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Ralf G. Poppe

Außenpolitik als gemeinsamer Nenner

Bremervörde (rgp). Dr. Lidia Averbukh stellt die politischen Vorhaben der neuen israelischen Regierung vor.
 
Referentin Dr. Lidia Averbukh und Organisator Werner Hinrichs, Oberstleutnant a.D., freuten sich über  viele Interessierte Besucher:innen des Vortrags.

Referentin Dr. Lidia Averbukh und Organisator Werner Hinrichs, Oberstleutnant a.D., freuten sich über viele Interessierte Besucher:innen des Vortrags.

Seit Juni gibt es in Israel eine neue Regierungskoalition. Um auch vor Ort über die daraus resultierenden Veränderungen der Politik zu informieren, organisierte Oberstleutnant a.D. Werner Hinrichs vom Verein Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP) in Bremervörde ein Referat zum Thema „Neue israelische Außenpolitik nach Netanjahu“ mit anschließender Diskussion.
Die Referentin des Abends, Dr. Lidia Averbukh, ist seit 2016 Wissenschaftlerin an der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. Dort arbeitet sie im Forschungsprojekt zu Israel und beschäftigt sich mit israelischer Innen- und Außenpolitik. In diesem Jahr wurde Dr. Averbukh an der Universität der Bundeswehr in München über das israelische Rechtssystem promoviert. In ihrem Vortrag ging es um die Ziele der neuen Koalition, die z. B. die unter Netanjahu verstärkte innen- und außenpolitische Polarisierung beenden wolle.
 
Gemeinsame Nenner Außenpolitik
 
Dr. Lidia Averbukh hat die bisherigen Veränderungen und Entwicklungen sowie die ihnen zugrundeliegenden Motive anhand der aktuellen Fakten analysiert: Die nun amtierende Regierungs-Koalition in Israel besteht aus rechten und linken Parteien sowie jüdischen und arabischen Abgeordneten. Angeführt wird sie seit dem 13. Juni von Premierminister Naftali Bennett und Außenminister Yair Lapid. Am 5. November wurde ein neuer Staatshaushalt in Israel verabschiedet - damit sei es nun sehr unwahrscheinlich, dass zeitnah abermals Neuwahlen stattfinden.
Die nun regierenden acht Koalitionsparteien verfügen über die hauchdünne Mehrheit von 61 der insgesamt 120 Sitze im israelischen Parlament. Dabei wird die Außenpolitik von den regierenden Parteien als der gemeinsame Nenner betrachtet. Jedoch gebe es kein Machtzentrum, dafür aktivistische Ressorts und konfligierende Interessen. Während sich Ex-Ministerpräsident Netanjahu unter anderem auf Asien, die Vereinigten Arabischen Emirate sowie die Republikaner unter Trump konzentrierte, sehe die neue Regierung ihre Prioritäten u. a. in der Wiederannäherung an die EU und an die Demokratische Partei der USA. Gleichfalls sollen bessere Beziehungen zu Nachbarstaaten wie Jordanien und Ägypten entstehen. Weiterhin stünden eine Wiederaufnahme des Kontakts mit der palästinensischen Autonomiebehörde und nicht zuletzt die Stärkung der Beziehungen zur jüdischen Diaspora auf der Agenda. Was sich nicht verändere: Der sogenannte Nahostkonflikt bleibe auch das zentrale Problemthema der neuen Regierung.
 
Skeptische Bevölkerung
 
Das Förderungsprogramm der neuen „liberalen Demokratie“, wie die Expertin die neue Regierung beschreibt, „Horizon 2021“ benannt, werde von 47% der Israelis jedoch abgelehnt, wenn es den Siedlungsbau ausschließt. 46% der israelischen Bevölkerung sähen in der EU eher einen Feind, 24% dagegen einen Freund. Zu Joe Biden und den USA pflege die Regierung von Naftali Bennett eher eine ambivalente Beziehung. Der Vertiefung bestehender Beziehungen wie z. B. das Abraham Abkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Bahrain, Sudan, Marokko sowie dem Wasser- und Solardeal mit den VAE und Jordanien vom 22. November folge die Wiederaufnahme eingefrorener Beziehungen und eine Annäherung an Jordanien und Ägypten sowie die Stärkung der Palästinensischen Autonomiebehörde gegenüber der Hamas im Gazastreifen.
Zudem wurde von Dr. Lidia Averbukh die Kontroverse über die Wiedereröffnung des US-Konsulats in Ostjerusalem, der Proteste gegen neue Siedlungen, die Einstufung des israelischen Technologieunternehmens NSO, das für seine Spyware Pegasus bekannt ist, als Sicherheitsrisiko sowie die Listung von sechs palästinensischen NGOs als Terrorgruppen thematisiert.
Daran schloss sich eine den Abend abrundende Diskussion mit dem Publikum an.


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