„Wir wollen größer werden“ - Logistikschule der Bundeswehr beginnt Baumaßnahmen
Garlstedt (pvio). Ab Mai dieses Jahres werden geplante Bauvorhaben auf dem Gelände der Lucius D. Clay Kaserne umgesetzt. Die Bauarbeiten werden bis 2022 andauern. Die Gesamtkosten der bereits laufenden und der im Mai beginnenden Baumaßnahmen belaufen sich auf circa 40 Millionen Euro.
Wer zum ersten Mal auf das Gelände einer Kaserne fährt, gelangt zu einer Einsicht: Die kindlichen Vorstellungen über militärisches Gelände erweisen sich als falsch. Das aufregend-unheimliche Bild vom Ganzanderen des zivilen Lebens, das kindliche Spekulation anhand von Büchern und Filmen entwarf, weicht Reihen roter Backsteinhäuser, manche mit Spitzdach, andere mit braun-schwarzen Flachdächern, aufgestellt an kleinen Straßen mit Parkplätzen, auf denen zivile Fahrzeuge abgestellt sind. Das Kasernengelände mit angrenzendem Waldgebiet unterscheidet sich optisch nicht von einer Kleinstadt der frühen 80er Jahre, aus der wahrscheinlich nicht wenige stammen, die hier stationiert sind. Nur dass sie hier Uniformen in Tarnfarben tragen, eine Schule besuchen, die militärische Logistik unterrichtet und ihre Sprache einen Fimmel für Abkürzungen entwickelt hat.
LogSBw und BAIUDBw KompZ BauMgmt
In der 1977 gebauten Lucius D. Clay Kaserne mit einer Fläche von circa 140 Hektar ist die Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw) stationiert. Sie ist die zentrale logistische Ausbildungseinrichtung der Bundeswehr. Zudem unterstützt sie die regionale Sicherungs- und Unterstützungskompanie Bremen.
Die Logistikschule gehört seit 2005 zur Streitkräftebasis (SKB), die den zweitgrößten militärischen Organisationsbereich der Bundeswehr darstellt. Seit Oktober 2006 ist sie die streitkräftegemeinsame Ausbildungsstätte der Logistikkräfte der Bundeswehr. Die Logistiker unterstützen die Bundeswehr zu Hause, auf Übungen und im Einsatz. „Vom Bleistift bis zum Schützenpanzer transportiert die Streitkräftebasis alles Notwendige dorthin, wo es gebraucht wird“, heißt es in der Broschüre der Streitkräftebasis. Sie dienen Deutschland, wie es heißt, indem sie die Ersten und Letzten am Ort des Geschehens seien.
Soldat/innen der logistischen Verbände sind Spediteur/innen, Mechaniker/innen oder Lagerfachkräfte, kurzum: aus-, fort- und weitergebildet wird in der Logistikschule in Garlstedt logistisches Führungs- und Funktionspersonal sowie kraftfahrtechnisches Fachpersonal aller Organisationsbereiche.
Ingesamt sind auf dem Gelände der Lucius D. Clay Kaserne 2734 Menschen militärisch und zivil beschäftigt. Davon sind 1779 Trainingsteilnehmer/innen. Obwohl dieser Stand bereits ein Wachstum gegenüber den Vorjahren darstellt, wird die Logistikschule bis 2021 um 657 Trainingsteilnehmer/innen und 93 Dienstposten weiter anwachsen.
Zur Bewältigung dieses Aufwuchses hat das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr bzw. das regional vor Ort dienstleistende Kompetenzzentrum Baumanagement Hannover (BAIUDBw KompZ BauMgmt) mit dem staatlichen Baumanagement Elbe-Weser einige Baumaßnahmen bereits beginnen lassen und weitere geplant, die in den nächsten zwei Jahren umgesetzt werden sollen.
Was wächst, braucht Platz
Der Zuwachs an Trainingsteilnehmer/innen und Personal erfordert die Umsetzung der geplanten Bau- bzw. Infrastrukturmaßnahmen. Mehr Menschen brauchen mehr Unterkünfte. Mehr Menschen bedeuten aber auch eine intensivere Nutzung der Übungsanlagen, der Gerätschaften als auch - ganz einfach - der Strom-, Sanitär- und Heizanlagen. So soll nicht nur Neues gebaut, auch muss bereits Bestehendes saniert und für die zukünftige Mehrbelastung instand gesetzt werden. Die Sanierungsarbeiten kosten bis zu 13 Millionen Euro.
Die Halle des Bison und das JCTC
Einiges ist aber auch bereits fertiggestellt und steht kurz vor der Inbetriebnahme. So zum Beispiel die Halle 415 für das schwere geschützte Berge- und Abschleppfahrzeug (sgwBAF) Bison. In der neuen Halle soll zukünftig dessen Nutzung geschult werden. Der Bison dient dem Bergen und Abschleppen von schweren geschützten Fahrzeugen im Einsatz. Für Unterstützungsarbeiten ist ein Kran zwischen dem geschützten Fahrerhaus und dem Bergeaufbau integriert.
Das Besondere an der neuen Halle ist ihre Holzständerbauweise. „Das ist ein absolutes Novum auf einem Kasernengelände“, so Stefan Müller vom zuständigen Bauamt. Normalerweise bestehen die Hallen auf dem Gelände aus Stahl und Beton. Dass die Halle 415 aus Holz konstruiert ist, liegt nicht in einer gebäudeästhetischen Neuausrichtung der Bundeswehr begründet. Sie war ursprünglich für Auslandseinsätze vorgesehen und ihre spezielle Bauweise ermöglicht es, sie vollkommen zu zerlegen und an einem anderen Standort wieder zu errichten. Die den Bison beherbergende Halle 415 jedoch bleibt fortan in der Lucius D. Clay Kaserne bestehen.
Neben der Halle, ebenso kurz vor der Übergabe, steht das JCTC, das Joint Logistic Support Group Coordination and Training Centre. Von außen sieht das zivile Auge lediglich eine Ansammlung weißer Container und ein großes grünes Zelt. Militärisch stellt das JCTC eine zentrale Ausbildungseinrichtung mit einsatzfähigem Material und ausgebildetem Personal zur Verfügung. Der Personalkörper des JCTC kann bei Bedarf international eingesetzt werden. Seine Aufstellung ermöglicht die Weiterentwicklung von Doktrinen und Verfahrensregelungen für den weltweiten Einsatz logistischer Einsatzkräfte. Das JCTC stellt grundsätzlich eine mobile Übungslandschaft dar, in der logistische Unterstützungsleistungen geübt werden können.
Geplante Baumaßnahmen
Auf dem Kasernengelände sind vier Baumaßnahmen geplant. Es wird ein neues Stabsgebäude mit 180 Büros gebaut. Die Gesamtkosten dafür belaufen sich auf 10 Millionen Euro. Für dieselbe Summe werden zwei neue Unterkunftsgebäude gebaut, in denen jeweils Platz für 100 Personen sein wird. Zudem werden neue Hallen für den Geländebetreuungsdienst für 2 Millionen Euro und ein Sanitätsversorgungszentrum für zusätzliche ärztliche Fachkräfte für 3 Millionen Euro gebaut. Deren Baubeginn startet aber erst im September 2021.
Zusätzlich werden Baumaßnahmen auf der Geländelehrbahn umgesetzt. Auf einer Geländelehrbahn werden Soldat/innen darin geschult, auf schwierigem Gelände ihre schweren Fahrzeuge richtig zu nutzen. So wird zum einen der Schotter auf den Fahrwegen durch Sand ersetzt, wodurch das Übungsgelände erschwerte Bedingungen simuliert. Man geht dementsprechend davon aus, dass Einsätze der Bundeswehr weiterhin vornehmlich in den sandigen Regionen dieser Welt stattfinden. Zusätzlich werden zwei sogenannte Bombentrichter in die Fahrbahn eingelassen. Bomben hinterlassen nicht einfach große Löcher, sondern diese Löcher sind trichterförmig, die Soldat/innen nicht selten durchfahren müssen. Durch die neuen Bombentrichter auf dem Übungsgelände können das Hinabfahren in unwegsames Gelände und vor allem das blinde Hinauffahren geübt werden. Zusätzlich wird eine Schrägbahn mit einer Neigung von bis zu 20 Prozent in die Geländelehrbahn eingelassen. Dabei lernt man die Fahrzeuge so zu fahren, dass sie trotz großer Neigungen nicht auf die Seite kippen.
Zu guter Letzt ist eine Erneuerung des Wasserhindernisses vorgesehen. Für die Anpassung der Geländelehrbahn sind insgesamt 1,5 Millionen Euro vorgesehen.
Für die Region
Das zuständige Bauamt hat mehr als 50 Prozent der geplanten Bauvorhaben nicht öffentlich ausgeschrieben. Der nicht ausgeschriebene Prozentsatz geht an regionale Baufirmen. Somit fließt das Geld in die Region. Manchmal sei es aber gar nicht so einfach, Firmen zu finden. Es könne auch vorkommen, dass kein Unternehmen rechtzeitig gefunden wird, da sich viele Firmen derzeit vor Arbeit kaum retten können. Für die Geländelehrbahn sind jedoch bereits genügend Firmen angeheuert, für die Baumaßnahmen auf dem Kasernengelände hofft man das Beste.