Luisa Mersmann

Geschichte im Hier und Jetzt

Denkmäler halten die Geschichte am Leben - auch in unserer Region. Der Tag des offenen Denkmals ist den historischen Stätten und den Menschen, die sich für Erinnerungskultur engagieren, gewidmet.

Bild: Muna Lübberstedt

Landkreis. „Wert-voll: unbezahlbar oder unersetzlich?“: Unter diesem Motto steht in diesem Jahr der bundesweite Tag des offenen Denkmals. Am Sonntag, 14. September, öffnen zahlreiche Denkmäler ihre Türen. Fachleute und Ehrenamtliche rücken historische Bauwerke, Plätze und Erinnerungsorte in den Fokus, die sonst oft im Verborgenen bleiben. Bürger:innen sind eingeladen, den ideellen Wert der Denkmäler neu zu entdecken und sich mit ihrer Bedeutung für Geschichte und Identität auseinanderzusetzen.

Die Idee zum Tag des offenen Denkmals kommt aus Frankreich, wo er 1984 ins Leben gerufen wurde. Seit 1993 wird er auch in Deutschland begangen und gilt als größte Kulturveranstaltung des Landes. Initiiert wurde er von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Ziel ist es, auf die Vielfalt und den Erhalt historischer Bauten aufmerksam zu machen und Bürger:innen einen Blick hinter die Kulissen zu ermöglichen. Jedes Jahr nehmen bundesweit hunderttausende Menschen teil, viele Denkmäler sind nur an diesem Tag öffentlich zugänglich.

 

Mit der Geschichte auseinandersetzen

Auch in den Landkreisen Osterholz und Rotenburg stellen engagierte Menschen besondere Denkmäler vor und laden dazu ein, die Spuren der Vergangenheit neu zu entdecken.

Mit der Geschichte unseres Landes sind die meisten Menschen vertraut. Dass es aber auch bei uns in der Nähe, in Lübberstedt, ein Konzentrationslager gab, wissen nicht alle. In der Außenstelle des KZ Neuengamme zwischen Axstedt und Lübberstedt im Landkreis Osterholz wurden Zwangsarbeiter:innen gefangen gehalten, einige von ihnen fanden dort ihren Tod, wie es auf der Internetseite des Arbeitskreis Muna Lübberstedt e. V. heißt. Harmut Oberstech ist der 2. Vorsitzende des Arbeitskreises und auch der Kassenwart der Stolperstein Initiative Landkreis Osterholz e. V.. Das Muna Mahnmal und die bereits 68 im Landkreis Osterholz verlegten Stolpersteine zeigen für ihn, „dass die NS-Geschichte auch direkt vor unserer Haustür stattfand und uns mahnt, dass sich dies nie wiederholen darf.“ Es gebe nicht mehr viele Zeitzeugen, weshalb es für Oberstech umso wichtiger sei, besonders jungen Menschen einen Anreiz zu bieten, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen.

Durch regelmäßige Führungen, die stets ausgebucht seien, helfe der Arbeitskreis die Erinnerung am Leben zu halten.

 

Nie Wieder

Katharina Hanstein-Moldenhauer ist Mitglied in der Initiative „NIE WIEDER - Erinnern für die Zukunft - Gemeinsam gegen Rechts!“ aus Worpswede. Auch sie setzt sich für die Erinnerungskultur ein. Der zentral im Künstlerdorf gelegene Rosa-Abraham-Platz mit der Gedenkstele für die gleichnamige Worpswederin, die von den Nazis ermordet wurde, hat für Hanstein-Moldenhauer eine besondere Bedeutung. Im Jahr 1942 wurde Rosa Abraham nach Theresienstadt verschleppt und kurz danach in Treblinka ermordet.

Hanstein-Moldenhauer selbst lebt seit 33 Jahren in der Gemeinde und sei froh darüber, dass dies ein Ort sei, in dem „die Naziverbrechen nicht vergessen werden und deren Opfer öffentlich gedacht wird.“ Immer wieder sehe sie Menschen auf den Bänken auf dem Platz sitzen, sich den Text der Stele durchlesen und diesen ihren Kindern erklären. Daran merke sie, dass dieser Ort wichtig für die Menschen sei.

Der Ort vermittelt für sie folgende Botschaft: „Seid Euch der fürchterlichen Verbrechen der Nazis bewusst, vergesst nie deren Opfer und die mutigen Männer und Frauen, die Menschen vor dem Tod gerettet und auch politisch Widerstand geleistet haben.“ Man solle alles Mögliche unternehmen, „dass nie wieder in Deutschland antisemitische, rassistische, Minderheiten bedrohende Politiker:innen der extremen Rechten an die Macht kommen.“

 

Mahnmal gegen das Vergessen

Auch die Gedenkstätte Lager Sandbostel ist ein Denkmal, das an die Kriegs- und Nachkriegszeit in Norddeutschland erinnern soll. „Als ehemaliges Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlager (Stalag X B), KZ-Auffanglager und britisches Zivilinternierungslager für Nationalsozialisten ist sie ein bedeutsamer Erinnerungsort zur Auseinandersetzung mit den Verbrechen des NS-Regimes und den Grausamkeiten des Zweiten Weltkriegs“, erklärt Dr. Hennnig Müller. Er ist promovierter Historiker aus Ober Ochtenhausen und hat 14 Jahre lang an seinem Buch „Die Völkische Bewegung und der Aufstieg des Nationalsozialismus im Elbe-Weser-Raum (1918 bis 1933)“ gearbeitet. Besonders vor dem Hintergrund, dass nur noch wenige Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs am Leben sind, spricht Müller der Gedenkstätte eine wichtige Bedeutung zu. Sandbostel bewahre historische Substanz und Dokumente, mache in Ausstellungen und Gedenkveranstaltungen aber auch zeitgenössische Objekte sind zugänglich.

Die Gedenkstätte sei aber nicht nur ein informativer Ort der Erinnerungskultur. Sie trage auch dazu bei, die Werte von Demokratie, Toleranz und Frieden zu fördern. Gleichzeitig sei sie ein Mahnmal gegen das Vergessen.

 

Kontext ist entscheidend

Hanstein-Moldenhauer spricht Denkmälern eine wichtige Bedeutung zu. „Denkmäler und Denkorte können Aufklärung unterstützen, historisches Bewusstsein stärken, Geschichte und Gegenwart miteinander verbinden und zu Orten des Austauschs zwischen Menschen werden“, erklärt sie.

Erklärende Tafeln zum historischen Kontext und zur Mahnung an den Denkmälern seien für sie unbedingt notwendig - um beispielsweise zu verhindern, dass Denkmäler zum Treffpunkt völkisch-nationalistischer Gruppen werden. Dem scheint auch der Arbeitskreis Muna Lübberstedt e. V: zuzustimmen, denn am Samstag, 11. Oktober, wird ein neuer Gedenkweg eingeweiht, der mit Informationstafeln bestückt wird.

 


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