Ralf G. Poppe

Bremervörde will Ostewehr erhalten

Ein voller Saal, klare Meinungen: Nahezu alle Bremervörder:innen wollen ihr Ostewehr und die alte Ratsherrenbrücke behalten – als historisches Herz und Tor zur Innenstadt, das Politik und Behörden nun gegen den Abriss verteidigen sollen.
Bürgermeister Michael Hannebacher bei seiner Rede - im Vordergrund sitzt Lothar Tabery.

Bürgermeister Michael Hannebacher bei seiner Rede - im Vordergrund sitzt Lothar Tabery.

Bild: Rgp

Bremervörde. Knapp 100 Personen waren einer Einladung des Kultur- und Heimatkreises bzw. des Forums BauKulturLand zwischen Elbe und Weser gefolgt. Der große Saal im Oste Hotel war fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Thema war der durch den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) geplante Abriss des Ostewehrs.

Zwei Abstimmungen zum Ende der Veranstaltung brachten die Wünsche der Bremervörder Bürger:innen auf den Punkt. Fast 100 Prozent der Anwesenden möchten das Ostewehr erhalten. Fast ebenso viele Abstimmende votierten dafür, die Pfeiler der dem Abriss geweihten Ratsherrenbrücke zu erhalten, um ggf. darauf eine Fußgänger- und Radfahrerbrücke entstehen zu lassen.

 

Ostewehr und Ostebrücke - Das Tor zur Innenstadt

In seiner Begrüßungsrede empfahl Lothar Tabery, zwei Bauwerke nur gemeinsam zu bewerten: „Ostewehr und die Ostebrücke sollten nicht für sich allein, sondern als wichtige Gestaltungselemente im Bereich des östlichen Zugangs Bremervördes, sozusagen als das ‚Tor‘ zur Innenstadt, betrachtet werden. Hierbei darf auch der Bremervörder Hafen nicht außer Acht gelassen werden, liegt er doch ebenfalls in direkter räumlicher Nähe“, so der Bremervörder Architekt. Die drei Elemente seien die gemeinsame Visitenkarte für den inneren Ortseingang. In der Stadtentwicklung wird zwischen harten und weichen Standortfaktoren unterschieden. Harte Faktoren sind mess- und zählbare Größen, etwa Infrastruktur oder Wirtschaftskraft. Weiche Faktoren wie beispielsweise die Lebensqualität lassen sich dagegen kaum quantifizieren und werden deshalb in der Planung oft vernachlässigt.

Damit Innenstädte vermehrt Publikum anziehen, bedürfe es nach Feststellung des Instituts für Handelsforschung Köln vielerorts in Bezug auf die jeweilige Ortsbildqualität einer deutlichen Verbesserung des Ambiente, der Atmosphäre und des Erlebnischarakters - und dies beginne nicht erst beim Marktplatz.

Bei der überbehördlich geplanten Maßnahme zum Abbruch des Ostewehrs sowie der Errichtung einer Sohlgleite müsse man sich nun die Frage stellen, inwieweit die Stadt Bremervörde Einfluss auf die endgültige Ausführung nehmen könne. Schließlich gehe es neben dem Erhaltungsaspekt aus geschichtlicher Sicht um die zu klärende Wasserstands-Regulierung. Hinsichtlich einer später möglichen Fußgänger- und Radfahrerbrücke (die rund 450.000 Euro kosten könnte) auf den noch gut erhaltenen Pfeilern (den Wert bezifferte Tabery auf noch rund 600.000 Euro) der jetzigen Ratsherrenbrücke spielten vor allem Weitsicht und Zeit eine besondere Rolle. Denn nicht immer sei die gern als „Totschlagargument“ genutzte Behauptung des fehlenden Geldes wirklich gerechtfertigt. Dann zitierte Tabery den ehemaligen Bremervörder Bürgermeister Hans-Heinrich Hey: „In Zeiten, in denen die Stadt kein Geld hat, soll man planen, damit etwas umgesetzt werden kann, wenn wieder welches da ist.“

 

Technische Daten und individuelle Ansichten

Manfred Mühler erinnerte mit Blick auf einen Kupferstich aus dem Jahre 1650 daran, dass es eine Durchlässigkeit der Oste an der besagten Stelle (des Wehrs) seit hunderten von Jahren nicht gegeben habe. Er erinnerte, dass das für eine große Sohlgleite benötigte anliegende Land (die derzeitige Planung sehe eine Kronenbreite von 63m vor) im Besitz der Stadt Bremervörde sei, und diese das Grundstück ggf. verkaufen müsse, damit der NLWKN seine Pläne umsetzen könne.

Mühler kommunizierte zudem Daten zum Oste-Wehr. In den Jahren 1950-52 mit einem Durchstich gebaut, habe es zunächst eine Steuerung der Wehrklappe im Schleusenhaus gegeben. Seit 1995 werde die Anlage automatisch in Abhängigkeit vom zu regulierenden Wasserstand gesteuert. Bei Hochwasser sei die Klappe vollständig gelegt. NLWKN-Informationen vom 9. Oktober bestätigten, dass Prüfprotokolle für die Schleuse die Zustandsnote befriedigend ergeben haben. Jene für das Wehrfeld sei gut. Die Standhaftigkeit und Verkehrssicherheit wären nicht gefährdet. Die Unterhaltungs- und Sanierungskosten beim Erhalt des Wehrs seien in der Planung von 2015 für einen Zeitraum von 90 Jahren berechnet (Stand 2016), und deutlich höher als die Baukosten für die Sohlgleite. Die die EU fordere, um die Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/60/EG; EG-WRRL) zur Erreichung des guten Zustandes eines Gewässers durch Herstellung einer biologischen Durchgängigkeit zu gewährleisten. Als mögliche Alternativen nannte Mühler den Bau eines Umgehungsgerinnes um das Wehr herum. Dieses Gerinne habe laut NLWKN allerdings nicht dieselbe ökologische Wirksamkeit. Das Untersuchungsergebnis liege jedoch bislang nicht öffentlich vor.

Weiterhin thematisierte Mühler einen neuen Durchstich von der Unteroste zum (in Bremervörde sogenannten) „Hühnerloch“ mit Verbindung zur Sohlgleite, bzw. eine Fischtreppe an der Concordiabrücke. „Untersuchungsergebnisse für weitere Alternativen, die nicht im Bereich des Wehrs gemacht wurden, sind nicht öffentlich bekannt“, so Mühler weiter. Derzeit laufe eine Online-Petition der AG Osteland zum Erhalt des Wehres. Fakt sei, dass für die Umsetzung der Planung das Gelände der Stadt Bremervörde östlich des Wehres vom NLWKN benötigt werde. Sollte die Stadt nicht bereit sein, dieses Gelände zur Verfügung zu stellen, müsste diese Frage neu geklärt werden. Das sei Konsens zwischen Politik und Verwaltung.

Anschließend äußerten der Bremervörder Ortsbürgermeister Dirk-Frederik Stelling, Claust List (Vorsitzender Osteland AG), Johann Ropers (Vorsteher des Unterhaltungsverbands Obere Oste) und Bürgermeister Michael Hannebacher ihre Ansichten, bevor eine doch sehr lebhafte Diskussion den Abend beschloss.


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