrleute finden sich auch in unserer Region.

Landkreis. „Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch“ heißt eine Kampagne, die der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) jetzt gestartet hat, um auf die offenbar zunehmende Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Bereich aufmerksam zu machen. Betroffene Kassierer*innen, Rathausmitarbeiter*innen oder Feuerwehrleute finden sich auch in unserer Region.
Eine Umfrage des DGB hat ergeben, dass 67 Prozent der Befragten in den vergangenen Monaten Opfer von Beleidigungen oder Bedrohungen geworden sind. In der Folge der verbalen oder teilweise sogar körperlichen Attacken schlafe mehr als die Hälfte der Betroffenen schlechter. Und rund ein Drittel konnte nicht mehr zur Arbeit gehen und wurde krankgeschrieben.
„Dünnhäutiger geworden“
Den Eindruck, dass die Menschen insgesamt dünnhäutiger geworden sind, hat auch Andrea Stein, Sprecherin der Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser GmbH (evb). Verbale oder körperliche Attacken auf die Zugbegleiter*innen und Busfahrer*innen seien aber zum Glück die absolute Ausnahme.
„Im ländlichen Raum ist die Situation in den öffentlichen Verkehrsmitteln offenbar doch entspannter als in den großen Städten“, so Andrea Stein. So sei es zum Beispiel seit Einführung der umstrittenen Maskenpflicht erst ein Mal vorgekommen, dass im Falle eines Maskenverweigerers die Polizei gerufen werden musste.
Pöbeleien im Supermarkt
Andere Erfahrungen hat dagegen der Marktleiter eines Supermarktes* aus Bremervörde gemacht, der namentlich nicht genannt werden möchte. Er berichtet von Pöbeleien und Beleidigungen, die seine Angestellten ertragen mussten, weil sie Kund*innen auf die Maskenpflicht aufmerksam gemacht hatten. Inzwischen sei man dazu übergegangen, die Verweigerer nicht mehr anzusprechen, um aggressivem Verhalten vorzubeugen. Es sei nicht Aufgabe des Marktpersonals, die Einhaltung der Maskenpflicht umzusetzen.
Drohgebärden im Rathaus
Lisanne Matthiesen von der Stadt Osterholz-Scharmbeck berichtet ebenfalls von Mitarbeiter*innen, die bereits Erfahrungen mit verbalen Übergriffen und Anfeindungen gemacht haben, wenngleich dies nicht sehr oft vorkomme.
Betroffen seien insbesondere Ämter mit viel Bürgerkontakt, wie zum Beispiel der Fachbereich Soziales oder auch das Ordnungswesen. So sei es unter anderem schon vorgekommen, dass Beschäftigte des Standesamtes von Bürger*innen beim Verlassen des Büros mit Drohgebärden beleidigt wurden, weil ein bestimmtes Dokument nicht anerkannt worden sei.
Mindestens vier Fälle, bei denen Mitarbeiter*innen des Ordnungsamtes im Außendienst bedroht oder beleidigt worden seien, landeten vor Gericht.
Respektlosigkeit gegenüber Rettungskräften
Von einem ganz anderen Problem berichtet Osterholz-Scharmbecks Stadtbrandmeister Jörg Bernsdorf. Verbale Attacken auf Feuerwehrleute gebe es zwar nach seinem Kenntnisstand kaum, dafür würden die ehrenamtlichen Retter immer häufiger bei ihrer Arbeit gefährdet.
Insbesondere bei der Sicherung von Autounfällen oder bei der Beseitigung von Ölspuren auf Straßen komme es zu Situationen, in denen die Feuerwehrleute von ungeduldigen und wild gestikulierenden Autofahrern fast umgefahren würden.
„Es kann nicht sein, dass unsere Helfer in Gefahr geraten, während sie gerade damit beschäftigt sind, die Straße wieder sicher für alle Verkehrsteilnehmer*innen zu machen“, sagt Jörg Bernsdorf. Diese zunehmende Respektlosigkeit gegenüber Rettungskräften sei erschreckend.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert nun eine umfangreichere Erfassung von Verbalattacken auf Beschäftigte und dass die Vorgesetzten in Unternehmen Gewalt gegen ihre Mitarbeiter*innen stärker zum Thema machen.
*Name der Redaktion bekannt
Foto: AdobeStock/poosan


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