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Lena Stehr

Rettung vor dem Untergang

Einigen Betrieben steht das Wasser schon über dem Hals - helfen sollen 300 Millionen Euro vom Land.

Bild: www.depositphotos.com/wavebreakmedia

Die von der Landesregierung aufgrund der Energiepreissteigerung auf den Weg gebrachte Wirtschaftshilfe für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wird von lokalen Akteuren grundsätzlich begrüßt, es brauche aber langfristigere Lösungen.

Der Krieg in der Ukraine, anhaltende Störungen in der Lieferkette sowie hohe Energie- und Rohstoffpreise belasten die Betriebe im Elbe-Weser-Raum. Laut der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK Stade für den Elbe-Weser-Raum sind nur zwei Prozent der Unternehmen positiv gestimmt. Acht von zehn Betrieben (zuvor: 65 Prozent) rechnen mit einer eher ungünstigeren Geschäftsentwicklung. „In den vergangenen 15 Jahren waren die Betriebe noch nie so pessimistisch“, so der IHK-Hauptgeschäftsführer Christoph von Speßhardt. 87 Prozent der Unternehmen sehen in den Energie- und Rohstoffpreisen das größte Geschäftsrisiko.

Um Arbeitsplätze in Mittelstand und Handwerk zu retten, wie Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies betont, bringt das Land deshalb nun als eines der ersten Bundesländer mit der „Wirtschaftshilfe KMU Niedersachsen“ eine Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen auf den Weg, die besonders hart von den Energiepreissteigerungen betroffen sind. Dafür stehen insgesamt 300 Millionen Euro zur Verfügung, zunächst soll mit 100 Millionen Euro den Unternehmen geholfen werden, deren Energiekosten in 2022 um mehr als das Doppelte gestiegen sind.

 

Auf Hilfe angewiesen

 

„Wir müssen diese Hilfen in Anspruch nehmen, weil wir sonst dieses Jahr nicht überstehen“, sagt Wolfgang Rohde, Inhaber der gleichnamigen Landbäckerei mit Standorten in Gnarrenburg, Beverstedt, Bremervörde und Selsingen mit rund 50 Beschäftigten. Allein der Gasverbrauch in der Backstube habe sich im vergangenen Jahr von 8.000 Euro auf rund 34.000 Euro mehr als vervierfacht. Hinzu kämen noch gestiegene Löhne und Rohstoffkosten. Weil er die Preise erhöhen musste, käme zudem nun weniger Kundschaft als üblich.

Damit Betriebe wie der von Wolfgang Rohde auch wirklich von den Wirtschaftshilfen profitieren können, sei nun entscheidend, dass die Beantragung der Fördermittel unbürokratisch ablaufe und die Liquidität den in Not geratenen Unternehmen schnell zur Verfügung gestellt werde, sagt Philipp Welsch von der Unternehmensförderung der IHK Stade für den Elbe-Weser-Raum. Damit müsse gewährleistet sein, dass der Zeitraum bis zum Greifen der in 2023 anlaufenden Gas- und Strompreisbremsen des Bundes überbrückt werde.

Die NBank - über deren Portal Anträge ab der zweiten Februarhälfte gestellt werden können - sei nun gefordert, in den digitalen Antragsformularen schon während der Antragsstellung auf fehlende Daten hinzuweisen, betont Dr. Volker Müller, Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen. Antragstellende Unternehmen müssten für ihre Planungssicherheit so schnell wie möglich erkennen können, ob sie mit Unterstützung rechnen können.

 

Langfristige Lösungen gefordert

 

Die geplanten KMU Wirtschaftshilfen seien wichtig, sagt der Geschäftsführers der Kreishandwerkerschaft Elbe-Weser, Dr. Jan-Peter Halves. Allerdings sollte ferner ein Wandel und Umdenken für die Sicherung der Ausbildungs- und Arbeitsplätze im Handwerk voranschreiten, damit dieser wichtige Wirtschaftszweig erhalten bleibe. Durch die steigenden Energie-, Gas- und Rohstoffkosten werde es für viele klein- und mittelständische Handwerksunternehmen immer schwieriger, den Anforderungen der jungen Generationen nachzukommen.

Dass es eine langfristige Lösung brauche, meint auch Hanjo Postels vom Wirtschaftsinteressenring Gnarrenburg. Grundsätzlich sei es richtig und gut, dass kurzfristig gerade die energieintensiven Unternehmen unterstützt werden, da diese einen Großteil der Unternehmen in Niedersachsen ausmachen. Das langfristige Ziel müsse aber sein, weniger abhängig von Gas und Öl zu werden.

Ähnlich sieht es auch Dr. Mehrdad Payandeh, Vorsitzender des DGB Niedersachsen. Trotz der sinnvollen Soforthilfen müsse klar sein, dass eine dauerhafte Lösung nur in einer gelungenen Energiewende und sozial-ökologischen Transformation liegen könne. Hierfür brauche es die notwendigen Investitionen in den niedersächsischen Wirtschaftsstandort, so Payandeh.

Kritik kommt vom stellvertretende Vorsitzenden und finanzpolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Ulf Thiele. „Nach den Aussagen eines Ministerialbeamten kommen die Förderkriterien nur für etwa 1.000 Unternehmen infrage. Damit geht das Programm an den allermeisten der über 300.000 kleinen und mittleren Betrieben vorbei“, so Thiele.


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