Seitenlogo
Tom Boyer

Lilienthaler Diakonie zeigt Ausstellung zu Selbstbestimmung

Lilienthal. Im MartinsSaal ist noch bis zum 17. Juni die interaktive Ausstellung „Echt mein Recht“, die sich mit dem Thema Selbstbestimmung und sexualisierter Gewalt befasst, zu sehen.
Zur Eröffnung der Ausstellung „Echt mein Recht“ im MartinsSaal kamen zahlreiche Gäste zur Lilienthaler Diakonie.

Zur Eröffnung der Ausstellung „Echt mein Recht“ im MartinsSaal kamen zahlreiche Gäste zur Lilienthaler Diakonie.

Eine Studie des Bundesfamilienministeriums zur „Lebenssituation und Belastung von Frauen und Männern mit Behinderung und Beeinträchtigung in Deutschland“ legt nahe, dass Menschen mit Behinderung häufig Opfer sexualisierter Gewalt werden: Psychische Übergriffe als Erwachsene erlebten bis zu 90 Prozent, körperliche Gewalt 58 bis 73 Prozent und strukturelle Gewalt mit circa 90 Prozent nahezu alle Menschen mit Behinderung. Die Studie konkludierte die Notwendigkeit von Präventivmaßnahmen. Dies veranlasste das Institut für Gewaltprävention „Petze“ eine Wanderausstellung zur Sensibilisierung und Aufklärung zu einem selbstbestimmten Leben für Behinderte ins Leben zu rufen.
 
„Das nennt man Inklusion“
 
Die Begrüßung und eröffnenden Worte übernahm die Geschäftsführenden Leitung der Lilienthaler Diakonie Birgit Mara Hopp. Nach Begrüßungsworten vom Vorsitzenden der Bewohnervertretung Herr Christ ließ die Schirmherrin der Ausstellung, die niedersächsische für Ministerin für Soziales Daniela Behrens, Grußworte verlauten. „Wir wollen das Menschen mit Behinderung überall dabei sein können und wir wollen, dass Menschen mit Behinderung in ihrem Leben mehr selbst bestimmen können. Das nennt man Inklusion.“ erklärt Frau Behrens.
Barrieren seien in allen Bereichen des Lebens von Internet bis hin zu den öffentlichen Verkehrsmitteln präsent und „so unterschiedlich wie wir Menschen selbst sind.“ Mit guten Maßnahmen könne mehr Barrierefreiheit erreicht werden. Niedersachsens Aktionsplan für Inklusion, entwickelt von Menschen mit und ohne Behinderung, solle zum Erreichen dieser Ziele beitragen. Das Konzept beinhalte Schutz für Behinderte vor Gewalt und sexueller Gewalt. „Jeder Mensch muss wissen: Ich bestimme selber über mein Leben und meinen Körper, die neue Ausstellung ‘Echt mein Recht‘ kann dabei helfen. Es ist wichtig, dass alle Menschen ihre Rechte kennen.“
 
Informationen in Bild, Text und Ton
 
Die Ausstellung ist in sechs Bereiche gegliedert: „Echt mein Recht“ führt in Selbstbestimmung und Rechte ein. „Mit Gefühl“ vermittelt das Wahrnehmen und benennen von Gefühlen. „Mein Alltag“ illustriert, welche Rechte und Selbstbestimmungsmöglichkeiten jedem Menschen beim Wohnen, Arbeiten und in der Freizeit zustehen. „Beratung und Hilfe“ schafft Bewusstsein darüber, wann Hilfe in welchen Beratungsstellen beansprucht werden kann. „Körperwissen und Sexualität“ bringt Männer- und Frauenkörper näher und klärt über Sexualität und das Recht auf eigene Sexualität auf. „Alles Liebe“ geht auf die Reflexion des Kennenlernens und das eigene Verhalten im Liebesleben ein.
Katja Braatz, Leitung der Teilhabeplanung in der Diakonie, merkt an: „Die Ausstellung ist gerade für Menschen sehr aufschlussreich, die in einer 24-stündigen Betreuung Leben und daher eine anderes Körpergefühl verspüren.“ Weiterhin hebt sie hervor, dass die interaktiv gestaltete Ausstellung auf verschiedenen Ebenen informierend sei: Es gibt sowohl Bilder, Texte, eine Vertonung als auch weitere Übungen. „Die Ausstellung ist dazu ausgelegt, mit anderen Besuchern ins Gespräch zu kommen. Es ist die Möglichkeit gegeben, zusammen durch die Ausstellung zu gehen und auch sich selbst zu überprüfen.“
 
Mehr petzen
 
Ann-Kathrin Lorenzen vom Institut für Gewaltprävention „Petze“ erklärt, dass der Name auf das Verb petzen hindeutet, beim Erfahren von Gewalt solle man immer reden und niemals schweigen: „Sie sind alle eingeladen mehr zu petzen.“ Menschen mit Beeinträchtigung hätten nur bedingt die Möglichkeit sich gegen Gewalt zu wehren „Sie haben kaum Schutzmöglichkeiten. Institutionen als geschlossene Systeme können wenig Schutz bieten, wenn sie nicht mit anderen vernetzt sind. Anders als zum Beispiel diese Einrichtung, die sich die Petze und verschiedene Beratungsstellen ins Haus geholt hat!“ Wenn man Hilfe braucht, müsse man wissen, wo man anrufen oder hingehen kann, um diese zu bekommen.
Mit den Worten „Sexualisierte Gewalt ist kein individuelles Problem, nie sind Menschen, die Gewalt erfahren, Schuld daran. Diese Gewalt ist ein strukturelles Problem versursacht durch Institutionen, die nicht nach rechts und links gucken, weil sie unter Fachkräftemangel leiden und weil wir als Gesellschaft die Augen bei sexualisierter Gewalt schließen. Und gar nicht wissen, wie wir damit umgehen sollen.“ benennt abschließend Lorenzen die Ursachen.
Die Ausstellung „Echt mein Recht“ ist bis zum 17. Juni täglich von 9 bis 12 und von 13 bis 16 Uhr im MartinsSaal der Diakonischen Behindertenhilfe zu sehen.


UNTERNEHMEN DER REGION