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Amelie Nobel

Der Kampf gegen das Vergessen

Sandbostel. Die Gedenkstätte Lager Sandbostel zeigt am 27. Januar den Film: Holocaust light - gibt es nicht! Wir haben schon mal reingeschaut.
Sara Atzmon als Kind.  Foto: Feigenbaum.ev

Sara Atzmon als Kind. Foto: Feigenbaum.ev

Bild: Patrick Viol

Um den Opfern des Nationalsozialismus zu gedenken, wird 1996 ein bundesweiter Gedenktag eingeführt, der auf den 27. Januar fällt. Am 27. Januar 1945 kommt es zur Befreiung des Vernichtungslagers Ausschwitz- Birkenau und der anderer Konzentrationslager durch die Rote Armee.
Der Gedenkstättenverein Sandbostel e.V. hat sich den Gedenktag zum Anlass für eine virtuelle Veranstaltung genommen. Am 27. Januar soll über die Plattform Zoom der Dokumentarfilm „Holocaust light - gibt es nicht! “ von Ilona Rothin gezeigt werden, der die Geschichte der Holocaust-Überlebenden Sara Atzmon erzählt.
 
Knapp davon gekommen
 
Im Vordergrund des Filmes steht Sara Atzmon, die als Zwölfjährige Ghetto, Arbeitslager und das KZ Bergen-Belsen überlebt. Mit ihrer Enkelin Shahaf besucht sie fast 70 Jahre später das Konzentrationslager Bergen-Belsen und erzählt von ihren Erlebnissen. Sara Atzmon will gehört werden. Sie sagt, dass sie es als ihre Aufgabe versteht, der Welt zu erzählen, was den europäischen Jüdinnen und Juden passiert ist. Das tut sie vor allem zu Ehren der Verstorbenen und für die nächsten Generationen. Die Frau aus Israel versteht sich selbst als Botschafterin.
Sara Atzmon, die früher Gottdiener mit Nachnamen hieß, wird 1933 in Ungarn geboren. 1944 wird das junge Mädchen mit ihrer Familie nach Ausschwitz deportiert. An der polnischen Grenze hält der Eisenbahnzug an und fährt zurück ins Arbeitslager nach Österreich. Das Konzentrationslager in Ausschwitz ist überfüllt, erst später realisiert Sara, wie knapp sie mit dem Leben davongekommen ist. 1Im selben Jahr stirbt ihr Vater an den Folgen vonw Erniedrigung, Ausbeutung und Hunger. Sara sieht ihn sterben, ein Ereignis, welches sie nie vergessen wird. Sie wird nach Bergen-Belsen gebracht. Jeden Tag sieht sie Leichen, leidet unter der Kälte und dem Hunger. Aber sie überlebt.
Im April 1945 befreit sie das amerikanische Militär, Sara ist 12 Jahre alt und wiegt nur noch 17 kg. Insgesamt 60 Mitglieder ihrer Familie sind in den Lagern umgekommen. Sara wird vom amerikanischen Militär über Buchenwald ins britische Mandatsgebiet Palästina geschickt, wo bald der jüdische Staat Israel entstehen wird.
Der Holocaust lässt sie nicht mehr los. Sie spricht mit niemanden über ihre Erlebnisse, es dauert Jahre, bis sie sich öffnet. Heute spricht Sara Atzmon mit jungen Menschen über ihre Geschichte, die Künstlerin möchte die Kinder nicht belehren. Es geht ihr um Begegnungen, Gefühle und Authentizität.
 
Ein Aufruf zur Erinnerung
 
Eines wird beim Ansehen des Films klar. Sarah Atzmon wird mit dem Holocaust nie abschließen können. Sie macht deutlich, wie wichtig es ist, an die Ereignisse zu erinnern, bei denen 6 Millionen Jüdinnen und Juden auf grausame und systematische Weise vernichtet wurden. Sara Atzmon hat überlebt, deswegen habe sie manchmal ein schlechtes Gewissen. Der Schmerz gehe nie weg, sagt sie.
Und während Atzmon ihrer Vergangenheit nie entkommen kann, ihre Geschichte stets auch ihre Gegenwart ist, sieht es unter der 3. Generation der Täter:innen - wie der Film eindrücklich zeigt - ganz anders aus. So werden deutsche Jugendliche befragt, die in Celle leben, nur wenige Kilometer von Bergen- Belsen entfernt. Das ehemalige Konzentrationslager kennen sie nicht und auch den Begriff Holocaust können sie nicht erklären. Das ist kein Einzelfall. Die im Film porträtierten Jugendlichen können mit dem Begriff Ausschwitz nichts anfangen, ein Junge der 8. Klasse gibt an, das Thema im Unterricht noch nie behandelt zu haben.
Ein befragtes Ehepaar meint, man müsste endlich mit dem Holocaust abschließen. Die Generation, die für den Holocaust verantwortlich ist, lebe nicht mehr. Es war schlimm, aber nun sei genug. Kinder sollten nicht mehr mit dem Holocaust konfrontiert werden.
 
Niemals wieder!
 
Der Film beweist hingegen das Gegenteil: Antisemitismus ist kein Problem der Vergangenheit.
Das lässt sich nicht lösen, indem man die Geschichte aus dem Bewusstsein verdrängt. Ihm zu begegnen, erfordert vielmehr ein Bewusstsein der antisemtischen Vernichtung. An den Holocaust zu erinnern - wie der Film herausstellt - ist Teil des Kampfes gegen seine Wiederholung.
Interessierte können die Zugangsdaten für die virtuelle Filmveranstaltung über die Plattform Zoom nach einer Anmeldung per E- Mail an j.dohrmann@stiftung-lager-sandbostel.de erhalten.


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