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Lena Stehr

Hetze bleibt nicht folgenlos

Niedersachsen. Beleidigungen, Hetze und Hass spielen im Internet eine immer größere Rolle. Auch in unserer Region gibt es Opfer von Hatespeech. Doch es gibt auch Möglichkeiten, dagegen vorzugehen.

Seit Jahren nehme die Verrohung der Kommunikation im Internet zu, heißt es in der kürzlich geschlossenen Kooperationsvereinbarung zwischen dem Niedersächsischen Justizministerium, dem Ministerium für Inneres und Sport und der Landesmedienanstalt. Die Vereinbarung soll es Medienunternehmen leichter machen, strafbare Hasspostings zu melden.
 
Hatespeech soll nicht folgenlos bleiben
 
Die Staatsanwaltschaft Göttingen - Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet - hat dafür eine Internetplattform eingerichtet, über die Hasskriminalität auf den Internetpräsenzen niedersächsischer Medienunternehmen zur Anzeige gebracht werden kann. Das gilt etwa für Kommentarspalten auf Nachrichtenseiten, aber auch für die Präsenzen in Sozialen Medien.
Die Botschaft müsse sein: „Hatespeech bleibt nicht folgenlos“, so Justizministerin Barbara Havliza. Wer strafbar hetze, solle merken, dass ein schnell getippter Satz im Netz vor Gericht ein Monatsgehalt und mehr kosten könne.
Von Hatespeech wird gesprochen, wenn Menschen abgewertet, angegriffen werden oder wenn gegen sie zu Hass oder Gewalt aufgerufen wird. Oft sind es rassistische, antisemitische oder sexistische Kommentare, die bestimmte Menschen oder Gruppen zur Zielscheibe haben. Hatespeech ist damit ein Oberbegriff für das Phänomen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit oder Volksverhetzung im Internet und Social-Media-Räumen.
Bei der vor einem Jahr gegründeten Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet (ZHIN) bei der Staatsanwaltschaft Göttingen wurden bisher insgesamt 220 Ermittlungsverfahren geführt. Die meisten Opfer waren Amts- und Mandatsträger:innen. Einen weiteren Schwerpunkt bilden Verfahren, die rassistische und/oder antisemitische Äußerungen zum Gegenstand haben.
 
Hasspostings meistens von rechts
 
Laut Polizei sind die Fallzahlen von Hasspostings in Niedersachsen gegenüber dem Vorjahr um mehr als zehn Prozent gestiegen und es sei mit einem weiteren erheblichen Anstieg zu rechnen. Der überwiegende Teil lasse sich der politisch motivierten Kriminalität -rechts- zuordnen.
Dass Hass und Hetze in einzelnen Fällen in realen Gewalttaten münden können und dass es häufig Rechtsextremist:innen seien, die gezielt Hass im Netz nicht zuletzt auch zu Agitationszwecken verbreiten, darauf verweisen unter anderem auch die Autor:innen des Sammelbandes „Rechte Egoshooter. Von der virtuellen Hetze zum Livestream-Attentat“. Das Netz ermögliche gewissen Menschen, ihre Wahnideen in virtuellen Räumen auszuleben, was ihnen in der realen Welt so nicht möglich wäre und beschleunige rechte Agitation, sagt Mitherausgeber Jean-Philipp Baeck.
 
„Ich weiß, wo du wohnst“
 
Von einer rechten Partei im Internet persönlich bedroht worden ist auch eine Person, die für die Stadt Osterholz-Scharmbeck arbeitet, berichtet Sprecherin Lisanne Matthiesen auf ANZEIGER-Nachfrage. Die Person, der mit dem Satz: „Ich weiß, wo Du wohnst“ gedroht wurde, habe das als sehr bedrohlich empfunden. Seitdem stehe sie auch nicht mehr im Telefonbuch.
Der Landkreis Osterholz habe bislang nur in wenigen Einzelfällen von entsprechenden Einträgen in den Online-Medien Kenntnis erlangt und umgehend reagiert, so Sprecherin Jana Lindemann. Seien Mitarbeiter:innen betroffen, werde eine Löschung der Einträge veranlasst und die rechtlichen Möglichkeiten zum Schutz der Mitarbeitenden geprüft. Hierunter könnten Hausverbote oder in besonders schwerwiegenden Fällen auch Strafanzeigen fallen.
Im Landkreis Rotenburg gebe es „Hin und wieder strafrechtlich bedenkliche Äußerungen, denen nachgegangen wird“, so Sprecherin Christine Huchzermeier.
 
Verbale Anfeindungen auch auf dem Schützenfest
 
Auch der Rotenburger Landratskandidat Marco Prietz ist schon in den sozialen Medien beleidigt worden, wie er dem ANZEIGER mit einem Screenshot belegt. Er versuche, solchen Menschen mit Humor zu begegnen und habe inzwischen ein dickes Fell. „Beleidigungen und Anfeindungen gab es schon immer. Auch am Tresen auf einem Schützenfest werden Sie gelegentlich ohne Vorwarnung verbal angefeindet. Das schockt einen jedes Mal weniger“, sagt Prietz.
Er könne sich aber gut vorstellen, dass sich gerade unerfahrene Kommunalpolitiker:innen durch solche Vorfälle eingeschüchtert fühlen. Deshalb sei es wichtig, dagegen mit den Mitteln des Rechtsstaates vorzugehen.
 
Hilfe für Betroffene
 
Betroffene können sich bei jeder Polizeidienststelle oder über die Online-Wache der Polizei Niedersachsen (www.onlinewache.polizei.niedersachsen.de) melden. Die Polizei rate zudem dringend, die Angriffe im Internet am besten durch einen Screenshot als Beweis zu sichern.


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