Kein Platz zum Wachsen
Das aktuelle IHK-Unternehmensbarometer des Deutschen Industire- und Handelskammertag (DIHK) zeigt, dass sich viele Unternehmen und Betriebe neu ansiedeln oder erweitern möchten - doch der Platz dafür fehlt. Geeignete Grundstücke werden meist erst nach langer Suche gefunden. Für die Mehrheit der Betriebe hat sich die Verfügbarkeit von Gewerbeflächen in den vergangenen Jahren verschlechtert. Laut IHK erschwere der Mangel an Flächen sowohl Gründungen als auch Wachstum von bestehenden Unternehmen. Zwar seien noch Flächenreserven vorhanden, doch diese seien aus verschiedenen Gründen oft ungeeignet - etwa wegen geringer baulicher Nutzbarkeit oder schlechter Verkehrsanbindung.
Der DIHK fordert deshalb die Bundesregierung auf, zu reagieren: Das Bau- und Planungsrecht müsse überarbeitet werden, damit eine schnelle Errichtung von Gebäuden für gewerbliche Nutzung und Wohnhäusern möglich werde.
Region spürt den Engpass
In den Landkreisen Osterholz und Rotenburg (Wümme) besteht nach Einschätzung der IHK Elbe-Weser ein deutlicher Bedarf an vermarktungsreifen Gewerbeflächen. Besonders im Landkreis Osterholz herrsche ein akuter Engpass. „Das erschwert Neuansiedlungen, führt aber auch dazu, dass bereits vorhandene Unternehmen, die sich erweitern möchten, dies nicht können. Im schlimmsten Fall wandern diese dann in andere Gegenden ab“, erklärt Eike Koopmann von der IHK Elbe-Weser.
Auch in Bremervörde gebe es laut der Wirtschaftsgilde definitiv zu wenig Flächen. Zur zeit gebe es nur das Gewerbegebiet „Gewerbepark Voßberg West“ vor der JVA. Dort seien allerdings schon die meisten Flächen bebaut. Bis auf Einzelflächen in der Stadt gebe es kein weiteres Gewerbegebiet.
Die Ursachen für die fehlenden Gewerbeflächen seien vielfältig. Der Flächendruck habe in den vergangenen Jahrzehnten durch steigende Ansprüche stark zugenommen. „Erneuerbare Energien, Wohnraum, Rohstoffgewinnung, aber auch Naturschutz-Ausgleichsflächen, Landwirtschaft und Infrastruktur brauchen jeweils ihren Platz“, so Koopmann. Manche Nutzungen beanspruchen heute mehr Raum als früher, während die Flächen unverändert blieben.
Hinzu komme mangelnde Initiative in der Gewerbeflächenentwicklung. Die Kommunen seien engagiert, Wohnflächen zu schaffen, doch bei Gewerbeflächen sei dieses Engagement nicht vorhanden. Zwar seien diese oft im Flächennutzungsplan vorgesehen, doch „viele Gemeinden warten auf Investoren, die aber nicht immer auf die Aufstellung eines Bebauungsplans warten können. Zudem sind diese Flächen zu selten öffentlich bekannt.“ Auch komplizierte Eigentumsverhältnisse und fehlende Verkaufsbereitschaft behinderten die Entwicklung marktreifer Gewerbegebiete.
Auch in Ritterhude fehlt es an Gewerbeflächen. Dies sei laut Simone Schröter, Vorstand der Interessengemeinschaft Ritterhuder Betriebe (IRB), schon lange abzusehen gewesen. „So wurde bereits im Jahr 2000 eine Bedarfsanalyse für das Jahr 2025 erstellt, die genau diese Entwicklung vorausgesagt hat“, erklärt sie. Man hätte sie jetzige Situation also verhindern können, doch politisch und verwaltungstechnisch sei nichts geschehen.
Gezielte Planung
Zur Verbesserung der Lage fordert die IHK Elbe-Weser eine gezielte planerische Steuerung. „Wir begrüßen es, wenn die Landkreise und Kommunen Gewerbeflächenentwicklungskonzepte erstellen, denen entnommen werden kann, wie hoch der konkrete lokale Bedarf ist“, sagt Koopmann. Auch die Bremervörde Wirtschaftsgilde schließt sich dieser Meinung an. Laut IRB müssten Besitzverhältnisse geklärt und die Interessen der im Umkreis Anwohnenden berücksichtigt werden, wie Schröter erklärt. Außerdem sollten auch kleinere Flächen in Betracht gezogen werden. Sobald dann feststehe, welchen Bedarf es gibt, sollte schneller und zielgerichteter auf die Schaffung neuer Flächen hingearbeitet werden. Vor allem die Politik sei hier gefragt.
Kommunen sollten laut IHK dazu ermutigt werden, gemeinsam mit Wirtschaftsförderungen, Banken oder Entwicklungsgesellschaften aktiv Gewerbeflächen zu entwickeln. Sollten neue Gewerbegebiete geschaffen worden sein, sollten diese langfristig attraktiv gehalten werden. Dabei gehe es darum, ausreichende Abstände zwischen Industrie- und Wohnstandorten zu halten, da das „Heranrücken von Wohngebieten häufig problematisch für die Unternehmen wird.“
Standorte mit Potenzial
Um neue Orte für Gewerbeflächen zu schaffen, müsse zunächst geschaut werden, wo überhaupt Flächen zur Verfügung stünden. „Grundsätzlich ist es am einfachsten, an bestehenden Gewerbeflächen anzudocken, da hier schon in den meisten Fällen die Infrastruktur wie verkehrliche Anbindung gegeben ist“, erklärt die Bremervörder Wirtschaftsgilde.
Die IHK Elbe-Weser hat einige Ideen für Standorte, an denen Gewerbeflächen gebaut werden könnten, um das Problem zu beheben. „Entlang von bestehenden Autobahnen und insbesondere der geplanten A20, die die Unternehmen zwischen Elbe und Weser auch aus verkehrlicher Sicht dringend benötigen, erwarten wir zukünftig einen erhöhten Bedarf an Gewerbeflächen“, erklärt Koopmann. Insbesondere Ortsrandlagen seien gute Standorte für neue Gewerbegebiete, da viele Betriebe nicht lärmfrei arbeiten könnten. Optimal seien Standorte nahe Autobahnauffahrten.
Das sieht auch die Bremervörde Wirtschaftsgilde so. Die Auf- und Abfahrten der A 20 in Elm und Glinde seien prädestiniert für eine Gewerbeansiedlung. Die Wirtschaftsgilde, die Stadt Bremervörde und die Samtgemeinde Geestequelle haben außerdem den Koordinator Kurt Koopmann beauftragt, „die Möglichkeiten zu Schaffung eines interkommunalen Gewerbeparkes an der Abfahrt in Ebersdorf-Oerel zu untersuchen.“
Die IHK Elbe-Weser begrüße besonders die Idee interkommunaler Gewerbegebiete über Kommunalgrenzen hinweg. Erste Kommunen seien bereits dabei, diese Idee umzusetzen. Zusätzlich wird zur schonenden Nutzung des Bodens geraten - etwa durch eine gemeinschaftliche Nutzung oder eine stärkere Konzentration der Gebäude in die Höhe.
Die Rolle der A 20
Die A 20 ist eine geplante West-Ost-Autobahn durch Norddeutschland und gilt als Schlüsselprojekt zur Entlastung der bestehenden Infrastruktur. Potenzialanalysen zeigen, dass ihre Realisierung den Gewerbeflächenbedarf deutlich erhöhen würde. Für die Wirtschaft erweist sich die geplante A 20 als Hoffnungsträger. Sie verspricht logistische Entlastung, bessere Erreichbarkeit, CO2-Reduktion und neue Ansiedlungschancen. Damit dieses Potenzial genutzt wird, brauche es koordinierter Konzepte: Regional abgestimmte Gewerbeflächenentwicklung, planerische Verankerung in Raumordungsprogrammen, aktive Vermarktung sowie interkommunale Ansätze. Die A 20 könne dabei als Motor wirken - sofern Kommunen, Landkreise und Politik jetzt die Weichen stellen. Denn das Verkehrsprojekt ist nicht unumstritten: Umweltschützer, Verbände und Bürgerinitiativen kritisieren den geplanten Autobahn-Bau heftig.

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