

Man kann mich wohl als Hochleister beschreiben. Wenn mein Terminkalender überquoll, war ich in meinem Element. Ich habe Projekte angeschoben, Aufgaben gestemmt, Probleme gelöst – während andere längst die Segel gestrichen hätten. Nein sagte ich nie. Egal, ob Emotional aufgeladen, beruflich überfordert, oder persönliche Belastungen wie Krankheiten und Todesfälle: Ich habe funktioniert. Über lange Zeit. Und nie gefragt, ob das eigentlich noch gesund ist. Bis mein Körper irgendwann den Stecker zog.
Das Gläschen Wein zur Entspannung schien irgendwann „normal“. Zum besseren Schlafen verhalf es nur in der ersten Zeit. Dann Burnout. Ich hätte damals einfach weitergemacht, habe kaum verstanden, was mit mir geschieht. Erst heute – viele Jahre später, mit meinem Wissen als Stress- und Burnout-Coach und den Erfahrungen aus Therapie und Weiterbildungen – erkenne ich, was damals passiert ist.
Unser Körper ist ein Wunderwerk. Er passt sich an. Über lange Zeit. Wie bei unseren Vorfahren: Das Mammut musste erlegt werden, der Kampf mit dem Säbelzahntiger war überlebenswichtig und wir wachsen über uns hinaus. Nur: Nach dieser Hochleistung kam immer die Ruhephase. Die Regeneration. Und genau das habe ich übersehen.
Erholungszeit nach Stress ist nicht optional – sie ist überlebensnotwendig. Bleibt sie aus, bleibt das Stress-Cocktail aus Cortisol, Noradrenalin und Adrenalin in unserem System. Und richtet dort langfristig Schäden an.
Heute weiß ich: „Süßes Nichtstun“ ist kein Luxus, sondern Pflicht. Das Sprichwort „Wer rastet, der rostet“ ist ein Relikt vergangener Generationen – falsch. Das Gegenteil ist wahr: Nur wer ruht, kann leisten.
Wie stark jemand auf Stress reagiert, hängt auch von der Prägung ab – Familie, Umfeld, persönliche Geschichte. Resilienz, dieses oft bemühte Modewort, beschreibt genau das: Wie widerstandsfähig bin ich? Wie schnell bringt mich etwas aus dem Gleichgewicht?
In meinen Bildungsurlauben beobachte ich immer wieder: Egal, ob Führungskraft, Angestellte oder Familienmanager – Leistungsdruck, ständige Erreichbarkeit, Social Media und Zukunftssorgen gehören zu den Haupt-Stressoren unserer Zeit. Viele Menschen merken dabei nicht einmal, was genau sie so unruhig, müde oder gereizt macht.
Deshalb mein ganz persönlicher Tipp: Führen Sie ein Stress-Tagebuch. Mindestens 14 Tage lang – mit Uhrzeit, Auslöser, Gefühl und Reaktion. Es ist ein einfacher, aber wirkungsvoller Einstieg in die Selbstreflexion. Und der erste Schritt zurück zu mehr Gelassenheit und Gesundheit
Sandra Fricke ist Sucht- und Stress-Coach, Yogalehrerin und Schlafberaterin.