Patrick Viol

Dem Wald geht es (weiter) nicht gut

Der neue Waldzustandsbericht zeigt: Die Wälder in Niedersachsen stehen weiter unter Stress. Kronen lichten sich, Schäden bleiben überdurchschnittlich, doch es gibt auch leichte Erholungstendenzen.

Die mittlere Kronenverlichtung stieg in Niedersachsen auf 23 Prozent - ein neuer Höchstwert.

Die mittlere Kronenverlichtung stieg in Niedersachsen auf 23 Prozent - ein neuer Höchstwert.

Bild: Adobestock

Niedersachsen. Der am 28. Oktober veröffentlichte Waldzustandsbericht zeigt ein durchwachsenes Bild. Der Verlichtungsgrad der Baumkronen - wichtigster Indikator für die Waldgesundheit - hat erneut zugenommen. Auch die Zahl stark geschädigter Bäume liegt weiterhin über dem langjährigen Durchschnitt. Nur die jährliche Absterberate ist leicht gesunken und bewegt sich knapp über dem Mittelwert. Das Fazit: Der Klimawandel setzt den Wäldern weiter zu, der Umbau hin zu klimaresilienten Mischwäldern muss konsequent fortgesetzt werden.

Es geht dem Wald nicht gut

Forstministerin Miriam Staudte betont: „Seit den 1980er-Jahren wird jeden Sommer der Waldzustand erhoben. So profitieren wir von wissenschaftlich fundierten Daten aus über 40 Jahren. Auch in diesem Jahr muss ich leider sagen, dass es dem Wald nicht gut geht und wir reden hier über einen Waldschadensbericht.“

Die Ministerin verweist auf die doppelte Rolle des Waldes: Er sei Klimaschützer und zugleich Opfer der Klimakrise. „Dürre und Stürme setzen ihm zu. Die Bäume werden anfälliger gegenüber einer massiven Vermehrung von Insekten und Krankheiten. Daher werde ich in meinem Haus den Waldumbau weiter voranbringen und das Ziel verfolgen, seine Klimaschutzfunktion zu stärken.“

Für 2026 stehen dafür mehr als 44 Millionen Euro inklusive Bundesmitteln bereit. „Gesunde und stabile Wälder schützen nicht nur unser Klima und stellen den Rohstoff Holz bereit. Sie sind gleichzeitig Heimat für unzählige Tier- und Pflanzenarten und ein Erholungsraum für uns Menschen“, so Staudte.

Ergebnisse der Waldzustandserhebung

Kronenverlichtung

Die mittlere Kronenverlichtung stieg in Niedersachsen auf 23 Prozent - ein neuer Höchstwert seit Beginn der Messungen. Er liegt sechs Prozentpunkte über dem langjährigen Mittel.

Stark geschädigte Bäume

Der Anteil stieg von 3,4 auf 4,2 Prozent. Damit sinkt die Widerstandskraft der Bestände, da stark verlichtete Bäume nicht mehr ausreichend mit Wasser und Nährstoffen versorgt werden können.

Absterberate

Mit 0,23 Prozent ist sie die niedrigste seit 2019. Zum Vergleich: 2023 lag sie bei 0,4 Prozent.

Klima und Witterung

Das Vegetationsjahr war insgesamt sehr warm, trocken und sonnig. Trotz des regenreichen Juli blieb die Jahresbilanz negativ: Erstmals wurde eine durchschnittliche Temperatur von über 11 Grad erreicht, 0,3 Grad über dem Rekordwert des Vorjahres. Mit rund 600 Millimetern Niederschlag fielen 20 Prozent weniger als im langjährigen Mittel – und mehr als 500 Millimeter weniger als im Vorjahr. Besonders von Februar bis Juni regnete es nur etwa halb so viel wie üblich.

Schäden durch Insekten und Pilze

Die Schadholzmenge durch Borkenkäfer sank deutlich auf 11.649 Kubikmeter (Vorjahr: 27.119). Dafür traten andere Probleme auf: Bei Kiefern das Triebsterben durch den wärmeliebenden Pilz Diplodia, bei Eichen Schäden durch Eichenprachtkäfer und bakterielle Infektionen – vor allem im Süden und Osten Niedersachsens. Auch Buchen und Douglasien zeigten vermehrt pilzbedingte Erkrankungen.

Wissenschaftliche Bewertung

Dr. Ulrike Talkner, Leiterin der Abteilung Umweltkontrolle der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA), bilanziert: „Der Waldzustand hat sich in diesem warm-trockenen Jahr weder merklich verbessert noch deutlich verschlechtert. Die Reaktion der Baumarten auf den Klimawandel fällt unterschiedlich aus das macht einerseits Hoffnung, zeigt andererseits aber auch, dass wir unsere Bemühungen intensivieren müssen, wenn wir den Wald, wie wir ihn kennen, erhalten wollen.“

Hintergrund

Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) mit Sitz in Göttingen ist eine gemeinsame Forschungseinrichtung der Länder Niedersachsen, Hessen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein. Sie betreibt das forstliche Umweltmonitoring für ein Viertel der deutschen Waldfläche. Seit 1984 werden Bäume regelmäßig untersucht. Die Ergebnisse werden gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium jährlich im Waldzustandsbericht veröffentlicht.


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