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Überbelastung und

Osterholz- Scharmbeck (limo). Die GEW macht erneut auf Personalmangel an Schulen aufmerksam.

Bis das Kultusministerium genügend echte Lehrer:innen für die Schulen im Landkreis gefunden hat, bleiben die Papp-Aufsteller an der Findorffschule. Foto: limo

Bis das Kultusministerium genügend echte Lehrer:innen für die Schulen im Landkreis gefunden hat, bleiben die Papp-Aufsteller an der Findorffschule. Foto: limo

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert von der Politik Lösungen für den Mangel an Lehrkräften. Auch der Kreisverband setzt sich in Osterholz-Scharmbeck dafür ein.

An Grundschulen im Landkreis - wie überall in Niedersachsen - zeigt sich der Lehrkräftemangel als akutes Problem. Zwischen Pandemie und Ukraine-Krieg, ständig neuen Regeln und immer größeren Klassen, sehen sich die Lehrer:innen von heute zunehmend mit fehlender Unterstützung und Überbelastung konfrontiert. Immer mehr von ihnen entscheiden sich deshalb dazu, ihre Arbeitszeit zu verringern oder früher in Rente zu gehen. Gerade einmal 941 von 1.335 ausgeschriebenen Stellen wurden zu Beginn des neuen Halbjahres besetzt, berichtet die GEW Niedersachen – die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Um auf den Tiefstand der Unterrichtsversorgung aufmerksam zu machen, kam es am vergangenen Donnerstag zur symbolischen Übergabe von bemalten Lehrkräften aus Pappe.

 

„Mal dir eine“

 

Frei nach dem Motto „Lehrkräfte fehlen – Hast du keine? Mal dir Eine“ wurden die drei bunten Aufsteller von Kindern auf dem Herbstmarkt in Osterholz gestaltet. Nachdem die Figuren bereits auf einer Demonstration der GEW in Hannover zum Einsatz kamen, finden die drei Papp-Lehrkräfte nun ihren Weg in die Findorffschule in Osterholz-Scharmbeck. „Wir wollen immer wieder aufs Neue auf die Unterbezahlung der Grund- und Hauptschullehrkäfte sowie den akuten Mangel an Schulbeschäftigten aufmerksam machen“, erklärt Fritz Böhm, Kreisvorsitzender der GEW im Landkreis Osterholz. Man wolle davor warnen, dass das bestehende Problem irgendwann politisch im Sande verlaufen könnte.

 

Viele gehen in Teilzeit

 

Gemeinsam mit der stellvertretenden Kreisvorsitzenden Katharina Korte, GEW-Pressesprecher Eckhard Schlöbcke sowie dem langjährigen Mitglied Hans Theuerkauf kam es deshalb nun zum Besuch an der Findorffschule und damit auch bei Schulleiter Oliver Heckmann, der eindrücklich von der Situation an seiner Grundschule berichtet. „Wir als Lehrkräfte tragen Verantwortung und Sorge für die Verlässlichkeit der Grundschul-Betreuung und gleichzeitig natürlich auch für den Unterricht.“ Zusätzlich hätten immer mehr SchülerInnen individuellen Förderbedarf, erklärt er weiter. Eine zusätzliche Belastung, die - aufgrund des bestehenden Fachkräftemangels im Förderbereich - zurzeit durch den Rest des Kollegiums aufgefangen werden müsse. Viele LehrerInnen sehen sich deshalb dazu gezwungen nur noch in Teilzeit zu arbeiten, um der steigenden Belastung entgegenzuwirken.

Eine besorgniserregende Entwicklung, die sich auch im gesamten Landkreis beobachten lässt. Statt benötigten 107%, könne man zurzeit lediglich 97% der Unterrichtsversorgung gewährleisten, berichtet Böhm, wobei hier Krankheitsfälle nicht einmal berücksichtigt seien. Für die Zukunft sei der Gesundheitsaspekt jedoch besonders wichtig, bemerkt auch Schulleiter Heckmann. „Gerade an den kleinen Grundschulen sind wir auf jede Lehrkraft angewiesen – eine Person mehr oder weniger kann alles verändern“, erklärt er weiter.

Das Distanzlernen erweist sich dabei nicht als geeignete Lösung. Die SchülerInnen wachsen in unterschiedlichen sozialen Umständen auf – einige Familie besitzen nicht die notwendige digitale Ausstattung, sodass viele Kinder am Ende unten durchfallen. „Zudem bedeutet Grundschule nicht nur Lesen, Schreiben und Rechnen, sondern auch soziales Miteinander“, stellt Kreisvorsitzender Böhm fest. Ein wichtiger Aspekt, den man nicht über den Bildschirm vermitteln könne. Das Problem bleibt – und man warte deshalb weiter hoffnungsvoll auf entscheidende Gegenvorschläge der zuständigen MinisterInnen.

 

Gleiches Geld für Grundschule

 

„Die lange versprochenen Gelder müssen jetzt kommen.“, stellt Pressesprecher Schlöbcke fest. Man fordere zudem die Anpassung des Gehaltes für alle LehrerInnen – egal, ob Grundschule, Haupt- und Realschule oder Gymnasium. „In Niedersachsen sind wir vom A13-Gehalt umzingelt – in Bremen und Nordrhein-Westfalen wird es längst bezahlt“, so Schlöbcke weiter. Logisch sei deshalb auch, dass sich zukünftige Lehrkräfte eher für die Arbeit in Bundesländern mit besserem Gehalt entscheiden würden. „Die Arbeit als Grundschullehrer:in ist ein ganz besondere und wichtige“ - die besonders viel Empathie und Einfühlungsvermögen im Kontakt mit jungen Menschen erfordere - meint auch Fritz Böhm. Deswegen sei die gleiche Behandlung und Bezahlung von Gymnasial- und Grundschulkräften unausweichlich.

 

Quereinsteiger:innen können das Problem nicht lösen

 

Die Kompensation der freien Lehrstellen durch Quereinsteiger:innen sei zunächst ein guter Schritt in die richtige Richtung, aber keine Lösung für den herrschenden Notstand. Dies bestätigt auch Schulleiter Heckmann, der von eigenen Erfahrungen erzählt. „Quereinsteiger:innen können meist nicht direkt loslegen – sie müssen erst einmal in die Arbeit an der Grundschule eingeführt und mit dem Umfeld vertraut gemacht werden.“ Eine zusätzliche Aufgabe, die wiederum die jeweilige Schule leisten müsse. Außerdem erweise sich die Tätigkeit häufig als nicht leistbare Bürde für Quereinsteiger:innen, stellt Heckmann weiter fest.

Die mitgebrachten Lehrkräfte sollen nun einen Platz in der Pausenhalle der Findorff-Schule finden. „Natürlich kümmern wir uns auch darum, den letzten Papp-Aufsteller noch zu Ende anzumalen.“, verspricht Oliver Heckmann. „Die symbolischen LehrerInnen werden so lange hierbleiben, bis das Kultusministerium sie durch echte Lehrkräfte austauscht“, beschließt Fritz Böhm. Mehrarbeit und zusätzliche Stunden seien dabei nicht die Lösung, findet der Kreisvorsitzende klare Worte. „Stattdessen fordern wir eine bessere Bezahlung, Arbeitsentlastung durch kleinere Klassen sowie attraktivere Bedingungen für QuereinsteigerInnen.“


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