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Gender-Diskussion

Melanie Reinecke von der CDU und Lotta Löwe von den Grünen beantworten die Frage: Sollte in Behörden gegendert werden?

Die Diskussion um das Gendern ist nicht neu. Nun hat die Regierung im Niedersächsischen Landtag einen Antrag für eine geschlechtergerechte Sprache in Behörden gestellt. Demnach soll in Rechts- und Verwaltungsvorschriften und im öffentlichen Dienst in Zukunft auf das Gendern gesetzt werden. Kritik kam von der Opposition. Wir haben Lotta Löwe von den Grünen und Melanie Reinecke von der CDU, beide Abgeordnete im Landtag, um ein Statement zum Gendern gebeten.

 

Das Contra-Statement von Melanie Reinecke (CDU)

 

Die niedersächsische Landesregierung steht vor großen Herausforderungen. Die mangelnde Schulversorgung, die Auswirkungen von Krieg und Energiekrise, um nur einige zu nennen. Ich glaube nicht, dass es der richtige Zeitpunkt für diese Debatte ist. Die Behörden und Ämter kommen mit ihren Aufgaben kaum noch nach, es herrscht auch dort ein großer Fachkräftemangel. Die geplante Verpflichtung zum Gendern wird die Lage noch verschlechtern. Sprache ist lebendig und entwickelt sich, allerdings aus sich selbst heraus und nicht durch Zwang von außen. Eine deutliche Mehrheit der Menschen in Deutschland lehnt das Gendern ab. Darum glaube ich, dass man durch verpflichtendes Gendern weder die Denkweise der Menschen ändern kann, noch die Akzeptanz des Genderns damit fördert. Wer privat in seiner Sprache Gendern möchte, soll das gerne machen. Eine Verpflichtung zum Gendern lehne ich ab.

 

Das Pro-Statement von Lotta Löwe (Die Grünen)

 

Wir leben in einer Gesellschaft, in der die gleichberechtige Teilhabe aller Geschlechter längst nicht verwirklicht ist. Sprache kann ihren Teil dazu beitragen, die bestehenden Ungleichheiten wahlweise zu verstärken oder abzubauen. Die Debatte über das Gendern polarisiert und scheint viele Menschen – mittlerweile vor allem Gegner*innen des Genderns – sehr zu beschäftigen. Letzten Endes kann niemandem im privaten Raum vorgeschrieben werden, Gendersprache zu verwenden. Ich aber sehe hier die niedersächsische Verwaltung in einer anderen Rolle als den*die Einzelne*n. Denn sie sollte eine Vorbildfunktion wahrnehmen und niemanden durch Sprache ausschließen. Wenn Menschen ein offizielles Schreiben der Verwaltung erhalten oder eine Rechtsvorschrift lesen, sollten sie sich alle angesprochen fühlen. Die jetzt vorgelegte Novellierung des Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetzes (NGG) schreibt nicht vor, dass das sogenannte Gendersternchen verwendet werden muss, sondern dass eine diskriminierungsfreie Sprache angewandt werden soll. Hierfür gibt es viele Möglichkeiten, und Sprache ist immer im Wandel.

Das Ziel, geschlechtergerechte Sprache in Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden, ist nur ein kleiner Ausschnitt des Antrags der Landtagsfraktionen von SPD und Grünen. Dort finden sich auch andere wichtige Maßnahmen, die zu mehr Gleichberechtigung in Landesbehörden führen werden – etwa dass auch Führungspositionen im öffentlichen Dienst teilzeitgeeignet geeignet sein müssen.

Wir bei Bündnis 90/Die Grünen bedienen uns in offiziellen Schreiben, Satzungen und Anträgen meist einer gendergerechten Sprache, viele Menschen in der Partei gendern. Die wichtigen Debatten im Bereich der Gleichberechtigung führen wir aber lieber über fundamentalere Fragen als zum Gendern. Ich wünsche mir, dass wir hierüber auch gesamtgesellschaftlich mehr und intensiver diskutieren.

 

(Die Redaktion hat die Schreibweise im Original belassen.)


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