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Alfons Volmer

Die Zeit der Entscheidung Soll Worpswede mehr als ein Museumsdorf sein, braucht es Hilfe

Worpswede. Das Künstler:innendorf hat unter der Leitung der Griems ein neues Niveau erreicht. Damit sie es halten können, fordern sie vom Land mehr Unterstützung.

„Wenn Worpswede Künstlerort bleiben und nicht zu einem Museumsdorf werden will, sind unbedingt einige Änderungen erforderlich, damit der Anschluss nicht verpasst wird“, brachte Philine Griem, die seit Mai 2020 zusammen mit ihrem Ehemann Bhima die künstlerische Leitung innehat, gegenüber Minister Björn Thümler die Forderung nach größerer finanzieller Unterstützung des Künstlerhäuser Worpswede e.V. auf den Punkt.
 
Am Limit
 
Der Niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur hat zusammen mit Landtagsabgeordneten Axel Miesner, Bürgermeister Stefan Schwenke und Ortsvorsteherin Anette Faouzi die Künstler:innenhäuser besucht.
Philine Griem führte die Besucher:innen nach einer kurzen Geländeeinweisung an einen liebevoll gedeckten ländlichen Frühstückstisch, wo sie dann beherzt und engagiert ihre Zukunftspläne vortrug. Schwenke sagte vorweg: „Wir wollen auf keinen Fall langsam aber sicher zu einem Museumsdorf werden und die Künstlerhäuser bieten mit Ihrem Programm und Konzept eine sehr gute, wenn nicht sogar einzigartige Gelegenheit, erfolgreich und nachhaltig als Künstlerort zu bestehen.“
Griem formulierte es noch etwas drastischer: „Wir befinden uns hier definitiv nicht in einem Museum, sondern einer Kunstproduktions- und Begegnungsstätte. Auch nach turbulenten Jahren mit zum Teil leerstehenden Ateliers, hoher personeller Fluktuation verbunden mit einschneidenden Organisationsänderungen sowie nicht zuletzt trotz der Pandemie haben wir durch verschiedene engagierte Aktionen den Anschluss an die zeitgenössische Kunstszene wiedererlangen, verbessern und halten können.“ Jetzt habe man aber aus finanziellen Gründen allerdings die Leistungsgrenze erreicht und man müsse sich entscheiden, „ob wir uns auf ein Low-level zurückstufen lassen oder vehement neu durchstarten wollen“, so Griem.
 
Ein notleidendes Dorf unter vielen
 
Der Minister erkannte sofort die rhetorische Frage und antwortete und stimmte ihr zu:„Es ist natürlich gut für die Region und auch das Land, wenn möglichst viele auswärtige Künstler:innen hier in der Fläche tätig werden und dafür sorgen, dass der Gedanke einer parallelen Förderung älterer und zeitgenössischer Kunst zusammen mit dem Worpsweder Flair in die Welt hinausgetragen wird.“
Das ließe sich auf dem neuen Niveau aber nur mit „mit einer Verdopplung der institutionellen Förderung“ einreichen, so Bhima Griem. Es sei dabei auch beabsichtigt, möglichst keine Jahresstipendien mehr en bloc zu vergeben, sondern variabel möglichst mehr Bewerber:innen für bis zu drei Monate aufzunehmen.“ Schwenke ergänzte: „Mit dem Landesbeschluss, ab 2010 nur noch lokale Stipendien anzuerkennen, wurde mit Worpswede einer der wichtigsten Stipendiumsgeber im Bundesgebiet geradezu ausgebremst und auch wenn inzwischen wieder überregionale Gewährungen möglich sind, brauchen wir jetzt Hilfe. Es würde sich für Stadt und Land lohnen, wenn unsere Gastkünstler weiterhin im Herzen ihre Kurzzeitheimat Worpswede nach Hause tragen.“ Thümler verwies darauf, dass es inzwischen viele notleidende Künstler:innenorte gebe und in der Tat wären nun Abwägungen und Entscheidungen darüber fällig, wer und was denn überhaupt noch gefördert werden soll. Zudem sei der Kunstmarkt dauernd in Bewegung, was eine objektive Beurteilung nicht gerade erleichtere. „Es ist aber auch offensichtlich, dass hier ein brauch- und realisierbares sowie zukunftsorientierte Konzept vorliegt.“
 
Noch einmal mit Nachdruck
 
Die Aussage bestätigend ergriff Philine Griem die Gelegenheit zum Schlußplädoyer: „Wir setzen auf Transparenz, Flexibilität, ausgedehnte Kooperation, moderne Vernetzung, Nachhaltigkeit, Ökologie und sensiblen Umgang mit Ressourcen. Bei aller Zukunftsorientierung soll jedoch bereits Erreichtes und Vorhandenes erhalten werden, so wird auch z. B. die Sanierung der Häuser in diesen behutsamen Transformationsprozess mit dem Ziel eingebunden, die Nutzung der fünf Einzelstudios übergreifend für Gruppenarbeiten oder sonstige Zusammenkünfte zu gewährleisten.“
Als ein sichtlich beeindruckter Minister sich dann verabschiedete, drehte sich der große gelbe Kran an der Worpsweder Mühle. Bürgermeister Schwenke reagierte schnell: „Ja, eine weitere Baustelle, es muss eben einiges getan werden für unser schönes Worpswede.“


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