Gnade zu Weihnachten
Zu den entsprechenden Gnadenerweisen hatte Justizministerin Barbara Havliza die Staatsanwaltschaften zuvor ermächtigt.
Den insgesamt 57 Gefangenen aus zwölf Justizvollzugsanstalten und der Jugendanstalt Hameln bleiben insgesamt 1.056 Hafttage erspart. Die Betroffenen wären regulär in der Zeit zwischen Anfang Dezember und Anfang Januar entlassen worden. Durchschnittlich werden durch die Gnadenentscheidungen gut 18 Tage Haft erlassen.
Die Entlassungen verteilen sich gleichmäßig über das Land: Acht Gefangene wurden jeweils aus den Anstalten in Meppen und Sehnde entlassen, sieben aus der Anstalt für Frauen in Vechta und jeweils sechs aus Bremervörde, Hannover und Lingen.
Gnade an Bedingungen gebunden
Ein Gnadenerweis vor Weihnachten ist in Niedersachsen nur unter engen Voraussetzungen möglich: Die restliche Haftzeit darf noch maximal einen Monat betragen und das Verhalten muss beanstandungsfrei gewesen sein.
Wer möchte, kann die Gnade ablehnen. Das ist auch in diesem Jahr wieder vorgekommen: Zwei Gefangene aus Wolfenbüttel sowie jeweils ein Gefangener aus Oldenburg und Rosdorf haben auf eine Entlassung vor dem Weihnachtsfest verzichtet.
Die Weihnachtsgnade wird in Niedersachsen seit 1999 praktiziert. Sie beruht auf Erwägungen der Resozialisierung. An einem Familienfest wie Weihnachten soll eine Zusammenkunft im Familienkreis nicht unmöglich gemacht werden, wenn die reguläre Haftentlassung ohnehin einige Tage später erfolgen wird. Das gemeinsame Erleben der Feiertage wird als hilfreich für einen neuen Start zur Jahreswende angesehen. Die Entlassung ab Anfang Dezember eröffnet zudem die Möglichkeit, wichtige Behördengänge noch im alten Jahr zu erledigen.
Wichtig: Die „Weihnachtsgnade“ ist keine „Weihnachtsamnestie“. Während bei einer „Gnade“ stets eine Einzelfallentscheidung erfolgt, wirkt eine Amnestie über Einzelfälle hinaus für ganze Gruppen.
Weihnachtsprogramm im Justizvollzug
Rund 4.500 Menschen müssen die Feiertage jedoch in den Vollzugsanstalten des Landes verbringen. Hunderte Bedienstete des Landes Niedersachsen müssen zudem über die Feiertage ihren Dienst versehen.
Doch Justizministerin Barbara Havliza ist sich sicher, dass die Bediensteten nicht nur für Sicherheit, sondern „auch dafür sorgen, dass in den Gefängnissen weihnachtliche Stimmung herrscht.“
Alle Anstalten bieten am 24. Dezember Gottesdienste an. Weitere Gottesdienste folgen am 1. und 2. Weihnachtsfeiertag, pandemiebedingt jedoch nur in kleineren Gruppen und unter Einhaltung der allgemeinen Abstands- und Hygienevorschriften.
In vielen Anstalten steht zu Heiligabend Kartoffelsalat mit Würstchen auf dem Speiseplan. Teilweise wird auch gemeinsam gekocht oder gebacken. An den Weihnachtsfeiertagen bereiten die Anstaltsküchen überwiegend klassische Gerichte zu, z. B. Wildgerichte oder Ente mit Rotkohl und Klößen.
In einigen Anstalten werden „Weihnachtstüten“ mit Lebens - und Genussmittelen (z. B. Obst, Kaffee, Tee, Süßigkeiten, Tabak) an Gefangene ausgegeben. Diese werden teilweise von der Justizvollzugsanstalt, teilweise auch von Ehrenamtlichen, Vereinen oder von der Seelsorge beschafft. Mehrere Anstalten verteilen weihnachtliches Gebäck oder Süßigkeiten an alle Gefangenen.
Die regulären Arbeitsbetriebe sind über die Weihnachtstage geschlossen. Es arbeiten nur wenige Gefangene, zum Beispiel in den Küchen.
In der JVA Uelzen hatten inhaftierte Väter wieder die Möglichkeit, eine CD mit von ihnen vorgelesenen Märchen oder Geschichten und dazu passender Geräuschkulisse aufzunehmen und diese als Weihnachtsgeschenk an die Familie zu senden.
In der JVA Bremervörde erhalten die Väter in der Gruppe „Vater sein in Haft“ durch eine Förderung des Fördervereins in Kooperation mit dem Verein Engelbaum e. V. die Möglichkeit, ihren Kindern ein Weihnachtsgeschenk im Wert von ca. 10 bis 15 Euro zu schicken.
Im Rahmen der Freizeitgruppe „Schreibzelle“ in der Jugendanstalt Hameln (Inhaftierte schreiben und sprechen über Lyrik, Kurzgeschichten etc.) haben die Gefangenen 100 Weihnachtsgrußkarten gebastelt und mit Weihnachtsgrüßen versehen. Die Grußkarten gehen an Pflege- und Senioreneinrichtungen und werden dort an Bewohner:innen verteilt, die keine Weihnachtspost oder keinen Besuch erhalten.