Seitenlogo
Patrick Viol

Lockerungen schlecht umgesetzt: Pflegeheime brauchen klare Vorgaben und Unterstützung

Landkreis (pvio). Der Seniorenbeirat Osterholz-Scharmbeck kritisiert die Umsetzung der Lockerungen der Besuchs- und Bewegungseinschränkungen von Alten- und Pflegeheimbewohner*innen als mangelhaft.
In Deutschland ist es das Bild der Corona-Pandemie: Eine einsame Seniorin hinter einer Scheibe, abgeschnitten vom einfühlsamen Kontakt zu ihren Angehörigen.  Foto: adobestock/bilderstoeckchen

In Deutschland ist es das Bild der Corona-Pandemie: Eine einsame Seniorin hinter einer Scheibe, abgeschnitten vom einfühlsamen Kontakt zu ihren Angehörigen. Foto: adobestock/bilderstoeckchen

„Die Landesregierung und der Landkreis lassen die Alten- und Pflegeheimbewohner und Betreiber im Stich“, so die Einschätzung der aktuellen Situation der hiesigen Alten- und Pflegeheime durch den Seniorenbeirat Osterholz-Scharmbeck. Mit seiner Kritik zielt der Beirat auf die Umsetzung der Lockerungen der Besuchsbeschränkungen ab.
Laut der niedersächsischen Corona-Verordnung ist es älteren und pflegebedürftigen Menschen in Alten- und Pflegeheimen seit dem 8. Juni wieder möglich, sofern es kein Infektionsgeschehen in der Einrichtung gibt, Besuch von Angehörigen zu empfangen. Ebenso sollen die Einrichtungen es den mobilen Senior*innen ermöglichen, dass sie ihre Heime für einen Spaziergang im Park oder einen Einkauf verlassen können. Besuche und Spaziergänge erfordern aber ein umfassendes Hygienekonzept.
 
Keine Verbesserung der Lage
 
Die Lockerungen seien in „Niedersachsen unzureichend umgesetzt“, wie der Beirat schreibt, weil in den Einrichtungen ein mangelhaftes Hygienekonzept vorliege. Es ermögliche zwar Besuche, wie der Vorsitzende des Beirats, Manfred Weidenbach, mitteilt, aber weiterhin sehr eingeschränkt. „Manche empfangen nur einmal die Woche Besuch für eine halbe Stunde, hinter einer Plexiglasscheibe.“ In Niedersachsen liegt die Besuchszeit ganz im Ermessen der Einrichtungen, weshalb sie überall unterschiedlich ausfielen.
Durch seltene und kurze Besuche würde sich das Wohlbefinden und die gesundheitliche Situation der Plegeheimbewohner*innen nicht wirklich verbessern. Wie die Deutsche Alzheimer Gesellschaft feststellt, sei diese Situation des körperlichen Kontaktverbots besonders leidvoll für Demenzkranke, weil sie die Situation nicht verstünden, wodurch es nicht selten zu einer gesteigerten Unruhe und Aggressivität komme.
 
Verunsicherte Einrichtungen - isolierte Bewohner*innen
 
Angehörige von Heimbewohner*innen sollen Weidenbach zudem erzählt haben, dass in manchen Einrichtungen Spaziergänge im Freien auch nach dem 8. Juni nicht möglich gewesen seien. Weil das Hygienekonzept noch nicht durch das Gesundheitsamt genehmigt worden sei, wie es den Angehörigen gegenüber geheißen haben soll. „Dabei muss ein Hygienekonzept dem Gesundheitsamt nicht vor ab zur Genehmigung vorgelegt werden, es muss nur eins vorliegen, wenn das Gesundheitsamt eines verlangt“, so Weidenbach.
Hieran erkenne man nicht zuletzt, wie verunsichert die Einrichtungen seien, so Weidenbach. Die Verunsicherung könne er auch gut verstehen. Wenn es zu einem neuen Infektionsgeschehen kommt, will man nicht „an den Pranger gestellt werden.“ Aber die Unsicherheit der Einrichtungen geht zulasten ihrer Bewohner*innen.
Dementsprechend kritisiert der Seniorenbeirat, ebenso wie die BAGSO, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen, dass die Entscheidung, ob und inwiefern Heimbewohner*innen Besuche empfangen oder die Einrichtung verlassen dürfen, von der Landesregierung auf die Einrichtungen abgewälzt wird. Dabei handele es sich immerhin um Grundrechtseinschränkungen, so die BAGSO. Darüber dürfe nur die Politik entscheiden. Folglich fordern der Beirat wie die BAGSO eine einheitliche Regelung unter Berücksichtigung des Infektionsgeschehen vor Ort. „Der Landkreis sollte gleiche Möglichkeiten für alle schaffen.“ Ein möglicher Ansatz wäre, anlassunabhängige Testungen massiv auszuweiten, so Weidenbach. So würde den Einwohner*innen und den Einrichtungen geholfen.
Von Kreisrätin Heike Schuhmacher heißt es, sie könne „verstehen, dass eine einheitliche Praxis aus Sicht der betroffenen Menschen im Landkreis wünschenswert wäre“, verweist aber darauf, dass sich das „aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten vor Ort nicht realisieren lässt.“


UNTERNEHMEN DER REGION