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Ungeahnter Schatz Focke Museum erhält Nachlass von Julius Frank

Lilienthal/Bremen (eb). Das Focke Museum in Bremen erhält den Nachlass des jüdischen Fotografen Julius Frank. Den Kontakt zwischen der Familie Frank und dem Museum stellt der Heimatverein Lilienthal her.

1936 musste der jüdische Fotograf Julius Frank sein Atelier in Lilienthal aufgeben und flüchtete vor den Nationalsozialisten in die USA. Damit endete eine Fotodynastie in Lilienthal, die mit dem Großvater 1872 begonnen hatte und von Sohn und Enkel weitergeführt worden war. Mit im Gepäck hatte der Enkel den Familiennachlass, u.a. ein Teil der national und international prämierten Originalfotografien.
 
Werk kann erstmals erforscht und ausgestellt werden
 
2019 entschlossen sich seine Kinder Mike und Barbara Frank, diese Dokumente der Fotografiegeschichte dem Bremer Landesmuseum und dem Heimatverein Lilienthal zu überlassen. Durch die Pandemie verzögerte sich das Verpacken der Schenkung. Im Herbst 2020 kam die zwei Kubikmeter große Kiste im Museum an und die Kuratorin Dr. Karin Walter sichtete den Inhalt. „Dank der großzügigen Übergabe des gesamten Nachlasses der Fotodynastie Frank, deren Mitglieder nicht nur in Deutschland, sondern später auch in Amerika sehr erfolgreich waren, wird es erstmals möglich sein, ihr Wirken umfassend zu erforschen und in einer Ausstellung zu würdigen“, so Dr. Karin Walter.
 
Ungeahnter Schatz
 
Der Nachlass entpuppte sich als ein ungeahnter Schatz. Neben ca. 1.000 Originalabzügen in unterschiedlichen Formaten, Negativen und Dias befanden sich auch viele private Familienunterlagen in der Kiste. Diese zeigen das Schicksal der Familie Frank in Deutschland und Amerika und belegen ihre erfolglosen Bemühungen um Wiedergutmachung im Nachkriegsdeutschland. Der fotografische Nachlass bietet darüber hinaus die Möglichkeit, das vielschichtige Werk von Julius Frank zu erforschen, dessen Motivspektrum von Mensch- und Landschaftsaufnahmen aus seiner deutschen Herkunft, über Bilder aus dem Arbeitsleben der amerikanischen Autoindustrie, bis hin zu Werbe- und Architekturfotografien reichen.
 
„vintage prints“ aus der Hand des Fotografen
 
Julius Frank war nicht nur ein exzellenter Fotograf, sondern auch handwerklich versiert. Anders als viele andere Fotografen war er nicht Autodidakt, sondern hatte eine klassische Berufsausbildung zum Fotografen durchlaufen. Seine selbst gefertigten großformatigen Abzüge zeugen von seiner Meisterschaft auch im Laborbereich. Diese Aufnahmen montierte er mit künstlerischem Anspruch auf Kartons und versah sie mit Titel und Signatur. Etiketten auf einigen der Bildrückseiten belegen, dass genau diese Abzüge aus dem Nachlass in amerikanischen Ausstellungen prämiert wurden. Es handelt sich also im wahrsten Sinne des Begriffs um „vintage prints“, um qualitätsvolle Originalabzüge aus der Hand des Fotografen. Diese Aufnahmen sollen in Bezug auf ihre Entstehung und der vielfältigen Publizierung und Auszeichnungen umfassend gewürdigt und ihre Bedeutung in die deutsche und amerikanische Fotogeschichte eingeordnet werden. Geplant sind eine Ausstellung sowie eine Begleitpublikation, in der neben den Fotografien auch die Familiengeschichte thematisiert wird.
 
Heimatverein recherchierte Geschichte der Familie
 
Die hat der Heimatverein Lilienthal recherchiert. Julius Frank sah sich 1936 gezwungen, sein Geschäft unter Zeitdruck und schlechten Bedingungen zu verkaufen; er hatte ein Einreisevisum in die USA bekommen, das nur wenige Monate gültig war. Zunächst übernahm Julius Frank die Leitung der Fotoabteilung der Firma Multicolor, ab 1941 war er dann als Porträtfotograf bei der Firma H.H. Powell zunächst in Detroit, dann in Kalamazzo am Michigan-See tätig. 1944/45 musste er als amerikanischer Soldat zeitweise nach Europa zurückkehren. 1947 zog die Familie nach Los Angeles und 1949 wurde er Mitarbeiter von Julius Shulman, der heute als der größte Architekturfotograf des 20. Jahrhunderts gilt. In Amerika wurde Julius Frank mit vielen Auszeichnungen geehrt. Einen Monat vor seinem tödlichen Herzinfarkt im Jahr 1959 erhielt er den Titel „Master“, eine Auszeichnung, die – wie es in einem Zeitungsartikel dazu heißt – zu dem Zeitpunkt erst 375 der rund 25.000 Fotografen in Amerika zuteilt geworden war.
Der Heimatverein stellte 2004 den Kontakt zur Familie Frank her, seit dem ist ein Buch über Julius Frank erschienen, seine Witwe wurde gemeinsam mit ihren Kindern in die Gemeinde eingeladen und zwei Stolpersteine erinnern an den Fotografen und seinen Bruder Ludwig Frank. Seit 2015 ist auch eine Straße nach Julius Frank benannt. Der Heimatverein stellt auch den Kontakt zwischen der Familie Frank und dem Focke Museum her.


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