Lion Immoor

Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen

Mit leuchtenden Mahnzeichen, breiter Beteiligung und zahlreichen Aktionen zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November zeigt die Region, wie dringend Schutz, Aufklärung und Solidarität angesichts der steigenden Fallzahlen gebraucht werden.

Die Gleichstellungsbeauftragten der Gemeinden des Landkreises OHZ.

Die Gleichstellungsbeauftragten der Gemeinden des Landkreises OHZ.

Bild: Limo

Gewalt gegen Frauen wird in unterschiedlichen Formen von Männern ausgeübt. Körperliche oder sexuelle Gewalt – bis hin zum Femizid, aber auch verbale Gewalt, die für die Gesellschaft oft unsichtbar bleibt. Allein in Deutschland ist jede dritte Frau im Laufe ihres Lebens von physischer oder psychischer Gewalt betroffen.

In Niedersachsen starben im vergangenen Jahr 29 Frauen im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt, über 3.300 wurden schwer oder gefährlich verletzt. Die Zahlen im Landkreis Osterholz zeigen, dass es auch hier zu immer mehr Übergriffen kommt. So fielen im Jahr 2023 über 300 Frauen häuslicher Gewalt zum Opfer – rund 25 Prozent mehr als noch im Jahr zuvor. Um auf die erschütternden Zahlen aufmerksam zu machen und Solidarität mit betroffenen Mädchen und Frauen auszudrücken, nehmen die Osterholzer Ortschaften auch dieses Jahr wieder an der UN Women-Aktion „Orange the World“ teil.

Aktionen im Landkreis Osterholz

Am 25. November, dem internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, setzen alle sieben Gemeinden gemeinsam ein starkes Zeichen. „In den Rathäusern und im Kreishaus werden orangene Fahnen gehisst, an vielen Orten orangene Stühle aufgestellt“, erklärt Katja Lipka, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises. Mit den unterschiedlichen Stühlen mache man auf die Facetten der Gewalt gegen Frauen aufmerksam und biete einen Anlaufpunkt für Betroffene.

Unter dem Motto „Hier ist kein Platz für Gewalt gegen Frauen“ ist jeder Stuhl mit Infomaterial und dem bundesweiten Hilfetelefon 116 016 versehen. Unter der Nummer werden Betroffene aller Nationalitäten 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr unterstützt. Die Nummer finden Käufer:innen am Aktionstag auch auf den Brötchentüten der Bäckereien Rolf, Behrens, Marquardt und Beckmanns, für die Gewalt „nicht in die Tüte“ kommt.

Mehr Sichtbarkeit schaffen am „Orange Day“ auch die Osterholzer „Omas-gegen-Rechts“, die von 10.30 bis 12.30 Uhr auf dem Marktplatz an einem Aktionsstand informieren. In der Gemeinde Lilienthal lasse man noch das Rathaus, das alte Amtsgericht und das Kulturzentrum Murkens Hof in orangenen Lichtern erstrahlen, so Lilienthals Gleichstellungsbeauftragte Christina Weiland.

Erpressung durch Webcams

Gemeinsam mit ihren Kolleginnen verteilt Weiland am Dienstag, 25. November, Sicherheitsartikel, wie Taschenalarme, Pfeifen und Webcam-Cover, die vorm Angriff im Netz schützen. Ein heikles Thema, dem sich die Gleichstellungsbeauftragten um Katja Lipka zuletzt intensiver widmeten. „Das heimliche Beobachten oder Abhören per Webcam endet nicht selten mit digitaler Erpressung – auch hier im Landkreis“, weiß Ritterhuderin Andrea Vogelsang. Fremde Fotos oder Videos, die plötzlich auf dem Handy auftauchen, oder ein Blitz, der von selbst auslöst, seien oft schon erste Anzeichen für eine mögliche Fremdeinwirkung. Vor körperlichen Angriffen soll derweil der Schrillalarm schützen, den die Gleichstellungsbeauftragten meist an Mitarbeiterinnen im Außendienst verteilen und teilweise verlosen. Diese werden sowohl aus den Budgets der Gleichstellungsbeauftragten als auch aus Fördergeldern finanziert.

Mit einem polizeibegleiteten Selbstverteidigungskurs und einer Lesung im September wurde in diesem Jahr bereits auf das Thema aufmerksam gemacht.

Auf Probleme aufmerksam machen

Mit seinen Schutzwohnungen liege der Landkreis zwar grundsätzlich gut, „bisherige Anlaufstellen mit Frauenhäusern und ähnlichen Hilfseinrichtungen zu kombinieren, wäre dennoch sinnig“, findet Grasbergerin Evelin Meyer. Man müsse möglichst versuchen, dort Lücken zu schließen, wo Unterstützungsangebote fehlen. Auf diese und ähnliche Problemlagen sollen nun die gehissten Fahnen und orangenen Stühle hinweisen.

Gesammelt hat sie der Abfallservice Osterholz, bemalt wurden die Vierbeiner von der Produktionsklasse der BBS. In Osterholz stehen sie im Kreishaus-Foyer und im Rathaus; zusätzlich habe man über der Bahnhofstraße ein großes Banner aufgehängt, berichtet Melanie Zylka, Gleichstellungsbeauftragte der Kreisstadt. In Grasberg sind die Stühle unter anderem an der Volksbank, der Sparkasse und bei der Bücherei zu sehen. So auch in Lilienthal, wo weitere Anlaufstellen an der Volkshochschule und dem Konventshaus stehen.

„In Schwanewede stehen Stühle am Filmpalast, im Rathaus und ganzjährig in der Begegnungsstätte“, ergänzt Dörthe Kleppe. Worpswede hat seine Infopunkte beim Hallenbad, der Buchhandlung Netzel und an der Touristeninformation. Und auch Ritterhude macht mit: Hier stehen die orangenen Hinweisgeber in zahlreichen Schulen und Außenstellen des Rathauses.

Aktionen im Landkreis Rotenburg

Im Landkreis Rotenburg möchte man ebenfalls über Gewalt gegen Frauen aufklären, aufmerksam machen und Betroffenen Schutz und Unterstützung bieten, um neue Wege zu gehen. Gleichstellungsbeauftragte Katja Wesse entwickelte hier die Idee zu einer Aktionswoche, die sie in diesem Jahr – gemeinsam mit Kolleginnen anliegender Gemeinden – umsetzt. „Durch die Zusammenarbeit vieler engagierter Personen ist ein interessantes und abwechslungsreichen Programm entstanden. Eingeladen sind alle, die sich angesprochen fühlen – unabhängig vom Geschlecht“, erklärt Wesse. Zwischen dem 19. November und 2. Dezember können Interessierte die Veranstaltungen kostenfrei besuchen.

Am Haupttag, Dienstag, 25. November, wird im gesamten Kreisgebiet die Aktion „Stolpersteine“ durchgeführt. Dabei werden 392 Steine besprüht, die auf die 392 bekannten Fälle von häuslicher Gewalt im Landkreis aufmerksam machen sollen. Verschiedene Akteure beteiligen sich an dieser Aktion.

In Zeven wird es am 25. November von 16.30 bis 18.30 Uhr eine Kundgebung auf dem Marktplatz unter dem Titel „Zeichen setzen gegen Gewalt“ geben und in Scheeßel informiert Björn Süfke um 19 Uhr im Rathaus über „Jungen und Männer zwischen Gleichstellung und traditioneller Männlichkeit“.

Aktionen über den Tag hinaus

Am Mittwoch, 26. November, wird auch in der Stadt Rotenburg (Wümme) eine Kundgebung veranstaltet. Um 17 Uhr treffen sich die Organisatoren der Kundgebung – die Landfrauen und die Gleichstellungsbeauftragten der Stadt – mit allen Interessierten am Pferdemarkt, um über den Aktionstag zu informieren. In Rotenburg wird zudem am Samstag, 29. November, von 10 bis 13 Uhr ein kostenloser Selbstverteidigungskurs angeboten.

Auch im Dezember wird das Thema noch präsent behandelt. Am Dienstag, 2. Dezember, wird in Sottrum um 18 Uhr im Heimathaus der Film „Die Ungehorsamen“ gezeigt. Im Anschluss findet ein Austausch mit der Polizei Rotenburg, dem Weissen Ring und der BISS statt.

Thema braucht Aufmerksamkeit

An der Aktion „Gewalt kommt nicht in die Tüte“ beteiligen sich, wie auch im Landkreis Osterholz, die Bäckereien im Landkreis Rotenburg. Mit den aufgedruckten Kontaktdaten von Hilfsangeboten wird das Thema beim täglichen Einkauf in den Blick gerückt.

„Das Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen beschäftigt uns leider auch in unserem Landkreis nach wie vor“, sagt Landrat Marco Prietz. „Mit Einrichtungen wie dem Frauenhaus und der Beratungsstelle BISS schafft der Landkreis Anlaufstellen, die Betroffenen Schutz und Unterstützung bieten, um neue Wege zu gehen. Mein Dank gilt allen Gleichstellungsbeauftragten und den Landfrauen, die mit großem Einsatz dieses vielfältige Programm auf die Beine gestellt haben.“

Der Landkreis betritt zudem Neuland im Format der Vermittlung - im Rotenburger Kreishaus wurde ein Escape Room zum Thema errichtet, der die Heranführung an das Thema Gewalt gegen Frauen niedrigschwellig für Schülerinnen und Schüler aufbereitet hat.


UNTERNEHMEN DER REGION

E-PaperMarktplatzStellenmarktZusteller werdenLeserreiseMagazineNotdienst BremervördeNotdienst OHZReklamationgewinnspielformular