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Kein direkter Zugang für Betroffene

Niedersachsen/Berlin (eb). Der Flüchtlingsrat Niedersachsen fordert Änderungen im Aufnahmeprogramm für Afghaninnen der Bundesregierung.

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen kritisiert die Zugangsbeschränkungen beim Aufnahmeprogramm für gefährdete Personen aus Afghanistan.

Die Bundesregierung hat auf einer eigens eingerichteten Website kürzlich bekannt gegeben, dass das Bundesaufnahmeprogramm für gefährdete Afghaninnen startet. Das bereits im Koalitionsvertrag angekündigte Programm soll insbesondere Menschen begünstigen, die ihre Gefährdung überzeugend darlegen können. Dazu wurde ein Online-Tool entwickelt, das über 100 Fragen umfasst und neben Personendaten auch medizinischen Behandlungsbedarf, Lebensumstände, tätigkeitsbezogene Gefährdungen, Vulnerabilität aufgrund von Geschlecht, Religionszugehörigkeit, sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität sowie Deutschlandbezug und Integrationsprognose abfragt. Die Angaben sollen, soweit möglich, mit Dokumenten belegt werden.

Laut der FAQs sind nur „meldeberechtigte Stellen“ dazu befugt, gefährdete Personen zu erfassen. Diese „meldeberechtigten Stellen“ sollen selbst darüber entscheiden, ob sie sich überhaupt als solche zu erkennen geben. Zunächst sollen ausschließlich Eingaben bearbeitet werden, die dem Auswärtigen Amt bereits vorliegen. Eine individuelle Bewerbungsmöglichkeit für Einzelpersonen besteht laut der FAQs derzeit hingegen nicht.

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen kritisiert dieses Verfahren scharf: „Das Aufnahmeprogramm bietet derzeit weder für gefährdete Personen in Afghanistan noch für in Deutschland lebende Menschen, die Angehörige in Afghanistan haben, eine Perspektive. Es bräuchte eine Option der eigenständigen digitalen Antragstellung und eine zentrale Stelle, an die sich Betroffene bei Fragen wenden können.“ Das Programm sei exklusiv, intransparent und setze Verbindungen zu großen Organisationen voraus. Darüber hinaus ist unklar, wie viele Menschen überhaupt aufgenommen werden.“, so Annika Hesselmann vom Flüchtlingsrat Niedersachsen.

 

Flüchtlingsrat fordert direkten Zugang für Betroffene

 

Der Flüchtlingsrat Niedersachsen fordert einen fairen und gleichberechtigten Zugang zum Aufnahmeverfahren auch für betroffene Afghaninnen. Den FAQs der Bundesregierung ist zu entnehmen, dass Organisationen sich nur dann darauf bewerben können, meldeberechtigte Stellen zu werden, „wenn sie im Rahmen der im August 2021 erfolgten Evakuierungen aus Afghanistan bzw. den laufenden Aufnahmen aus Afghanistan mit dem Auswärtigen Amt zusammengearbeitet haben oder zwischen 2013 und 2021 eine finanzielle Unterstützung zur Umsetzung von zivilgesellschaftlichen Projekten in Afghanistan aus dem Haushalt des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erhalten haben.“ Das beudete, dass nicht nur die allermeisten NGOs, sondern auch Wohlfahrtsverbände und Migrationsberatungsstellen diese Möglichkeit nicht erhalten würden, so der Flüchtlingsrat Niedersachsen.

„Beschränkungen des Zugangs zum Bewerbungsverfahren und weitere Verzögerungen bei der Umsetzung des Aufnahmeverfahrens gefährden die Betroffenen und sind nicht hinzunehmen“, sagt Annika Hesselmann. Aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken geht hervor, dass mehr als 30 Menschen verstorben sind, während sie auf die Evakuierung warteten. „Zwar scheint die Organisation der Ausreisen mittlerweile besser zu laufen, als noch zu Beginn des Jahres, aber bis Aufnahmezusagen erteilt werden, vergehen teilweise Monate.“

 

Ortskräftereform steht noch aus

 

„Auch die von uns geforderte Reform des Ortskräfteverfahrens ist noch immer nicht beschlossen“, kritisiert der Rat. Weiterhin erhielten nur diejenigen eine Aufnahmezusage, die nach Ende 2012 in einem direkten Anstellungsverhältnis standen (z.B. als Dolmetscher.in bei der Bundeswehr). Dies schließe Menschen aus, die in Subunternehmen für die deutsche Regierung tätig waren oder Honorarverträge hatten. Menschen, die bei der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) angestellt waren und Projekte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit durchgeführt haben, erhielten nur eine Aufnahmeerlaubnis, wenn sie zusätzlich glaubhaft machen, dass eine individuelle Gefährdung vorliegt. „Diese Praxis der Ampel-Koalition fällt weit hinter den Zusagen der ehemaligen schwarz-roten Bundesregierung zurück, wonach Ortskräfte, die ab 2013 beschäftigt waren, ohne weitere Prüfung einer Gefährdung aufgenommen werden sollten“, sagt Maryam Mohammadi.


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