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Janine Girth

„Für 100.000 Euro Fantasie“ - Galerie Maribondo - Das Blaue Haus - eröffnet

Worpswede. Viele Kunstinteressierte kamen zur Eröffnung der neuen Galerie Maribondo - Das Blaue Haus - in Worpswede. Bei Kaffee und Kuchen in dem angrenzenden Café sowie guter Musik von dem Jazz-Trio Velvet, Los Maribondos und der Gruppe Stimaro konnten die rund 120 Exponate betrachtet werden.
Erwin Bienewald, Geschäftsführer von Maribondo da Floresta, hieß alle Besucher herzlich willkommen, darunter auch den stellvertretenden Bürgermeister Jochen Semken. An ihn richtete Dr. Erwin Bienewald auch den Vorwurf, die Gemeinde habe einen integrativen Eissalon verhindert. „Wir wollten einen Eisbetrieb mit behinderten jungen Menschen machen.“ Die Gemeinde sei der Meinung gewesen, hier dürfe man keine Gastronomie betreiben. Doch dann habe man sich zusammengesetzt und erreicht, „dass wir nun eine Galerie machen dürfen mit 18 Sitzplätzen und zwei Außenplätzen“. Das bedeute, dass Besucher sich die Bilder anschauen und dann Kaffee trinken dürften - und nicht umgekehrt, sagte er zur allgemeinen Erheiterung. „Das ist jetzt erlaubt und das kommt uns hier sehr entgegen.“
Auf Sicht gesehen würde sich etwas ändern, wenn es dafür eine Mehrheit gäbe, gab Jochen Semken zur Antwort. Und dann könne man mal gucken, ob man nicht neben Kaffee trinken auch noch Eis essen könne. Dafür bekam er viel Applaus.
Oft hervorragende Künstler
Weiterhin blickte er in die Vergangenheit des Ortes zurück. Ende der 50er/Anfang der 60er Jahre habe man die Idee gehabt, das Krankenhaus Lilienthal inklusive Behinderteneinrichtung in Worpswede zu bauen. Ein „maßgeblicher Herr“ sei jedoch der Meinung gewesen, Tourismus und behinderte Menschen, das passe nicht wirklich zusammen. „Ich bin froh, dass dies inzwischen ganz anders geworden ist“, so Jochen Semken. Ihm begegneten tagtäglich Menschen gerade aus dem Stiftungsdorf Maribondo, „und ich finde das klasse“. Von daher sei es auch nur logisch, dass sich die Stiftung auch mit einer Galerie in Worpswede präsentiere, „weil wir nun mal ein Künstlerdorf sind“.
„Was wir hier machen wollen, ist ein Projekt für psychisch kranke Menschen“, erklärte Dr. Bienewald. Das habe den Hintergrund, dass Menschen mit geistiger Behinderung eine größere Lobby hätten als psychisch Kranke. Diese seien weniger anerkannt, aber oft hervorragende Künstler. „Deshalb wollen wir hier psychisch Kranke und nicht kranke Menschen zusammenbringen, die ihre Bilder hier ausstellen können.“
Besonders freute sich Erwin Bienewald, dass eine Frau aus Osterholz-Scharmbeck 10.000 Euro für das Projekt gestiftet hat mit einem ganz einfachen Brief: „Ich bin alt, habe zu viel Geld und gebe gern etwas ab.“
Bunt und vielfältig
Die Kunsthistorikerin und Kuratorin dieser Ausstellung, Judith Mathey, sprach von einer sehr bunten Ausstellung, nicht nur in der wörtlichen Bedeutung, sondern auch wegen der Vielfalt. Die Aussteller würden sich hinsichtlich ihrer Thematik, ihrer Technik, aber auch des Bildformats und künstlerischen Ausdrucks unterscheiden. Sie alle eine jedoch, dass sie hier aus dieser Region stammen, so Judith Mathey. Für ihre Radierungen, die sie später kolorierte, sei die Künstlerin und Therapeutin Uschi Paatz auf ihren langen Reisen in Brasilien, Kreta und Cornwall inspiriert worden. Sie engagiere sich seit Jahren in der therapeutischen Arbeit in der Stiftung Maribondo.
Hanno aus Worpswede ist mit 35 Exponaten vertreten. Seine mit Filzstift gemalten Bilder hat er mit Gedichten versehen, von denen er eines vorlas. Er habe eine schwere Krankheit gehabt. Durch die Malerei habe er wieder zu sich gefunden. „Ich habe kaum Geld, aber für 100.000 Euro Fantasie.“
Der dritte Künstler, Flo Mega, war nicht anwesend, weil er mit seinem neuen Album tourt. Die Bilder des Soulsängers aus Bremen sind in Sprühtechnik entstanden. Er zeigt drei Werkzyklen zu unterschiedlichen Themen und in variierenden Techniken. Auf jedem seiner farbenfrohen Bilder ist ein klassischer Telefonhörer zu sehen. Das sei, so Judith Mathey, ein Hinweis auf die Entstehungszeit seiner Bilder vor 18 Jahren.
Über der Galerie wohnen drei Frauen mit psychischen Beeinträchtigungen. Eine von ihnen ist Nicole. Sie sagte: „Wir sind hier ein gutes Team.“ Die Erzieherin habe eine schwere Krise in ihrem Leben gehabt, litt an Depressionen und konnte nicht mehr in ihrem Beruf weiterarbeiten. Hier im Blauen Haus habe sie die Möglichkeit, selbstständig arbeiten zu können.


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