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Hoffnung auf ein besseres Leben spenden

Osterholz-Scharmbeck. Romakinder leben in Rumänien als Folge von Antiziganismus in absoluter Armut. Eine Osterholzerin sammelt 100 Schulranzen für sie, damit sie zur Schule gehen können.

Armut, Hunger und Elend mitten in Europa. Das sind die unmittelbaren Folgen des grassierenden Antiziganismus: des Rassismus gegen Sinti und Roma. In Rumänien leben ca. ein bis zwei Millionen Roma. Die meisten davon in Armut an den Stadtgrenzen. Berrit Camin aus Osterholz-Scharmbeck versucht, ihnen zu helfen.
Während wir überlegen, was es heute zum Mittagessen gibt, fürchten Romakinder in Siebenbürgen, Rumänien, dass sie nichts zu essen bekommen. Doch es mangelt ihnen nicht nur an Essen, sondern an fast allem. Das ist ein Teufelskreis. Weil sie rassistisch aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden, leben sie in Armut. Und weil sie arm sind, keine vernünftige Kleidung oder Schulsachen besitzen, verwehrt man z. B. den Kindern den Zugang zur Schule.
 
Kinderhilfe für Siebenbürgen
 
Der Verein „Kinderhilfe für Siebenbürgen e. V.“ hilft mittlerweile seit 18 Jahren Romafamilien, die, von der Gesellschaft verstoßen, in menschenunwürdigen Verhältnissen leben müssen. Die Initiative hat es sich zur Aufgabe gemacht, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Sie sammeln Lebensmittel- und Geldspenden, organisieren Patenschaften und ermöglichen mit Spendengeldern den Zugang zur Bildung. Mit dieser Unterstützung möchte der Verein bei den Kindern neuen Lebensmut wecken und auch ihre Eltern von der Lethargie befreien, der sie im Laufe der perspektivlosen Jahre verfallen sind.
Eine Unterstützerin der Kinderhilfe ist Beritt Camin aus Osterholz-Scharmbeck. Mit Sach- und Geldspenden hilft sie dem Verein nun schon seit drei Jahren. Insgesamt hat sie bereits 100 gebrauchte Schulranzen privat organisiert und mit sämtlichen Schulsachen gefüllt. Die man für den Schulalltag braucht. Die befüllten Ranzen hat sie eigenständig nach Stapelburg gebracht, einem Ortsteil im Harz. Von dort organisiert der Verein die Lieferung nach Rumänien, nachdem die Spenden sortiert wurden.
 
100 Schulranzen
 
Vor einigen Jahren sei Camin durch einen Beitrag im Fernsehen auf das Projekt aufmerksam geworden. Da sie als ehemals alleinerziehende Mutter selber wisse, wie es sich anfühlt, wenn man zweimal überlegen muss, für was man sein Geld ausgibt, habe sie beschlossen, anderen Menschen in Not zu helfen. „Wie viel Arbeit das in Stapelburg sein muss. Da habe ich mich gefragt, wie ich helfen kann.“ berichtet sie. In der Facebook-Gruppe des Kinderhilfe-Vereins habe sie gesehen, dass jeder seine ganz eigenen Einfälle einbringe, um das Projekt zu unterstützen. Eine Frau organisierte beispielsweise einen Flohmarkt, andere sammelten Schulsachen. Inspiriert durch das Engagement der Facebook-Gruppe kam dann auch Beritt Camin die Idee, Schulranzen zu beschaffen. „Wenn andere es schaffen, so viele Ranzen zu organisieren, schaffe ich das auch. Zuerst wollte ich das nur für mich behalten und niemandem davon erzählen, dass ich wirklich plane, 100 Ranzen zu besorgen“ erzählt Camin. Nachdem sie dann die Schulsachen selber besorgt und teilweise gespendet bekommen hatte, kam sie am Ende tatsächlich auf 100 gefüllte Schulranzen.
 
Im Stich gelassene Familien
 
Vor Ort in traf sie auf die Familie von Jenny Rasche. Sie setzt sich seit Jahren für die Unterstützung von Romafamilien ein, lebt mittlerweile selbst in Rumänien und organisiert den Transport der Spenden nach Siebenbürgen. 2002 hat sie den Verein „Kinderhilfe für Siebenbürgen e. V.“ gegründet. In Siebenbürgen werden die gesammelten Spenden an die armen Familien verteilt, die von der Regierung im Stich gelassenen werden. „Ein Mensch sucht sich ja schließlich nicht aus, wo er geboren wurde“, sagt Camin. Deshalb habe keiner das Recht, diese Menschen aufgrund ihrer Herkunft zu verurteilen oder schlechter zu behandeln.
 
Corona verschlimmert das Leid
 
Alle Familien in Siebenbürgen verbinden tragische Schicksale. Es gibt viele Kinder, die ohne ihren Vater aufwachsen. Die alleinerziehenden Mütter sind dann meist mit der Situation überfordert oder sterben selber früh. An ihre Stelle treten die ältesten Geschwister, die sich um ihre kleinen Brüder und Schwestern kümmern müssen. Eine Last, die kein Kind in so jungen Jahren tragen sollte. „Die meisten wünschen sich nur ein Dach über dem Kopf, damit sie nicht frieren“, berichtet Beritt Camin. Das größte Ziel der Organisation sei es, dass sich die Kinder gewollt und wertgeschätzt fühlen. Ein Gefühl, was sie vom Rest der Bevölkerung nicht erfahren. Neben dem alltäglichen Leid, was die Romafamilien ertragen müssen, haben sie zudem nun auch seit einigen Monaten mit der Corona-Krise zu kämpfen. Der Virus geht um die Welt und macht auch vor den Familien in Rumänien keinen Halt. Zu Beginn der Pandemie hatten sogar einige Rumänen behauptet, der Virus ginge von der Romabevölkerung aus. „Die Romafamilien wurden teilweise nicht aus ihren Lagern herausgelassen. Hätte die Organisation nicht die Zulieferung von Nahrung gewährleistet, wären viele Menschen einfach verhungert“, erzählt Camin.
 
Arme Kinder sind Verlierer der Coronakrise
 
Auch wenn die Krise hierzulande Unsicherheiten auslöse und die Einschränkungen nerven - die Kinder in Siebenbürgen seien die weitaus größeren Verlierer der Krise, da sie nahezu nichts haben. Kaum Essen und Trinken, nur selten ein Dach über dem Kopf, keine medizinische Versorgung und keinen Schutz vor dem Virus.
Jeder könne etwas tun, um den Kindern in Rumänien zu helfen, so Camin. Brauchbare Sachen können gespendet oder bei großen Mengen direkt nach Stapelburg gebracht werden. Alles, was nicht mehr gebraucht werde, würde schon helfen, erklärt auch Camin. Man kann sich in der Facebook-Gruppe informieren und engagieren, Patenschaften übernehmen und selbst kleine Geldspenden können schon vieles bewegen, um den Kindern in Siebenbürgen einen Zugang zu Bildung und eine Chance auf ein besseres Leben zu verschaffen.
Es gehe nicht darum „Geschenke“ zu machen, sondern die Kinder zu motivieren, sich später selber zu helfen. Hilfe zur Selbsthilfe. „Manchmal habe ich das Gefühl, wir leben auf den Kosten anderer. Man sollte immer schauen, ob man noch woanders helfen kann. Schauen, ob jemand noch unglücklicher ist“, sagt Beritt Camin abschließend. Denn schließlich habe jeder Mensch eine Chance verdient. Unabhängig davon, wo er herkommt und was er ist.
Wer Spenden und weitere Informationen möchte, kann sich direkt an Frau Camin unter der Mailadresse beritt.camin@icloud.com wenden oder die Seite des Kinderhilfevereins unter www.roma-kinderhilfe.de besuchen.


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