Seitenlogo
Benjamin Moldenhauer

Die Sünde elterlicher Faulheit

Der Horrorfilm „M3GAN“ behandelt mütterliche Verweigerung und die Schrecken künstlicher Intelligenz auf vergnügliche und schwarzhumorige Weise.

Eine Puppe, die das Kind zu Bett bringt und ihm vorliest, weil die Tante keine Lust dazu hat, und es mörderisch beschützt.

Eine Puppe, die das Kind zu Bett bringt und ihm vorliest, weil die Tante keine Lust dazu hat, und es mörderisch beschützt.

Die meisten gelungenen Horrorfilme handeln von Problemen, die schon da sind, bevor die Monster kommen. Probleme, die die Ankunft der Monster vorbereiten und oft überhaupt erst ermöglichen. In dem Horrorfilm M3GAN ist es ein Bindungsproblem. Die Eltern von Cady (Violet McGraw) kommen bei einem Autounfall zu Tode, Gemma (Allison Williams), die Tante von Cady, bekommt das Sorgerecht, ist aber nicht sehr motiviert, sondern Workaholic und kann mit Kindern nicht viel anfangen. Zu allem Unglück arbeitet Gemma für einen High-Tech-Spielzeug-Konzern. Die Entwicklerin merkt schnell, dass die Mutterrolle nichts für sie ist und entwickelt einen Prototypen für eine neue, intelligente Puppe, Megan (Amie Donald), die sich mit ihrer ersten Bezugsperson, identifiziert über Handkontakt, inniglich verbindet.

 

Maschine als mörderischer Mutterersatz

 

M3GAN ist zum einen also ein Film über mütterliche Verweigerung (hier nicht wie im Märchen durch die Stiefmutter, sondern durch die Tante repräsentiert). Man ahnt nach zwei Minuten, dass diese Ignoranz gegenüber kindlichen Grundbedürfnissen direkt in die Katastrophe führen wird. Megan wird zunehmend intelligenter und entwickelt mehr und mehr Eigenleben. Und einen ausgeprägten Beschützerinstinkt, der sie auf alles losgehen lässt, was Cady zu nahe kommt. Bald fliegt ein abgerissenes Ohr durch die Luft, der Nachbarhund wird geschlachtet, und Megan geht in den Eskalationsmodus.

Zum anderen ist M3GAN ein Film über die Schrecken der Künstlichen Intelligenz, die im Kino eigentlich nie etwas Utopisches hat, sondern immer als Übel fungiert. Bei Frankenstein war es noch die Sünde gegen Gott und die Naturgesetze, die die Katastrophe heraufbeschwört, in M3GAN ist es die Sünde der elterlichen Faulheit, die das Monster in die Welt bringt. Was der Film über Künstliche Intelligenz erzählt, ist gar nicht mal so blöd. Dass der Konzern, der das vorgeblich intelligente, im Resultat aber infantilisierende Spielzeug auf den Markt schmeißt, dass ausschließlich aus Profitinteresse tut, ist näher an der Realität als der Mythos vom genialen Wissenschaftler. Auch Gemmas Interesse ist ein realistischerweise banales: Sie erschafft jemanden, der das Kind, für das sie die Verantwortung hat, ins Bett bringt, damit sie das nicht machen muss.

 

Intelligenter als man denkt

 

M3GAN schürft nicht wirklich tief und will zum Beispiel an keiner Stelle wirklich verstören, sondern ist vor allem daran interessiert, seine straff strukturierte Geschichte zu erzählen und dabei keine Minute zu langweilen. Was ihm auch gelingt. Schön auch, dass der Showdown nicht als ewige Materialschlacht inszeniert ist, sondern in wenigen Minuten das Feld klärt. M3GAN läuft ähnlich wie seine Titelheldin wie ein Uhrwerk und ist intelligenter konstruiert, als es zuerst erscheinen mag. Ein vergnüglicher und schwarzhumoriger Film.

 

M3GAN ist im Central-Theater Osterholz-Scharmbeck zu sehen.


UNTERNEHMEN DER REGION