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Monika Ruddek

Diskussion um Mauerseglerstraße geht weiter

Lilienthal. Rund 200 Bürger*innen aus Lilienthal sprachen sich Anfang der Woche in einem Protestzug gegen ein weiteres Baugebiet in Lilienthal und gegen die Bauplanungen an der Mauerseglerstraße aus. Inzwischen hob der Verwaltungsausschuss das Verfahren zum Baugebiet auf.
 
„Grünland statt noch mehr Siedlungen“: Junge Reiterinnen fürchten um ihren Reitverein und trugen Anfang der Woche ihren Unmut über Bauvorhaben auf dem Grün an der Mauserglerstraße zusammen mit Anwohner*innen, dem Club of Lilienthal, der Diakonischen Behindertenhilfe und dem ansässigen Reitverein auf die Straße.  Foto: mr

„Grünland statt noch mehr Siedlungen“: Junge Reiterinnen fürchten um ihren Reitverein und trugen Anfang der Woche ihren Unmut über Bauvorhaben auf dem Grün an der Mauserglerstraße zusammen mit Anwohner*innen, dem Club of Lilienthal, der Diakonischen Behindertenhilfe und dem ansässigen Reitverein auf die Straße. Foto: mr

Die „grüne Lunge erhalten“
 
„Wir wollen kein Baugebiet an der Mauerseglerstraße“, „Wir wollen die Natur behalten“, „Wir wollen bleiben“ - das waren einige der vielen Botschaften, die auf den Plakaten der Demonstrationsteilnehmenden zu lesen und in aller Deutlichkeit auch in Sprechchören zu hören waren. Allen Teilnehmenden des Protestzuges geht es in erster Linie darum, „die grüne Lunge“, wie es die Demonstrierenden formulierten, der Gemeinde zu erhalten. Besonders der an der Mauerseglerstraße seit Jahren ansässige Reiterverein Lilienthal könne laut eigener Darstellung die für seine Pferde notwendigen Weideflächen nicht der Versiegelung der Fläche opfern, auf der Investor Ingo Damaschke gemeinsam mit den Osterholzer Stadtwerken den Bau der ersten Klimaschutzsiedlung im Landkreis plant. Auch für die Bewohner*innen der angrenzenden Diakonischen Behindertenhilfe sei das Ackerland an der Mauerseglerstraße ein wichtiges und ungefährlich erreichbares „Naherholungsgebiet“, in dem sie sich ungestört frei bewegen könnten.
Weil das innerörtliche Grün in Lilienthal angesichts der vielen neu entstandenen Baugebiete in den der letzten Jahre immer mehr zu verschwinden drohe, formierten sich die Anwohner*innen rund um die Mauerseglerstraße zu einem Aktionsbündnis, das sich gemeinsam mit dem Club of Lilienthal seit Monaten in aller Deutlichkeit gegen die Versiegelung der derzeit landwirtschaftlich genutzten Fläche einsetzt. Club und Anwohner*innen machten ebenfalls ihren Unmut über die geplante Bebauung ebenso durch ihre Teilnahme am Protestzug am Montag deutlich.
 
„Klarheit und Sicherheit für die nächsten Jahre“
 
„Wir wollen dieses Stück Natur erhalten“, betonte die erste Vorsitzende des Reitervereins, Cornelia Harbers, in ihrer Kundgebung. Hier könne man noch die Natur genießen, den Pferden beim Grasen zusehen und die Ruhe auf sich wirken lassen. „Wir wollen Klarheit und Sicherheit für die nächsten Jahre“, richtete auch Achim Ballhausen vom Aktionsbündnis „Kein Bauland an der Mauerseglerstraße“, seinen Appell an die Politiker*innen, die sich am Montag zur Bauausschusssitzung im Rathaus eingefunden hatten.
 
Pläne vom Tisch
 
Bürgermeister Kristian Tangermann empfahl am Montagabend überraschend, die Beschlussvorlagen zur Änderung des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans Mauerseglerstraße zurückzuziehen. Am Dienstagabend entschied der Verwaltungsausschuss daraufhin, die bisherige Bauleitplanung und das Verfahren zum Großprojekt Mauerseglerstraße aufzuheben. Das erfolgte deshalb, weil Bürgermeister Kristian Tangermann aufgrund des Verdachts einer versuchten Abgeordnetenbestechung Anzeige erstattet hat. Die zieht derzeit staatsanwaltliche Ermittlungen nach sich. Die Anzeige richte sich aber nicht gegen Investor Ingo Damaschke, wie einer Stellungnahme des Bürgermeisters vom 7. März zu entnehmen ist.
 
Diskussion um Bebauung geht weiter
 
Fürs Erste ist damit die Bebauung des Areals an der Mauerseglerstraße damit vom Tisch. Trotzdem ist die Diskussion um die Flächennutzung aber nicht beendet.
„Wir wollen eine langfristige Lösung, damit das Gebiet rund um den Reiterverein als Refugium für Mensch und Tier erhalten bleibt. Was also können wir alle tun, damit Grünland und Weideflächen erhalten bleiben“, richtete Cornelia Harbers die Frage am Montagabend in der Sitzung des Bauausschusses an Lilienthals Politiker. Alle Parteien waren sich einig darüber, dass man vor allem miteinander im Gespräch bleiben müsse, um zu entscheiden, wie die Fläche letztendlich genutzt werden soll. Ingo Wendelken von den Querdenkern appellierte vor allem an Kristian Tangermann, loszugehen und durch Gespräche die verhärteten Fronten zwischen Eigentümern, Investor und Pächtern aufzuweichen.
 
Reiterverein will Pachtverträge prüfen lassen
 
„Ich habe versucht, mit dem Rechtsanwalt der Landeigentümer zu reden“, berichtet Cornelia Harbers vom Reiterverein in einem Gespräch mit dem ANZEIGER. Es habe aber keinerlei Rückmeldungen gegeben. Gespräche seien deshalb wichtig, weil die mit den Eigentümern geschlossenen Pachtverträge laut Cornelia Harbers eine Klausel enthalten, die sie in dem Fall der Nichtbebauung des Areals Mauerseglerstraße, hinfällig werden ließen. Der Reiterverein müsste sein Weideland in diesem Fall an die Landeigentümer zurückgegeben. „Die Gültigkeit dieser Klausel wollen wir durch einen Anwalt rechtlich prüfen lassen“, betonte Cornelia Harbers. Nach wie vor sind der Vorsitzenden des Reitervereins klärende Gespräche mit den Landeigentümern wichtig, denn der Verein möchte auch prüfen, ob er die derzeit genutzten Weideflächen käuflich erwerben kann. Kristian Tangermann betonte am Montag hierzu allerdings, dass die Gemeinde „eine finanzielle Hilfe für eventuelle Grundstückskäufe ausschließt“. Nach dem kommunalen Haushaltsrecht dürfe die Gemeinde keine Kredite für freiwillige Leistungen aufnehmen.
 
Die Lage aus der Sicht von Rechtsanwalt Jörg Sommer
 
Rechtsanwalt Jörg Sommer bestätigte dem ANZEIGER auf Nachfrage, dass in den jeweiligen mit den Landeigentümer individuell vereinbarten Pachtverträgen tatsächlich eine Klausel enthalten sei, die vorsehe, dass für den Fall, dass kein Vertrag über die Bebauung der Fläche Mauerseglerstraße abgeschlossen wird, die Pachtverträge hinfällig werden. Die Verträge und die Klauseln seien damals individuell vom Vorstand des Reitervereins entwickelt und von den Mitgliedern in einer Versammlung abgesegnet worden. Die Verträge seien danach verhandelt und von der Vereinsvorsitzenden unterzeichnet worden. Danach seien die Verträge in Kraft getreten, berichtet Jurist Jörg Sommer.
 
Die vertraglichen Bedingungen werden erfüllt
 „Während der Diskussion um die Mauerseglerstraße hat der Reiterverein weder mit den Landwirten noch mit mir das Gespräch gesucht. Es wurde auch nicht nach einer etwaigen Möglichkeit der Anpassung der Verträge gefragt“, erklärt der Anwalt. Er fügte auch hinzu, dass im Grunde alle beteiligten Seiten Verlierer seien, weil nicht miteinander geredet worden sei. „Die Landeigentümer haben gar kein Interesse daran, den Reiterverein kaputt zu machen. Aber sie möchten, dass man fair mit ihnen umgeht und bei der Wahrheit bleibt“, so Rechtsanwalt Jörg Sommer. Die Verträge mit der darin enthaltenen Klausel seien hinlänglich bekannt. Im Falle einer Bebauung hätte der Reiterverein seine Flächen bis zur Pappelreihe behalten können. Die Landeigentümer würden sich an die Vertragsklauseln halten. „Wir werden die vertraglichen Bedingungen erfüllen“, bestätigte Jörg Sommer als deren Vertreter in dieser Rechtsangelegenheit.


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