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Beteiligung statt Wahlprogramm: Linke wollen Positionen gemeinsam mit Bürger:innen erarbeiten

Osterholz-Scharmbeck (jm). Statt ein starres Wahlprogramm vorzulegen, setzt der Kreisverband der Linken bei der Kommunalwahl auf Beteiligung - vor allem der jüngeren Generation.

„Macht was!“ steht auf einem der Wahlplakate der Linkspartei. Diese Aufforderung richten die Genoss:innen sowohl an sich selbst, als auch an die Bürger:innen der Stadt. Mit einer starken Stadtratsfraktion („Unser Ziel ist ein zweistelliges Ergebnis“) wollen sie die Menschen dabei unterstützen, ihre Anliegen in die Ausschüsse und Räte zu tragen.
„Wir haben nicht die Vorstellung: Wir sind eine Partei und wir wissen wo es langgeht“, sagt Utz Weißenfels, der im Wahlbereich 2 auf dem zweiten Listenplatz der Linken steht. Nach der Stadtratswahl steht deshalb ein Termin mit allen interessierten Bürger:innen an. Gemeinsam mit ihnen möchte die Fraktion die Weichen für die Legislaturperiode stellen und Schwerpunkte für ihre Arbeit in den Gremien festlegen.
Die Kommunalpolitik müsse sich mehr auf ihre dienende Funktion besinnen und zuhören, findet Herbert Behrens. Gänzlich von der Linie der Partei abweichen werde man aber natürlich nicht: „Wenn jetzt jemand vorschlägt, den Verkehr in der Bahnhofstraße zu verdoppeln und schneller zu machen, sind wir dafür natürlich nicht zu haben.“
 
„Den Frust aus der Politik holen“
 
Wofür die Partei grundsätzlich steht, lässt sich dem Wahlkampfflyer, mit dem sich auch die Kandidat:innen vorstellen, entnehmen. Mehr Geld für Bildung, bezahlbarer Wohnraum, Ausbau des ÖPNV, konsequenter Klimaschutz und mehr Kultur- und Freizeitangebote für Jugendliche - Punkte, die der Kreisverband unter anderem einer groß angelegten Umfrage in Osterholz-Scharmbeck entnommen hat (wir berichteten). Wo die Mittel fehlten, müsse man als Kommune Forderungen an Bund und Länder formulieren, anstatt zu resignieren. „Einfach zu sagen: ‚Das geht halt nicht‘ ist keine politische Haltung und kein politisches Denken“, meint Utz Weißenfels.
Einige Ideen ließen sich jedoch auch ganz ohne Finanzspritzen von weiter oben umsetzen. Offene Diskussionen mit Bürger:innen im Rahmen von Rats- und Ausschusssitzungen etwa. „Ein regelmäßiger Austausch ist unerlässlich, um den Frust aus der Politik rauszuholen“, sagt Herbert Behrens. Ihm und seinen Fraktionskolleg:innen schwebt vor, bestimmte Punkte der Tagesordnung für Redebeiträge aus dem Publikum zu öffnen, statt nur vorab - und ausschließlich mit der Verwaltung - eine Einwohnerfragestunde durchzuführen. „Das ist möglich“, sagt Behrens, „wir können uns eine Satzung geben, in der das drinsteht.“
 
„Jugendliche sind nicht weniger interessiert“
 
Maßnahmen dieser Art könnten auch helfen, die Außenwahrnehmung des Stadtrats zu verbessern, meint Jerik Dikkerboom. Der 18-Jährige ist der parteilose Spitzenkandidat auf der Liste der Linkspartei für den Wahlbereich 1. Politisch engagiert hat er sich bisher außerhalb der Parlamente - bei Fridays For Future in der Kreisstadt. Mit den Akteuren und Institutionen der Kommunalpolitik kam er erstmals als Schülersprecher der IGS in Berührung, als es um den Neubau der Schule ging. Eine frustrierende Erfahrung, wie Dikkerboom berichtet: „Wir wurden in der Debatte nicht ernst genommen und verhöhnt. Damit frustriert man Jugendliche und treibt sie weg von der Politik.“ Der Politikbetrieb habe auf ihn gewirkt, „als würde jeder da sein eigenes Süppchen kochen und kaum noch im Austausch mit den Menschen sein.“
Diesem Bild von Politik möchte die Linke entgegentreten und besonders jungen, engagierten Menschen eine Gelegenheit geben, ihre Perspektive einzubringen. „Jugendliche interessieren sich nicht weniger für ihre Umgebung und Politik, als Erwachsene“, ist Dikkerboom sich sicher. „Ein Drittel der Mitglieder unseres Kreisverbandes ist unter 30“, sagt Herbert Behrens. Ohne diese jungen Mitglieder, die im Freundeskreis, Verein, in der Schule oder in politischen Gruppen wie Fridays For Future ständig im Austausch mit Gleichaltrigen sind, sei so ein Vorhaben unmöglich. „Als Schülersprecher hat Jerik jeden Tag Kontakte zu vielen Menschen, die wir sonst gar nicht erreichen“, erklärt Utz Weißenfels. Ein solches Netzwerk ließe sich durch Institutionen, „die nicht von den Jugendlichen kommen“, nicht ersetzen, sind sich junge und alte Kandidat:innen der Linken einig.


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