Marcel Foltmer

Am Rand des Kriegsgebiets

Samtgemeindebürgermeister Gerd Brauns berichtet von seiner zweiten Reise in die Ukraine.

v.li.: Yevhen Tsushko, Peter Göbel, Gerd Brauns, Thomas Wüppermann und Vitalii Porkhun vor einem Schild mit der Aufschrift, die auf deutsch lautet: „Willkommen in der Oblast Mykolajiw“.

v.li.: Yevhen Tsushko, Peter Göbel, Gerd Brauns, Thomas Wüppermann und Vitalii Porkhun vor einem Schild mit der Aufschrift, die auf deutsch lautet: „Willkommen in der Oblast Mykolajiw“.

Bild: Eb

Hambergen. „Guten Abend, wir waren in der Ukraine“ - Unter diesem Motto läuft die Präsentation von Gerd Brauns. Es ist eine Anspielung auf einen in der Ukraine nur allzu bekannten Satz: „Guten Abend, wir kommen aus der Ukraine“, eine Begrüßung, die seit Beginn des völkerrechtswidrigen Krieges Russlands gegen die Ukraine zum geflügelten Wort wurde.

Nachdem der Samtgemeindebürgermeister bereits einige Monate zuvor zusammen mit der Feuerwehr ein ausgedientes Tanklöschfahrzeug aus Hambergen in das osteuropäische Land brachte, folgte er nun der Einladung eines Lokalpolitikers in die ukrainische Oblast Mykolajiw. Zusammen mit dem Verein „OHZ hilft!“, der schon länger Spenden für die Ukraine sammelt, machte er sich für mehrere Tage auf den Weg. Nachdem die Hürden des Zolls zwischen Polen und der Ukraine genommen waren, war das erste Ziel der Reise die Stadt Perwomajsk. Dort traf die Reisegruppe unter anderem Alessia Porkhun, Vorsitzende des Bezirksrates von Mykolajiw, ihren Mann Vitalii, der im Parlament der Region sitzt, und Maksym Dyrdin, Mitglied des Parlaments der Ukraine.

 

Der emotionalste Moment

 

Gemeinsam ging es auf eine Rundfahrt quer durch den Ort Krywe Osero, unter anderem zum Museum „strategische Raketengruppen“, dem ehemaligen Standort der sowjetischen Atomwaffen. Als die Ukraine die Waffen nach der Auflösung der UdSSR zurückbaute, versprach Russland, die Integrität des Landes zu akzeptieren und zu wahren. Auch Besuche eines Heimatmuseums und einer Sportschule standen auf dem Plan, ebenso das örtliche Krankenhaus und eine Einrichtung für Kinder mit Behinderung.

Ein volles Programm, das kaum Platz für Pausen ließ, resümiert der Bürgermeister. Auch die Ortsfeuerwehr, die das gespendete Löschfahrzeug inzwischen in ihren Fuhrpark aufgenommen hatte, war ein Ziel der Reisegruppe. Am emotionalsten war für Brauns jedoch etwas anderes: Die Blumenniederlegung am Ehrenmal der gefallenen Soldaten im Krieg gegen Russland. Von 1.010 eingezogenen Soldaten waren zu diesem Zeitpunkt 43 gefallen, inzwischen sind es fünf mehr: „Der Ort hat 7.000 Einwohner, man kann sich das vorstellen, jeder weiß, wer das ist.“

 

Bilder der Zerstörung

 

Auf der Fahrt in die Regionshauptstadt Mykolajiw wurden die Ausmaße der Zerstörung durch den Krieg deutlich: Ein zerstörtes Haus steht am Straßenrand, das wohl einmal eine Fleischerei war, unzählige ausgebrannte Wohnhäuser säumen die Gegend und das Verwaltungsgebäude des Gouverneurs Vitalii Kim, in das zu Kriegsbeginn eine Rakete einschlug, ist nicht mehr nutzbar.

Kim wurde durch Videos berühmt, in denen er zeigte, wie er selbst an vorderster Front kämpfte, um die Angreifer zurückzudrängen. „Damit hat er den richtigen Ton getroffen“, meint Gerd Brauns, denn die eigene Heimat mit allen Mitteln verteidigen zu wollen, dass ist eine Mentalität, die vielen Ukrainer:innen innewohne. Die ukrainische Mentalität ist das, was Brauns am meisten an seiner Reise beeindruckt und mitgenommen hat: Neben einer großartigen Gastfreundschaft, die in den besuchten Orten an den Tag gelegt wurde, kam der Reisegruppe auch immer wieder Dankbarkeit entgegen. Dankbarkeit, nicht nur der Spenden wegen, sondern auch für die Sichtbarkeit für das, was das Land seit inzwischen anderthalb Jahren alltäglich durchmachen muss. Dankbarkeit, die aber auch mit der Angst verbunden ist, dass der Konflikt außerhalb der Ukraine vergessen wird. Umso wichtiger sei es, Organisationen wie „OHZ hilft!“ mit Spenden zu unterstützen, aber auch Kontakte zu knüpfen und zu erhalten.

Deswegen appelliert der Samtgemeindebürgermeister zum Schluss an Ratsmitglieder und Feuerwehr, darüber nachzudenken, ob man nicht eine Partnerschaft mit einem der besuchten Orte eingehen könne. Eine Partnerschaft, damit das Leid in der Region nicht in Vergessenheit gerät.


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