Katja Hofmann

Aufklären, verstehen, vorbeugen

Interview mit Dr. Martin Veitenhansl zum Weltdiabetestag.

Dr. Martin Veitenhansl.

Dr. Martin Veitenhansl.

Bild: Eb

Am 14. November ist Weltdiabetestag. Mit Aktionen und Veranstaltungen soll an diesem Tag auf die Erkrankung und die Situation der Betroffenen aufmerksam gemacht werden. 1991 wurde der Tag ins Leben gerufen – am Geburtsdatum von Frederick Banting, einem der Entdecker des Insulins, das für Millionen Menschen mit Diabetes lebensnotwendig ist.

Der Lions Club Osterholz widmet sich in diesem Jahr besonders dem Thema Diabetes Typ 2. Mit einem Vortrag des Diabetologen Martin Veitenhansl möchte der Club das Bewusstsein für die zunehmende Verbreitung dieser Erkrankung stärken und Wege der Vorbeugung aufzeigen.

Martin Veitenhansl ist Facharzt für Innere Medizin und Diabetologe. Seit 2022 führt er in Osterholz-Scharmbeck die Diabetes-Schwerpunktpraxis. Katja Hofmann hat mit ihm über den Weltdiabetestag und die Bedeutung von Prävention gesprochen.

 

ANZEIGER: Herr Dr. Veitenhansl, wie unterscheidet sich Diabetes Typ 2 von den anderen Typen?

Dr. Veitenhansl: Unter den Formen des Diabetes mellitus ist der Typ 2 mit Abstand die häufigste, wobei neue Untersuchungen gezeigt haben, dass auch Diabetes Typ 2 nicht eine einheitliche Erkrankung ist, sondern es Unterteilungen und Unterformen gibt. Beim Diabetes mellitus Typ 1 herrscht ein Insulinmangel und die medikamentöse Therapie besteht aus Insulingaben – je nach Blutzuckerwert und auch für den Grundbedarf – mittels Spritzen oder Pumpen. Typischerweise tritt diese Diabetesform im Kindes- oder Jugendalter auf, wobei es auch durchaus vorkommen kann, dass Menschen auch im Erwachsenenalter von einem Typ-1-Diabetes betroffen sind. Beim Diabetes mellitus Typ 2 liegt – zumindest am Anfang der Erkrankung – kein Insulinmangel vor, sondern eine eingeschränkte Insulinwirkung, die der Körper zunächst mittels einer höheren Insulinausschüttung durch die Bauchspeicheldrüse zu kompensieren versucht. Dieses Mehr an Insulin führt aber mittelfristig oft zu Gewichtszunahme und damit einer Verstärkung der Insulinunempfindlichkeit.

 

Gibt es neben dem Übergewicht weitere Risikofaktoren? Auf welche Warnsignale sollte man achten?

Auch genetische Faktoren, die nicht beeinflussbar sind, spielen eine Rolle. Anzeichen für eine Diabetes-Erkrankung können zum Beispiel grundlose Abgeschlagenheit, deutliche Durstzunahme und vermehrtes Wasserlassen sein. Auch Veränderungen in der Sehschärfe können Anzeichen eines Diabetes mellitus sein.

 

Warum ist Diabetes Typ 2 so verbreitet – gerade bei jüngeren Menschen?

Ein wichtiger Faktor – wie bereits gesagt bei weitem nicht der einzige – für die Entstehung eines Diabetes mellitus Typ 2 ist Übergewicht und mangelnde Bewegung. Und damit ist nicht explizit Sport gemeint. Durch den sogenannten modernen Lebensstil mit immer weniger Bewegung im Alltag und der Möglichkeit, sich jeden Tag hochkalorisch zu ernähren, nimmt damit auch eine Ursache für die Entwicklung eines Diabetes mellitus Typ 2 zu. Jüngere Personen sind durch ihren hohen Medienkonsum und damit einhergehend noch weniger Bewegung besonders betroffen.

 

Wie wird Diabetes Typ 2 diagnostiziert – und welche Werte sind dabei entscheidend?

Die Diagnose des Diabetes mellitus erfolgt über Blutuntersuchungen: Zum einen ist der Blutzucker an sich wichtig und zum anderen der sogenannte Blutzuckerlangzeitwert, der HbA1c, der Auskunft über den durchschnittlichen Blutzucker der letzten zwei bis drei Monate gibt. Oft wird die Diagnose nahezu zufällig gestellt, wenn bei einer Routineuntersuchung bestimmte Grenzwerte überschritten sind.

 

Wie geht es nach einer Diagnose weiter?

Grundlage der Therapie sind Beratung und Schulung in strukturierten Diabetes-Gruppenschulungskursen. Diese werden beispielsweise in Diabetes-Schwerpunktpraxen von entsprechend ausgebildeten Berater:innen und Schulungskräften durchgeführt. Die Kurse bieten Informationen zu den Grundlagen der Erkrankungen, Kontrollmöglichkeiten und vor allem Ernährung und Bewegung. Zur medikamentösen Therapie stehen heute eine Vielzahl von Tabletten und Spritzen zur Verfügung – nicht ausschließlich Insulin, sondern auch Wirkstoffe, die die Insulinwirkung verbessern und unter dem Begriff „Abnehmspritze“ von sich Reden machen. Die Kombination aus Ernährung, körperlicher Betätigung und Medikamenten lässt für die allermeisten Menschen mit Diabetes ein Leben ohne massive Einschränkungen zu. Die Zeit der Verbote und Vorschriften, wie sie früher den Menschen mit Diabetes gemacht wurden, ist glücklicherweise in der modernen Diabetologie vorüber.

 

Ist auch die Zeit der Vorurteile gegenüber Menschen mit Diabetes vorbei?

Viele Menschen denken immer noch, dass die an Diabetes erkrankten Personen selbst Schuld tragen und durch ein anderes Ess- und Bewegungsverhalten die Erkrankung nicht aufgetreten wäre. Unter anderem um diesen Vorurteilen zu begegnen und über die Krankheit aufzuklären, wurde der Weltdiabetestag ins Leben gerufen. Dafür ist auch mein Vortrag da, der sich – mit der Möglichkeit zur Diskussion – an Interessierte richtet und nicht nur an Betroffene. Ich möchte versuchen, möglichst viele Punkte darzustellen und es wird ausreichend Raum für Fragen geben.

 

Der kostenlose, einstündige Vortrag von Dr. Martin Veitenhansl findet am 12. November um 19 Uhr im Hauptgebäude der Volksbank in Osterholz-Scharmbeck statt.


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