Ralf G. Poppe

Den Gürtel enger schnallen

Beim 15. Grogabend der Bremervörder CDU wurde unter anderem über die Sicherheitspolitik in Deutschland und Europa referiert und diskutiert.
(v. l.) Dirk-Frederik Stelling, Vanessa-Kim Zobel und Rainer Meyer zum Felde servierten verbal ungesüßt bittere Themen.

(v. l.) Dirk-Frederik Stelling, Vanessa-Kim Zobel und Rainer Meyer zum Felde servierten verbal ungesüßt bittere Themen.

Bild: Rgp

Bremervörde. Der Rum-Grog hat in Bremervörde eine besondere Tradition, die weit über 100 Jahre zurückliegt – ihn mit Zucker zu versüßen, gilt dabei als Stilbruch. Dazu passte, dass es am 15. Grogabend der Bremervörder CDU eher bittere Nachrichten zu verdauen galt, die ebenfalls „ungesüßt“ kommuniziert wurden.

 

Referent

Der Vorsitzende der CDU-Stadtratsfraktion konnte den Brigadegeneral a. D. Rainer Meyer zum Felde als Referent begrüßen. Er lieferte Dank seiner Expertise als ehemaliger sicherheitspolitischer Berater und Vertreter der deutschen NATO-Botschaft einen spannenden Beitrag. Meyer zum Felde verfügt weiterhin über Erfahrungen als Senior Fellow am Institut für Sicherheitspolitik in Kiel, als Landesvorsitzender Niedersachsen und Bremen der Gesellschaft für Sicherheitspolitik sowie Leiter vom Regionalkreis Berlin und Ost der Clausewitz-Gesellschaft.

 

Rückbesinnung

Meyer zum Felde lieferte eine Analyse der aktuellen politischen Situation. So sei Putins Russland derzeit eher ein Gegner, kein Partner. Seit März 2014 habe sich das Land als revisionistische Großmacht und potenzielle militärische Bedrohung der NATO bzw. von Europa erwiesen. Auch China sei ein Systemrivale, dort sei ebenfalls kein demokratischer Wandel erkennbar. Eine strategische Zusammenarbeit von Russland und China, sowie die ungewisse Lage in Syrien, dem Iran und Nordkorea könne sich unter Umständen zu einer anti-westlichen Allianz entwickeln.

Auch schützten die USA Europa nicht mehr unkonditioniert. Dazu komme, dass die EU (noch) kein geopolitischer Akteur auf Augenhöhe sei. Großbritannien hätte sich mit dem Brexit selbst ins „Aus“ manövriert. Frankreich sei zwar führungswillig, besäße allerdings keine Ressourcen. Deutschland habe letzteres, dafür jedoch keinen Führungswillen.

Meyer zum Felde betonte, man müsse Gegner durch Diplomatie, militärische Qualität, Rüstung, Wehrformen und Operationsführung „outperformen“. Das bedeute, dass sich die Bundeswehr auf altbewährte Prinzipien rückbesinnen müsse. Ein Plan wäre, die Abschreckung wieder herzustellen, um keinen Krieg vorbereiten und Führen zu müssen. Die zivil-militärische Gesamtverteidigung habe im eigenen Land regelmäßig Verfahrensübungen zum „Übergang Frieden-Krise-Krieg“ einzuüben. Die Wehrstruktur solle revidiert werden. Eine Wehrpflicht sei unverzichtbar, so der Referent. Er empfahl weiterhin, die Bundeswehr auf mindestens 250.000, maximal jedoch auf 370.000 Kräfte auszubauen.

 

Konsequenzen

Die Konsequenzen der US-Präsidentenwahl könnten für die deutsche Verteidigungspolitik sein, das Deutschland eine Co-Führungsrolle in der Allianz mit entsprechenden Lasten übernehme, an der Absicherung eines möglichen Waffenstillstands in der Ukraine teilnehme, sowie als Teil von Europa konventionelle Abschreckung und Verteidigung, und eine erweiterte nukleare Abschreckung aufrechterhalte, da sich die USA ggf. auf China fokussieren könne.

NATO-Streitkräfte für Deutschland müssten über das bisherige Maß hinausgehen. Die Schwerpunkte der Erwartungen an die Bundeswehr sollten sich auf die Luftverteidigung konzentrieren, weitreichende Präzisionswaffen müssten angeschafft, Munitions- und Ersatzteilbevorratung für eine längerfristige Durchhaltefähigkeit erhöht werden. Die Steigerung des Verteidigungshaushalts gehe, so der Referent, perspektivisch von 80 auf 100 bzw. 120 Milliarden Euro, von 2 Prozent in Richtung 2,5 Prozent bis 3 Prozent des BIP.

 

Sprudelwasser statt Schampus

Vorab hatte die hiesige CDU-Kandidatin für die kommenden Bundestagswahlen, Vanessa-Kim Zobel, ihre drei Kernthemen Finanzen, Verteidigung und Wirtschaft vorgestellt. Unser Land stehe vor großen Herausforderungen, so die stellvertretende Bürgermeisterin von Bremervörde. Der Krieg in der Ukraine sei eine Zeitenwende für die Bundeswehr. Die Wirtschaft schrumpfe beständig, es gebe einen Fachkräftemangel und Milliardenlöcher im Bundeshaushalt. Dazu kämen täglich neue Hiobsbotschaften, wie eine drohende Werksschließung bei VW und Jobwegfall bei Thyssen-Krupp. Im Klartext bedeute das, „die Party ist vorbei.“ Als Bankkauffrau sage sie, Steuern müssten „rauf“, oder die Schuldenbremse weg. „Wenn ich über meine Verhältnisse lebe, kann ich auch nicht ständig den Dispositionskredit erhöhen.“ Nach fünfzehn Jahren Saus und Braus müsse man den Gürtel jetzt enger schnallen: „Sprudelwasser statt Schampus.“ Eine Schuldenbremse dürfe nicht zur Investitionsbremse werden. Ihr Ehemann sei Soldat. Wenn er ihr beispielsweise beim Abendessen erzähle, dass er und seine Kameraden in Afghanistan in Notfällen auf amerikanische Unterstützung angewiesen waren, „dann wird mir schlecht“. „Deshalb habe ich zu meinem Mann gesagt, wenn ich in den Bundestag gewählt werde, dann will ich dafür sorgen, dass Du und Deine Kameraden gut ausgerüstet seid - und zwar für jeden Fall.“

Klar sei auch, dass der Staat in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage Anreize schaffen müsse: „Aber, ihr Lieben, diese Anreize heißen nicht Bürgergeld und soziale Hängematte. Wir müssen die richtigen Anreize setzen, damit sich Leistung wieder lohnt.“


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