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David McAllister stellt sich den kritischen Fragen der Politik-AG

Lilienthal (pvio). Meist scheint Europa weit entfernt in Brüssel zu liegen. Doch am Montag besuchte die Europäische Union das Gymnasium Lilienthal: Die Politik-AG hatte David McAllister zur Podiumsdiskussion geladen.
Catalina Azocar Dannemann (li.) und Dicle Altay fühlen David McAliister auf den Zahn.

Catalina Azocar Dannemann (li.) und Dicle Altay fühlen David McAliister auf den Zahn.

Es ist die erste Veranstaltung in der Eingangshalle des Lilienthaler Gymnasiums seit 18 Monaten. Organisiert wurde die Veranstaltung für die Schüler:innen der 10. Klassen von der Politik-AG, die Politiklehrer Knut Egbers am Gymnasium anbietet. Die Politik-AG trifft sich einmal wöchentlich zu Politdiskussionen und ist freiwillig. „Mit der Veranstaltung wollen wir Schülern Politik näher bringen“, erklärt Abiturienten Paula, die sich selbst in der AG engagierte.
 
Außenpolitisch schwaches Projekt des Friedens
 
Bevor die beiden Moderatorinnen Catalina Azocar Dannemann und Dicle Altay dem CDU/EVP Politiker und Vorsitzenden des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten ihre in der AG vorbereiteten Fragen stellten, ließ man ihn in einer kleinen Ansprache noch etwas „Werbung für die Europäische Union“ machen, wie er den Inhalt seiner Rede selbst nannte. Die EU sei in ihrer Breite und Tiefe einzigartig, erklärt McAllister. Sie sei ein als Resultat des Zweiten Weltkriegen Krieges ein „Projekt des Friedens“, das zudem für Freiheit, wirtschaftliche Zusammenarbeit und Rechtssicherheit stehe.
Die EU stehe einerseits vor großen Herausforderungen wie dem Klimawandel und der Digitalisierung. Andrerseits müsse die EU, während sie handelspolitisch vorbildlich sei, außenpolitisch erwachsen werden. Um Außenpolitik geht es auch Dannemann und Altay. Daneben haben sie Fragen Migrationspolitik in Zusammenhang mit auflammendem Antisemitismus, zum Klimaschutz, zur Flüchtlingspolitik und der CDU vorbereitet.
 
Was nicht so rund läuft
 
Bereits die erste Frage prescht vor: Ist die Migrationspolitik in Anbetracht des Antisemitismus, der sich auf jüngsten Demonstrationen gegen Israel zeigte, gescheitert, will Dannemann wissen.
Zunächst sei „Zuwanderung eine Bereicherung“, aber sie müsse reguliert und, wenn sie zu stark wird, auch gebremst werden, so McAllister etwas ausweichend und schlingert etwas weiter um eine Antwort mit der Aussage herum: „Integration ist der Schlüssel“. Wer dauerhaft bleiben will, müsse sich einbringen, die deutsche Sprache lernen und Demokratie, Vielfalt, Pluralismus und Gleichberechtigung anerkennen. Und dass es sich bei Antisemitismus um eine „Straftat“ handelt. Mit seinem letzten Satz, der darauf verwies, dass sich die Mehrheit der Muslime nicht auf antiisraelischen Demos wiederfand, wollte McAllister indirekt wohl die Antwort geben, die Migrationspolitik sei nicht gescheitert.
Was McAllister hinsichtlich einer funktionierenden Flüchtlingspolitik nicht sagen kann, zu der Altay und Dannemann vor dem Hintergrund des Flüchtlingslagers auf Moria auch eine kritische Frage stellten. Moria sei „ein Sinnbild“ dafür, dass die EU-Flüchtlingspolitik „nicht rund“ läuft, so McAllister etwas untertreibend. Auf die Frage, wie man die Bereitschaft der EU-Länder, mehr Flüchtlinge aufzunehmen, steigern könne, antwortete der Europaabgeordnete, dass es man hierfür eine faire Verteilung und gemeinsame Regeln finden müssen, wogegen Polen, Ungarn und Tschechien sich aber stellten. Es müsse aber auch darum gehen, dass Menschen sich erst gar nicht auf die gefährliche Reise übers Mittelmeer machten.
Hinsichtlich der europäischen Außenpolitik, die die Schüler:innen anhand des Umgangs mit dem „Diktator von Weißrussland“, wie McAllister“ Aljaksandr Lukaschenka nennt, problematisierten, spricht McAllister von den Schwierigkeiten, die mit Sanktionen als Druckmittel einhergehen. Sie müssten zielgerichtet sein, dürften aber nicht als außenpolitisch engagiert verstanden werden, da man sonst Gefahr liefe, das Weißrussland Russland zur Hilfe riefe. Und Europa sei nicht nur abhängig von dessen Gas, zugleich seien die Verhältnisse zwischen der EU und Russland an „einem Tiefpunkt.“
 
Nahbares Europa?
 
Zum Abschluss ging es den Schüler:innen noch um das Thema Klimaschutz, der nach McAllister vor allem realistisch gestaltet werden sollte. Zu hohe Ziele seien schlechte Symbolpolitik. Das Thema Klimaschutz griffen auch die Schüler:innen in der anschließenden Diskussion auf - sie sehen hier eher zu niedrige Ziele und schlechte Realpolitik.
Daneben ging es ihnen um Lobbyismus auf EU-Ebene, die Überfischung der Ozeane, Nordstream 2 und die Wehrpflicht, deren Abschaffung McAllister bedauere. Nach 1,5 Stunden ging die Veranstaltung zu Ende, doch ob der geladene Gast den Schüler:innen Europa näher gebracht hat, darüber wird bestimmt in der nächsten Sitzung der Politik-AG diskutiert werden.


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