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Mareike Kerouche

Der Weihnachtskeiler

Wenn man jagdliche Passion im Überfluss besitzt, kommen einem Tage wie Weihnachten fast wie Fesseln an familiäre Feiertraditionen vor. Besonders, wenn zugleich Neuschnee und Halbmond die Aussicht auf Begegnung mit Fuchs oder Sauen im Revier den Pulsschlag höher steigen lassen und die Gedanken sich gegen Abend damit beschäftigen, wie man seiner besseren Ehehälfte sowie der zu Besuch weilenden Schwiegermutter geschickt beibringt, dass die eigene Anwesenheit im Verlauf der späten Nacht nur störend wirkt.
Die noch vom Heiligen Abend durch Geschenke beseelte Ehefrau und die mit dem unauffälligen Hinweis auf angesagte Straßenglätte diplomatisch heim gesandte Schwiegermutter waren bald als „Hürde“ überwunden. Es konnte, grün und warm verpackt, gegen 21 Uhr ins Revier gehen.
Es hatte getaut, und viele dunkle Flächen ließen bei abnehmendem Mond und starker Bewölkung keine gute Sicht zu. Beim Angehen des Ansitzwagens kamen mir erste Zweifel über den Sinn meines Vorhabens, die sich verstärkten, als ich es mir im „Bollerwagen“, einem auf einen ausgedienten Ackerwagen gesetzten geschlossenen Ansitz, bequem machte.
Das ab fährten der letzten Tage hatte gezeigt, dass unregelmäßig eine starke Saufährte an den Acker und zu dem dort angelegten Luder Schacht führte, so dass in mir die Hoffnung keimte, vielleicht auf den seit Jahren hier herumgeisternden „Wunderkeiler“ zu Schuss zu kommen.
So saß ich voller Anspannung eingemumt im Ansitzsack und leuchtete mein Umfeld ab. Jeder Maulwurfhaufen schien bei diesem diffusen Licht zum mausenden Fuchs zu werden und jedes Rauschen des Windes im an wechseln befindliche Wild zu signalisieren.
Ich hatte kaum zwanzig Minuten gesessen, da löste sich lautlos ein Schatten aus dem Bestandes Rand und ließ mich augenblicklich erstarren. Sauen? Der vorsichtige Griff zum Glas sowie das Einsetzen von Jagdfieber eiferten in Schnelligkeit um die Wette.
Es war eine Ricke mit ihrem schwarzen Kitz, die zügig der Äsungsfläche zustrebten. Es folgten kurz darauf zwei weitere Stücke, die sich als Ricke und Bock entpuppten.
Das Auftauchen des Wildes harte meinen Puls doch ziemlich hoch schlagen lassen, tiefes Durchatmen war vonnöten, um ihn zu normalisieren.
Auf dem angrenzenden Stoppelrüben Feld lösten sich bald darauf zwei kleinere Schatten, die sich bei näherem Hinsehen als Hasen erwiesen. Die vertraut äsenden Rehe sowie die wohltuend im Magen liegende Weihnachtsgans „eigener Ernte“ ließen entspannte Müdigkeit in mir aufkommen, und schon döste ich gemütlich vor mich hin.
Wohltuende Ruhe doch dann ...
Hermann Kück
Lunestedt
Foto: Fotolia / LianeM


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