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Corona-Pandemie prägt den Alltag in Pfelgeeinrichtungen

Landkreis Osterholz/Rotenburg (jm). Arbeiten mit Mundschutz, Besuchsverbot, seit dieser Woche außerdem ein kompletter Aufnahmestopp: Die Situation rund um das Coronavirus wirkt sich besonders stark auf den Alltag in Pflegeeinrichtungen aus. Mit kreativen Ideen und viel Einfühlsamkeit versuchen die Alten- und Pflegeheime in der Region, die Stimmung hochzuhalten.
Michael Dirschauer betreibt ein Alten- und Pflegeheim in Hülseberg. Foto: Archiv (jm)

Michael Dirschauer betreibt ein Alten- und Pflegeheim in Hülseberg. Foto: Archiv (jm)

Bild: Patrick Viol

Bereits seit dem 16. März dürfen einrichtungsfremde Personen die verschiedenen Pflegeeinrichtungen in Niedersachsen nicht mehr betreten. Am Montag hat das Landesministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung einen Aufnahmestopp für Alten- und Pflegeheime erlassen. Den Anlass dazu gab ein Fall einer Einrichtung in Wolfsburg, in der innerhalb kürzester Zeit mehr als ein Dutzend Bewohnerinnen und Bewohner an COVID-19 verstorben waren. Neue Bewohner*innen aufnehmen dürfen seitdem nur noch Einrichtungen, die zu Beginn eine zweiwöchige Quarantäne der Neuzugänge gewährleisten können.
 
Seit zwei Wochen geht nichts mehr
 
„Das kann ich natürlich nicht“, sagt Michael Dirschauer, der in Hülseberg ein Alten- und Pflegeheim betreibt. Seine Einrichtung sei mit 34 Zimmern eher klein und familiär. Bereits vor sechs Wochen habe er die Besuche eingeschränkt, berichtet Dirschauer. „Da gab es noch gar keine Fälle hier im Norden, aber ich habe die Gefahr schon gesehen.“ Den einen oder anderen Handwerker habe er noch reingelassen - auch Verwandte, die draußen vor dem Fenster mit gebührendem Abstand ihre Angehörigen besucht haben, wurden toleriert. Seit zwei Wochen geht gar nichts mehr, auch von offizieller Seite. Das betrifft nicht nur das Haus an sich, sondern das gesamte Grundstück der Einrichtung.
Ähnlich sieht es beim Charleston Seniorendomizil Haus am Park aus. Die Einrichtung in Bremervörde hat 69 Bewohner*innen und rund 60 Mitarbeiter*innen. Die schlechte Nachricht des Besuchsverbots wurde dort in Einzelgesprächen überbracht, erzählt Leiterin Monika Wegner. „Wir hatten gerade eine Tulpenspende von Aldi - das war ein glücklicher Zufall. Wir haben uns aufgeteilt, jedem Bewohner einen Tulpenstrauß gemacht und sind dann auf die Zimmer gegangen, um zu erklären, was wir jetzt tun müssen.“ Die Angehörigen habe man telefonisch benachrichtigt. „Wir haben sehr aktive Angehörige. Ich glaube, es war gut, dass wir alle informiert haben“, sagt Wegner.
 
Bislang keine Fälle in der Belegschaft
 
Um die Bewohner*innen so wenig wie möglich zu gefährden, werden auch Betriebsabläufe angepasst. „Das Risiko, das von den Mitarbeitern ausgeht, ist natürlich sehr hoch. Denn die haben ja auch alle ein häusliches Umfeld“, ist sich Michael Dirschauer bewusst. Bei der Personaleinteilung achte er darauf, dass nicht zu viel Austausch stattfinde, außerdem werde natürlich mit Mundschutz gearbeitet. „Wenn wir nah ran müssen - so wie die Pflegekräfte - benutzen wir einen Mundschutz“, bestätigt auch Monika Wegner. Mitarbeiter*innen sind in beiden Einrichtungen bislang nicht vom Coronavirus betroffen. „Wir haben ja auch die Grippewelle im Moment, da hat man immer Krankheitsfälle. Aber wir bekommen unseren Dienstplan noch gut hin“, sagt Wegner. „Wir hatten zwei Mitarbeiter mit Erkältungssymptomen, die negativ auf das Coronavirus getestet wurden und mittlerweile wieder da sind“, berichtet sie weiter.
 
Noch ist genug Schutzausrüstung da
 
Schutzausrüstung sei zurzeit noch genügend vorhanden. „Unsere Zentrale hat sehr schnell gehandelt und früh eine Bestellung für alle Charleston-Einrichtungen in Deutschland gemacht“, berichtet Wegner. Mittlerweile seien die Wartezeiten deutlich länger.
Michael Dirschauer hat sich ebenfalls frühzeitig eingedeckt. Als aktiver Feuerwehrmann habe er mitbekommen, wie Kameraden aus Bayern bereits zu Beginn der Pandemie Schutzausrüstung aus anderen Bundesländern bestellen mussten. „Ich war früh dran und habe Mundschutzmasken, Handschuhe und Desinfektionsmittel noch gut bekommen“, sagt er. „Jetzt bekomme ich aber nichts mehr nach.“ Zudem hätten sich die Preise etwa für Handschuhe mehr als verdreifacht. „Es ist schon schade, dass diese Utensilien, die wir in der Pflege brauchen, von der Bevölkerung aufgekauft werden“, gibt Dirschauer zu bedenken. „Ich möchte nicht wissen, wie viele Atemschutzmasken in Privathaushalten liegen.“
 
Stimmung hochhalten
 
Trotz der schwierigen Lage versuchen die Pflegeheime, die Stimmung hochzuhalten. „Die Bewohner sind schon traurig, dass sie keine Besucher empfangen dürfen, aber generell ist die Stimmung gut. Wir machen in unserer kleinen Blase hier erst mal weiter wie gehabt und versuchen, jeden Tag abwechslungsreich zu gestalten“, sagt Michael Dirschauer. Im Haus am Park in Bremervörde hatte die Leiterin der sozialen Dienste, Diana Hödl-Gausmann, eine Idee, die auf großen Zuspruch gestoßen ist. „Sie hat Kinder, die in dieser Zeit auch zu Hause sind, zu einer Mal- und Bastelaktion aufgerufen. Seitdem bekommen wir jeden Tag Bilder und Bastelwerke, auch Briefe“, freut sich Monika Wegner. „Sie sorgen für nette Gespräche und sind letztendlich ein Zeichen der Verbundenheit in dieser außergewöhnlichen Situation.“
 
Finanzielle Folgen sind nicht abzusehen
 
Sorgen bereiten den Betreiber*innen unterdessen der Aufnahmestopp und seine finanziellen Folgen, die bisher noch nicht abzusehen sind. Mit Einbußen sei zu rechnen: „Das ergibt sich ja automatisch, wenn wir Pflegeplätze nicht nachbelegen können“, sagt Wegner. Michael Dirschauer hatte eigentlich geplant, die Plätze in seiner Einrichtung aufzustocken. Das Vorhaben liegt vorerst auf Eis: „Ich muss erst mal sehen, dass ich am Markt bleibe.“


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