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Patrick Viol

Ein stinknormales, langweiliges 2023

Schulen, Straßen, Stadtbild - in den nächsten zwei Jahren wird in der Kreisstadt viel gebaut, um die Aufenthaltsqualität, den Bildungsstandort und den Klimaschu

Weniger bürokratische Hürden, dafür mehr sachlich-argumentierte Diskussionen wünscht sich Bürgermeister Torsten Rohde für 2023.

Weniger bürokratische Hürden, dafür mehr sachlich-argumentierte Diskussionen wünscht sich Bürgermeister Torsten Rohde für 2023.

Herausfordernde Baustellen, so gibt Bürgermeister Torsten Rohde beim lockeren Neujahrsgespräch zu verstehen, gibt es für die Verwaltung der Kreisstadt in den nächsten zwei Jahren viele zu bearbeiten - buchstäblich und metaphorisch.

Doch bevor der Verwaltungschef auf sie zu sprechen kommt, honoriert er das Verantwortungsgefühl und die Hilfsbereitschaft, welche die Osterholzer Bevölkerung im letzten Jahr aufgebracht haben: „Da konnte man sehen: Gesellschaft funktioniert doch.“ 2022 war nach den beiden Coronajahren ein weiteres Krisenjahr, bedingt durch den Ukrainekrieg und nach wie vor anhaltend mit weitreichenden Konsequenzen. Zwei davon sind die steigenden Energie- und Rohstoffpreise und Ukrainer:innen, die hier Schutz suchen. Bislang seien es 450 Menschen, die in der Stadt Unterschlupf gefunden haben -dezentral. „Darauf sind wir sehr stolz“, so der Bürgermeister. Ermöglicht worden sei das durch die solidarische, privaten Wohnraum zur Verfügung stellende Stadtgesellschaft und die „Mannschaft“ in der Verwaltung, die in Anbetracht der Mehraufgaben aber teilweise aufs Zahnfleisch ging. Für viele sei die Schließung des Rathauses zwischen Weihnachten und Neujahr daher eine notwendige Verschnaufpause gewesen, wie die erste Stadträtin, Bettina Preißner, erzählt.

 

Die metaphorischen Baustellen

 

Neue Energie fürs neue Jahr sei auch nötig, denn es gebe einiges zu tun. Da sei zunächst der anhaltende Fachkräftemangel in der Verwaltung. Man erhalte auf Stellengesuche nur noch einen Bruchteil der Bewerbungen, die man früher erhalten habe, so Rohde. Diesem Trend versuche die Verwaltung mit vermehrten Ausbildungsstellen und Quereinstiegsmöglichkeiten zu begegnen. Wer eine kaufmännische Ausbildung hat, könne auch bestens in der Verwaltung arbeiten.

Aber nicht nur Fachkräfte fehlen. Zugleich sei mit der Bürgergeld- und Wohngeldreform der Arbeitsaufwand gestiegen. Man gehe allein beim Wohngeld von einer Verdopplung der zu bearbeitenden Anträge aus. Die zu bewältigen werde eine Menge Anstrengung und Zeit kosten.

Krieg, Krise und kurzfristig übertragende Reformaufgaben ließen im Bürgermeister für 2023 den Wunsch aufsteigen, dass es doch bitte „stinknormal und langweilig“ verläuft, damit die Verwaltung ihre Aufgaben wie geplant umsetzen kann. Käme dem noch ein Bürokratieabbau entgegen, wäre der Bürgermeister mehr als zufrieden. Derzeit förderten komplizierte Richtlinien im Schlepptau von bewilligten Landesmitteln eher verwaltungstechnischen Stillstand als kommunalen Fortschritt, wie Rohde und Preißner zu verstehen geben.

 

Die buchstäblichen Baustellen

 

Geplant sind für die Haushaltsjahre 2023/24 vor allem die Realisierung von Baumaßnahmen. Nicht nur werde der sich in der heißen Planungsphase befindende Bau der IGS im Sommer 2024 begonnen, auch soll der Plan zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität der Innenstadt in zentralen Teilen umgesetzt werden - für Bürger:innen und touristische Besucher:innen der Stadt gleichermaßen. So würden die Ausweitung des Stadtwaldes, Wasserspiele und offene Sitzgelegenheiten auf dem Platz vor der Schuhkarton-Filiale und die Vergrößerung des Kirchenvorplatzes als nächstes angegangen. Besonders gespannt sei der Bürgermeister auf die Einrichtung von Lauschplätzen. Hierbei handelt es sich um Tafeln mit einem QR Code an geschichtlich interessanten Orten der Stadt. Durch den Scan des Codes kann man der Geschichte des Ortes übers Smartphone lauschen.

 

Wirtschaft

Zu einer lebendigen Stadt gehört natürlich auch ein prosperierendes Gewerbe. Dazu würden weitere Gewerbeflächen im Gewerbegebiet Heilshorn erschlossen. Die Verträge lägen zur Unterschrift bereit. Und in Buschhausen, schräg hinter der IGS, werde zunächst Bauland für Einfamilienhäuser und im zweiten Schritt für Mehrfamilien- und Reihenhäuser geschaffen. Der derzeitige Planungsstand sehe drei Blöcke mit acht Wohneinheiten vor. Der Bürgermeister hoffe, dass die Wohnungen trotz Preissteigerungen und zurückgekehrter Zinssätze bezahlbar bleiben.

 

Klimaschutz

Beim Klimaschutz setzte man auf Photovoltaik. Die ersten Anlage würden in diesem Jahr auf den Dächern der Scharmbecker Feuerwehr und des Rathauses installiert. Darüber hinaus prüfe man, wo die Statik älterer Gebäude eine solche Installation zuließe. Darüber hinaus sollen bis zu 1.500 Trockenheit resistente Bäume gepflanzt werden, um das Stadtklima zu verbessern.

 

Bildung

Auch das Thema Bildung werde zunächst baulich angegangen. Denn klar sei, dass wieder mehr Kinder geboren werden. Und die müssen auch irgendwo unterkommen. Hierzu hat die Stadt extra Prognosen aufstellen lassen, um auf einer soliden Grundlage entscheiden zu können, wo und inwieweit das schulische Angebot erweitert werden muss, wie Stadträtin Preißner erklärt. Handlungsbedarf sei bei der Menckeschule schon jetzt zu erkennen: „Die explodiert“, so Preißner. Auch von der Kita in Heilshorn wisse man bereits, dass sie ausgebaut werden müsse. Bei den weiterführenden Schulen IGS und Lernhaus am Campus verfolge man das Ziel „zwei gleichberechtigte Schulen zu schaffen.“ Um dieses Ziel zu erreichen sollen Lehrer, Eltern und Jugendliche mit in Entscheidungsprozesse eingebunden werden. „Wir wollen hierbei das Kind in den Fokus nehmen“, versichert der Bürgermeister.

 

Infrastruktur

Sicher sollen auch endlich die sanierungsbedürftigen Straßen im Stadtgebiet werden. „Die Sanierung der Straßen geht jetzt los“, so Baudezernent Manuel Reichel. Womit einmal mehr sich die Notwenigkeit der Grundsteuererhebung zeige.

 

Arbeit im Rat

Allgemein für die nächsten zwei Jahre wünscht sich der Bürgermeister, dass Diskussionen wieder auf einer argumentativen, sachlichen Ebene verliefen. Von ihr hätten nämlich leider einige Akteure Abstand genommen, wie sich an der Debatte um die Steuererhöhung zeige.


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