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Jule Burfeind

Stolpersteine für ein Liebespaar

Bremervörde/Iselersheim. Zur Verlegung der Stolpersteine am Findorff-Haus kamen neben Ideengeber und Künstler Gunter Demnig auch die polnische Konsulin Malgorzata Kacprzyk und viele Angehörige.

Um an die Schicksale der Menschen zu erinnern, die zur NS-Zeit verfolgt oder ermordet wurden, sind in vielen Städten Europas Stolpersteine zu finden. Am vergangenen Samstag wurden nun auch erstmalig derartige Gedenktafeln in Bremervörde verlegt. Der Heimatverein Iselersheim erinnert damit an Annemarie Gerken, die aufgrund ihrer damals verbotenen Beziehung zum polnischen Kriegsgefangenen Stefan Szablewski im März 1943 im Konzentrationslager Ausschwitz starb. Zugleich wird an Stefan Szablewski erinnert, der im Juli 1941 von der Gestapo erhängt wurde.
 
Zeichen für Demokratie und Menschlichkeit
 
Zur Eröffnung der Veranstaltung hielt Hermann Röttjer, Vorsitzender des Heimatvereins und Ortsbürgermeister von Iselersheim, eine Begrüßungsrede. In dieser betonte er, dass die Setzung der Stolpersteine ein Zeichen für Demokratie und Menschlichkeit sei. Außerdem bedankte er sich herzlich bei der Vielzahl an Ehrengästen, die zum Teil sehr weite Wege auf sich genommen hatten, um die Veranstaltung mitzuerleben.
Die Verlegung der vergoldeten Messingplatten, in denen die Namen des Paares als Inschrift eingraviert sind, übernahm der Künstler Gunter Demnig persönlich. Von ihm stammt die Idee des Projekts. Seit 1992 sind bereits über 70.000 Stolpersteine in Europa gesetzt worden.
Die polnische Konsulin Malgorzata Kacprzyk schilderte in ihrem Grußwort, wie wichtig gemeinsame Verständigung sei, „damit sich das Grausame nie wiederhole.“
 
Als Zwangsarbeiter auf den Bauernhof
 
Jan Dohrmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gedenkstätte Lager Sandbostel, hatte einige interessante Fakten zu der Situation der polnischen Kriegsgefangenen in der NS-Zeit zusammengestellt. Er erklärte, dass Stefan Szablewski auch zunächst polnischer Kriegsgefangener war und im Mai 1940 als ziviler Zwangsarbeiter auf den Bauernhof nach Badenhorst gebracht wurde, wo er dann Annemarie Gerken kennen und lieben lernte.
Dohrmann berichtete auch, dass Stefan Szablewski vor seiner Kriegsgefangenschaft bereits zwei Töchter in Polen hatte, von denen nur noch die Ältere lebt. Sie habe gar nicht gewusst, unter welchen Umständen ihr Vater gestorben sei. Er habe sie schließlich darüber aufgeklärt. „Stefans Tochter denkt an uns und ist im Geiste bei der Veranstaltung dabei“, so Jan Dohrmann.
Viele Mitglieder der Familie Gerken nahmen an der Veranstaltung teil. Eine besonders weite Anreise hatte Brian Gerken, der Enkel von Stefan und Annemarie. Brian Gerken ist in den USA bei seinem Vater Wilfried Gerken aufgewachsen, dem Sohn des Paares. Dieser wurde im Februar 1951 mit einem amerikanischen Kriegsschiff nach Amerika gebracht, wo er bei einem kinderlosen Onkel aufwuchs. Später gründete er dort eine Familie.
Unter anderem war Regina Bastein, die Großnichte von Annemarie, an der Organisation des Besuchs von Brian beteiligt. In ihrem Wortbeitrag betonte sie, dass Hass und Ausgrenzung keinen Platz in der Gesellschaft haben dürften, und freute sich, dass Annemarie und Stefan durch die Stolpersteine nicht vergessen werden.
 
Das Leben als wertvolles Geschenk
 
Zum Ende der Veranstaltung hielt Pastor Simon Laufer eine bewegende und beeindruckende Andacht. Die Erinnerung an die Unmenschlichkeit und Ungerechtigkeit, die dem jungen Paar widerfahren sei, müssten greifbar und fühlbar bleiben, so Laufer. Außerdem forderte er die Zuhörer:innen auf, das Leben als wertvolles Geschenk und nicht als Selbstverständlichkeit zu sehen. Zum Abschluss der Veranstaltung wurden weiße Rosen an die Angehörigen verteilt, die die Blumen um die beiden eingesetzten Stolpersteine legten.
Die Stolpersteine können nun auf dem Fußgängerweg neben dem Findorff-Haus in Iselersheim von jedem betrachtet werden, damit sowohl Annemarie Gerken als auch Stefan Szablewski unvergessen bleiben.


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