

Wallhöfen. Als Magrit Rauf am Altar der Kirche St. Jürgen steht, ist es mehr als ein feierlicher Moment. Es ist die sichtbare Vollendung eines langen, persönlichen Weges. Mit den Worten „Ja, ich bin bereit“ wird sie offiziell in das kirchliche Amt der Prädikantin eingeführt. Damit darf sie künftig im Kirchenkreis Osterholz-Scharmbeck Gottesdienste leiten, Predigten schreiben und halten – und auch das Abendmahl feiern.
Der Weg dorthin war alles andere als selbstverständlich. Bereits seit Jahren engagiert sich Magrit Rauf ehrenamtlich in der evangelischen Kirche, begonnen hatte alles mit der Kinderkirche in Wallhöfen. „Was steht eigentlich in der Bibel?“, fragte sie sich irgendwann – und meldete sich zum Lektorenkurs an. Sechs Wochenenden zwischen 2016 und 2018, viel Austausch, viel Gemeinschaft. Doch der Wunsch, sich theologisch weiterzubilden, ließ sie auch danach nicht los.
Urlaub für Seminare
Schließlich nahm Rauf die zweijährige Ausbildung zur Prädikantin auf – ein Kraftakt neben Beruf und Familie. Zwölf Wochenenden lang ging es nach Hildesheim. Freitags, samstags, sonntags – voller Stundenplan. Rauf nahm Urlaub, lernte Texte, schrieb Predigten. „Ich habe noch nie so viele Hausaufgaben gemacht“, sagt sie heute rückblickend – und lacht. Die Themen waren so anspruchsvoll wie vielseitig: biblische Exegese, Ethik, Homiletik, Abendmahlsverständnis. Besonders beeindruckt hat sie die Vielfalt im Kurs: Menschen verschiedensten Alters und Hintergrunds wuchsen zusammen und tauschten sich aus – im Seminarraum ebenso wie bei Konzertbesuchen oder Schreibübungen.
Unterstützt wurde Rauf auf diesem Weg von ihrer Mentorin, Pastorin Christa Siemers-Tietjen. Gemeinsam arbeiteten sie an Predigten, diskutierten Glaubensfragen und suchten Worte, „die tragen“. Rauf sagt: „Für eine Predigt brauche ich heute noch vier Wochen.“
Ein Dienst mit Verantwortung – und mit Herz
Die Rolle der Prädikantin unterscheidet sich deutlich von der der Lektorin. Während Lektorinnen vorbereitete Texte lesen, schreiben Prädikantinnen ihre Predigten selbst – sie interpretieren, gestalten, bringen ihre Persönlichkeit und ihr theologisches Verständnis ein. „Ich möchte mit meinen Worten Menschen erreichen“, sagt Rauf. Es ist ihr ein Anliegen, nicht nur Inhalte zu vermitteln, sondern auch Kraft, Hoffnung und Orientierung zu schenken.
Der Einführungsgottesdienst in Hambergen war getragen von Musik, Segen und Gemeinschaft. Die Superintendentin Jutta Rühlemann überreichte ihr die Urkunde, die Gemeinde spendete Beifall, Kolleginnen und Kollegen, Freunde und Familie feierten mit. Posaunenwart Florian Kubiczek hatte die Andacht musikalisch vorbereitet, begleitet von Magrit Rauf selbst – auch das war ein besonderes Zeichen des Miteinanders.
Ein neues Kapitel beginnt
Der Blick geht nach vorn: Am 15. Juni wird Magrit Rauf erstmals in Wallhöfen predigen, am 27. Juli in Hambergen. Sie weiß, dass ihr Ehrenamt Verantwortung mit sich bringt. Aber auch Freiheit und Vertrauen. Ihr Fazit nach dieser intensiven Zeit: „Das war kein einfacher Weg – aber es war mein Weg.“