Ralf G. Poppe

Impulse geben und Ängste nehmen

Bremervörde.Kunsttherapeutin Anja Schlesselmann kümmet sich im „EIGENART kunstraum“ in der Bremer Straße 11 darum, dass Interessierte positive Impulse für das eigene Leben mitnehmen können.
Anja Schlesselmann möchte ohne Leistungsdruck zum Malen animieren.

Anja Schlesselmann möchte ohne Leistungsdruck zum Malen animieren.

Anja Schlesselmann wurde 1972 in Zeven geboren. Bis sie im Jahre 2005 ihr Studium als Kunsttherapeutin/-pädagogin in Ottersberg mit Diplom erfolgreich abgeschlossen hatte, durfte sie viele Erfahrungen sammeln.
Nach dem Abitur erlernte Schlesselmann zunächst Mediendesign, bis sie wenige Jahre später in Amsterdam - wo sie u.a. Schichtleiterin im Café „Het Blauwe Theehuis“ tätig war - auf den in den Niederlanden gängigen Beruf der Kreativ-Therapeutin stieß. Damit hatte sie für sich endlich ihre Aufgabe im sozialen Kontext gefunden, nach der sie so lange gesucht hatte.
 
Guter Draht zum Tandem-Verein
 
Mit der Bremervörder Begegnungsstätte Tandem e.V., zu dem auch der „EIGENART kunstraum“ gehört, verbindet Schlesselmann seit vielen Jahren ein guter Draht. Von 2004 bis 2007 leitete sie für den Verein bereits das offene Atelier, 2005 brachte sie dort zudem das meditative Malen mit ein. Ab 2007 arbeitete Schlesselmann in der Reha-Tagesstätte für Menschen mit erworbener Behinderung in der Diakonischen Behindertenhilfe in Lilienthal. Seit dem Sommer 2020 ist sie fest bei der GESO angestellt (Gesellschaft für soziale Dienste, Zeven). Für den Tandem e.V., der ebenfalls ein Teil der GESO ist, ist sie in der Ostestadt immer noch auf Honorarbasis tätig.
 
Die Impulsgeberin
 
Doch was möchte Anja Schlesselmann den Menschen hier in Bremervörde nun für ihr Leben mitgeben? „Ich sehe mich in erster Linie als Impulsgeberin und als Assistentin. In dieser Eigenschaft helfe ich, Ideen zur Orientierung anzubieten. Oder ich biete Techniken an. Die Personen, die zu uns in den EIGENART kunstraum kommen, entscheiden, ob sie sich darauf einlassen wollen“, erklärt sie.
Denn das freie Gestalten mit Farbe und Formen könne in der Kunsttherapie helfen, damit Menschen ihren jeweiligen individuellen Ausdruck finden. Auch für Inhalte, die (dann noch) nicht in Sprache gefasst werden könnten. Dabei darf es um ein genaueres Verständnis von Problemen und Belastungen gehen. Stärken der eigenen Fähigkeiten und Ressourcen, Neigungen oder Wünsche werden dabei oft erkannt bzw. erarbeitet.
 
Kunst als Ausdruck und Therapie
 
„Ein ressourcenorientierter, ganzheitlicher Ansatz ist mir in meiner Arbeit sehr wichtig“, fügt die Kunsttherapeutin hinzu. Kunst sei eine wesentliche Ausdrucksform für Gefühle und Gedanken, die die Menschen bewegen. In ihren jeweiligen Werken verarbeiten Malende oft ein Stück von sich selbst. Dabei entstehe der Ausdruck einer expressiven Schaffenskraft bzw. des Bedürfnisses, sich mitzuteilen. Andererseits könne Kunst für Menschen mit psychischen Krisen ein Weg zur Darstellung des verbal nicht vermittelbaren Erlebens führen. Kunst sei gleichermaßen Ausdruck und Therapie. Durch sie sei es möglich, dass Menschen wieder mehr Freude am Leben empfinden können, fügt Schlesselmann ihren Aussagen hinzu.
 
Ausprobieren und reifen
 
„Das Malen an sich ist der entscheidende Punkt“, führt Schlesselmann weiter aus. „Es ist nicht mein Ansatz, etwas von der Pike auf erlernen zu lassen. Sondern es geht darum, dass Menschen sich ohne Leistungsdruck so gut es geht ausprobieren können. Wenn es gelingt, dass sie sich auf das Tun einlassen, ist das der entscheidende Schritt nach vorn. Menschen dürfen ihren eigenen Ausdruck finden. Damit sie in ihrer Bildgestaltung reifen können.“
Schlesselmann hat seit jeher eine besondere Affinität zu Bildern. „Ich sehe, was es mit den Personen macht, wenn sie selbst malerisch tätig sind.“ Dadurch würden Leute eine Sinnhaftigkeit erkennen. Diese Handlungsweisen seien sinnstiftend. „Bei der Kunst sollen die Gefühle und Emotionen transportiert werden. Wenn das gelingt, ist das sowohl Kunst als auch Therapie. Das Schöne und Entscheidende ist hierbei, dass `es´ ja etwas mit einem macht. Wobei ich das Wort Kunsttherapie kaum nutze. Denn hier geht es darum, dass ich den kreativen Werdegang umsetzen helfe“, sagt die ehemalige Druckvorlagenherstellerin.
Wenn die Malenden vierzehn Tage später wieder in den Kunstraum kämen, fragten sie sich oft, ob wirklich sie die Bilder gemalt hätten. Denn dann würden sie ihre eigenen Werke oft mit ganz anderen Augen betrachten können. Leuten, die im Alltag oft Schwierigkeiten haben, helfen diese Erkenntnisse. Um verschiedene Schaffensprozesse mit verschiedenen Vorgehensweisen initiieren zu können, stehen im Kunstraum verschiedene Farben, Pinsel, Stifte, Feinliner usw. zur Verfügung.
Zusätzlich betreut Anja Schlesselmann für die GESO auch Personen ambulant, die im Leben Schwierigkeiten haben, um ihnen wieder Struktur zu geben, Ängste zu nehmen und um zu erreichen, dass die Menschen wieder am Leben teilnehmen können.
Weitere Informationen gibt es per Mail an eigenart@tandem-brv.de und unter der Telefonnummer 04761/72177.


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