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„Tote gibt es hier genug“

Worpswede (nek). Im Rahmen der Initiative „frauenORTE Niedersachsen“ zeigen fünf Künstlerinnen ihre Arbeiten in der Bergstraße.
„Allegorie“ von Gisela Eufe.

„Allegorie“ von Gisela Eufe.

Der Ruf Worpswedes als Künstlerdorf wurde vor mehr als einhundert Jahren begründet, seither feilt die Ortschaft im Teufelsmoor daran, ein lebendiges Abbild zeitgenössischer Kunst zu bieten.
Zu den bekanntesten Künstler:innen Worpswedes gehörte zweifellos Paula Becker, oder, nach ihrer Heirat mit dem Maler Otto Modersohn, Paula Modersohn-Becker. Zu Lebzeiten blieb ihr die Anerkennung ihrer Malerkollegen und Zeitgenossen versagt, wurde sie doch sogar als „Malweib“ belächelt. Trotzdem hielt sie an ihren Träumen fest. „...dass ich mich verheirate, soll kein Grund sein, dass ich nichts werde“, sagte sie anlässlich ihrer Hochzeit im Jahr 1900. Wie umfassend ihr Werk dann jedoch tatsächlich war, trat erst nach ihrem Tod 1907 zutage.
Im Rahmen des Projektes frauenORT Paula Modersohn-Becker, Worpswede, werden seit Mai in der Bergstraße in unter dem Titel „Tote gibt es hier genug“ fünf zeitgenössische künstlerische Positionen von fünf Frauen präsentiert, deren offizielle Vorstellung nun vor der Galerie Altes Rathaus in Worpswede erfolgte.
Dabei ist „frauenORTE Niedersachsen“ eine 2008 gegründete Initiative des Landesfrauenrates Niedersachsen e. V., die Leben und Wirken bedeutender historischer Frauenpersönlichkeiten lebendig werden lässt und in der breiten Öffentlichkeit bekannt machen will. Die Initiative möchte auch dazu beitragen, dass Frauengeschichte und Frauenkultur einen festen Platz im Spektrum kulturtouristischer Angebote erhalten. Mit Paula Modersohn-Becker stellt Worpswede nun den 43. Frauenort in Niedersachsen.
 
Fünf verschiedene Positionen
 
Die fünf Künstlerinnen haben sich sehr unterschiedlich mit dem Thema „Tote gibt es hier genug“ befasst. Rima Radhakrishnans Ausgangspunkt ist dabei der frauenORT-Begriff und eine daraus resultierende alphabetisch-sortierte Liste von Begriffen, die sich alle mit dem Thema „Frau“ beschäftigen. Gefunden hat Radhakrishnan ihre „Frauenworte“ in Nachschlagewerken, sie spiegeln die Widersprüchlichkeiten der „frauenbezogenen“ Klassifizierung wider. Von Hand auf einen Skulpturensockel aufgebracht, sollen die Worte ein Nachdenken über Geschlechterrollen anstoßen.
Gisela Eufe liebt die starken, doch zugleich filigranen Frauenfiguren. Von ihr stammt die „Allegorie“, eine an Eva mit dem Apfel erinnernde Gestalt, doch es finden sich hier weder Adam als Gegenpol noch die Schlange. So liegt der Fokus allein auf der weiblichen Figur, die einen Apfel hält.
Anja Fußbach hat ihre „Esther“ auf die Bergstraße gestellt. Das, was wie die Figur einer Tanzenden wirkt, soll ein „Spazierengehen“ darstellen: Von einer unsichtbaren Leine gezogen, biegt sich der Körper zu, oder von einem Ziel fort. Was also „zerrt“ an den Frauen von heute? Diese Frage soll der Betrachter jedoch selbst beantworten.
Kindheit, mittleres Alter und Seniorität ihrer Frauengestalten zeigt Annegret Maria Kron bei ihrem „Lebensreigen“. Die weiblichen Figuren stehen dabei mit ihren Rücken gegeneinander, geben sich so sozusagen Deckung, während sie sich ruhig zu bewegen scheinen.
Die Skulptur, die Claudia Piepenbrock für die Ausstellung konzipiert hat, soll den Betrachter veranlassen, sich mit den verschiedenen Aspekten der künstlerischen Gestaltung der Traditionen und ihrer Um- und Verformungen auseinanderzusetzen. Die Ausstellung in der Bergstraße Worpswede ist noch bis zum 10. Oktober zu bewundern.


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