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Alte Meister

Thomas Bernhards letzter großer Prosatext kommt in der Inszenierung von Dušan David Parízek für das Volkstheater Wien auf die Bühne – zu erleben am Donnerstag, 22. Mai im Stadeum.

Parízeks Inszenierung von Bernhards „Alte Meister“ dekonstruiert das Kunstideal.

Parízeks Inszenierung von Bernhards „Alte Meister“ dekonstruiert das Kunstideal.

Bild: L. Horky

Stade. Erst wenn wir immer wieder darauf gekommen sind, dass es das Ganze und das Vollkommene nicht gibt, haben wir die Möglichkeit des Weiterlebens. Wir halten das Ganze und das Vollkommene nicht aus.“ Mit diesem Grundsatz blickt der Musikkritiker Reger in Thomas Bernhards Prosatext „Alte Meister“ auf die Kunst der Vergangenheit – lange genug, bis er in den angeblich vollendeten Werken einen Fehler entdeckt hat. So auch im Fall von Tintorettos Porträt eines weißbärtigen Mannes, das Reger seit über dreißig Jahren in der Wiener Gemäldegalerie betrachtet. Die einen sagen, aus beruflichen Gründen – Reger schreibt für die Times –, die anderen meinen, wegen der Raumtemperatur. Oder wegen der Bank vor dem Gemälde, auf der einst seine spätere Ehefrau saß.

An seiner Seite: Jenö Irrsigler, der Museumswärter, der Reger den Platz frei hält und Besuchergruppen vom Denken fernhält. Gemeinsam bilden sie ein eigentümliches Duo in einem ebenso eigentümlichen Setting. Denn Reger, dieser grantelnde Kunst- und Musikkritiker, betreibt eine Form von Lebensbewältigung durch permanente Kritik, durch sprachgewaltige Zerlegung des Erhabenen – eine „Geistesgewohnheit“, wie er es nennt.

Thomas Bernhard, berühmt für seine Tiraden gegen Städte, Systeme und Menschen, nennt „Alte Meister“ eine Komödie. Doch wer Bernhard kennt, weiß: Das Lachen bleibt im Hals stecken. „Es ist alles lächerlich, wenn man an den Tod denkt“ – das ist der Grundton. Parízeks Lesart verbindet Bernhards Text mit Elementen des absurden Theaters: Wie Wladimir und Estragon in Becketts „Warten auf Godot“ bewegen sich Lukas Holzhausen als Reger und Rainer Galke als Irrsigler in einem endlosen Sprachspiel, das zugleich Analyse, Anklage und Abgesang ist. Galke wurde für seine Darstellung bereits 2016 mit dem Nestroy-Preis als Bester Schauspieler ausgezeichnet.

Ein zugleich philosophischer und beklemmender Theaterabend mit zwei furiosen Darstellern – und einem Text, der auch Jahrzehnte nach seiner Veröffentlichung nichts von seiner Wucht verloren hat. Um 19 Uhr beginnt die Einführung zur Aufführung, die in Kooperation mit „Weiterspielen-Productions“ gezeigt wird.

Karten kosten zwischen 19 und 39 Euro und sind erhältlich unter 04141 4091-40 sowie online unter www.stadeum.de.


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