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Erste Töne wagen

Die Scharmbecker Kantorei öffnete ihre Türen im Rahmen der bundesweiten Woche der offenen Chöre.

Offener Chor im Gemeindehaus: 50 Stimmen zählte die Scharmbecker Kantorei bei ihrer Probe im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche.

Offener Chor im Gemeindehaus: 50 Stimmen zählte die Scharmbecker Kantorei bei ihrer Probe im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche.

Bild: Eb

Osterholz-Scharmbeck. Ina Barz aus Osterholz-Scharmbeck fasste sich ein Herz. Mit 62 Jahren betrat sie zum ersten Mal in ihrem Leben eine Chorprobe. „Noten sind kein Problem. Ich habe heute Sopran gesungen“, berichtet sie begeistert. Dabei hätte sie von ihrer Sprechstimme her eher mit Alt gerechnet. Die Betreuerin im Heim am Hang, wo „sehr viel gesungen wird“, entdeckte das Angebot über WhatsApp, überlegte kurz – und kam. „Mir gefällt es sehr gut, ich kann mir gut vorstellen, hier noch einmal vorbeizukommen und sogar dabei zu bleiben.“

Auch Frank Hoffmann, 64 Jahre alt und bereits Mitglied im Chor Kontrapunkte, ließ sich von der Neugierde leiten. Als Bass gesellte er sich zu den Schnuppernden, um neue Lieder kennenzulernen. Für die ehemalige Pastorin Anke Diederichs aus Scharmbeckstotel war es hingegen eine Art Heimkehr. „Ich habe ja schon viel in Scharmbeckstotel gesungen und mir fest vorgenommen, hier weiter mitzusingen“, erklärt sie. „Beim Singen bekomme ich neue Kräfte und neuen Mut.“

 

Singen ist Sport für die Seele

Kirchenkreiskantorin Caroline Schneider-Kuhn machte von Beginn an deutlich: Singen ist eine Ganzkörperangelegenheit. Kaum hatten die Teilnehmer ihre Plätze nach Stimmlagen sortiert eingenommen – etwa 40 weibliche und 10 männliche Stimmen, darunter fünf Schnuppernde –, ging es auch schon mit Aufwärmübungen los. Tief ein- und ausatmen, Arme, Hände und Schultern kreisen lassen, die Sitzhöcker trainieren. Fast wie in der Fitnessstunde, nur dass hier 50 Menschen gemeinsam atmen.

Der Schwierigkeitsgrad steigerte sich kontinuierlich. Erst wurde bis acht gezählt und dabei vor- und zurückgeschritten, dann kamen die Tonnamen dazu: „Do Re Mi Fa So La Ti Do“ – vorwärts und rückwärts. Konzentration war gefragt, als unverständliche, aber rhythmische Silben gesungen wurden: „Ja dan duia. Ja dan daa dan daa dan deija.“ Mit 50 Stimmen klang das bereits beeindruckend.

 

Weihnachtsvorbereitungen im September

Passend zur Jahreszeit bereitete sich der Chor auf sein Weihnachtskonzert am 5. Dezember vor. John Rutters „Lullaby“ und „Angels’ Carol“ standen auf dem Programm – anspruchsvolle Stücke, die auch erfahrene Chormitglieder fordern. Für Neulinge eine echte Herausforderung, besonders wenn sich die Stimmen die Notenlinien teilen und mitten im Gesang die Orientierung verloren geht.

Schneider-Kuhn hatte praktische Tipps parat: „Wenn Du denkst, so hoch kann ich nicht, dann falle einfach eine Stufe tiefer.“ Und mit einem Augenzwinkern warnte sie: „Vorsicht, wenn ‚Alt‘ euch treibt. Lasst euch darauf nicht ein.“ Um die Sänger aus ihrer Komfortzone zu locken, mischte sie den Chor kurzerhand durch – Nummern wurden verteilt, Plätze getauscht. „Das bringt euch eine ganze Menge. Da nehmt ihr viel mehr mit, als wenn ihr in euren Stimmen sitzt und euch auf euren Nachbarn verlasst.“

 

Ein Chor mit Tradition und Zukunft

Die Scharmbecker Kantorei probt jeden Dienstag von 20 bis 22 Uhr im Gemeindehaus und zählt rund 50 Sängerinnen und Sänger. Zweimal im Jahr gibt der Chor Konzerte – ein größeres zu Weihnachten, eines im Frühjahr. Neue Stimmen sind stets willkommen, und wer zu Hause üben möchte, erhält entsprechende Materialien mit nach Hause oder kann auf Internetressourcen zurückgreifen.

 

Die Woche der offenen Chöre

Vom 22. bis 28. September öffneten deutschlandweit mehr als 600 Chöre ihre Proben für Interessierte. Die Initiative des Deutschen Chorverbandes bezieht sich auf alle Chöre – von Pop über Jazz bis zur klassischen Kirchenmusik. Aus der Landeskirche Hannovers beteiligten sich 45 Chöre an der Aktion, aus dem Kirchenkreis Osterholz-Scharmbeck war die Scharmbecker Kantorei dabei.

Was bleibt von diesem Abend? Anke Diederichs bringt es auf den Punkt: „Singen macht den Kopf frei.“ Fast wie beim Laufen, nur dass man hier gemeinsam unterwegs ist. Der Ohrwurm „Gloria in excelsis Deo“ ist ein schöner Beweis dafür, dass Musik verbindet und bewegt – egal, ob man zum ersten Mal eine Chorprobe besucht oder schon jahrelang singt.


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