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Vorsichtiger Neustart: Erste Veranstaltungen in der Region werden geplant

Landkreis (jm). Die Kulturschaffenden in der Region atmen auf: Die jüngsten Lockerungen in der niedersächsischen Corona-Verordnung erlauben wieder Veranstaltungen. Nun wird vorsichtig der Neustart geplant.
Auch wenn der Kulturbetrieb vorsichtig wieder startet: Die „Night of Light“ soll auch in diesem Jahr wieder stattfinden. Foto: Archiv (eb)

Auch wenn der Kulturbetrieb vorsichtig wieder startet: Die „Night of Light“ soll auch in diesem Jahr wieder stattfinden. Foto: Archiv (eb)

„Wir waren etwas überrascht, dass es keine Testpflicht gibt“, sagt Doris Fischer, Vorsitzende des Music Hall Vereins aus Worpswede. „Das geht uns fast ein bisschen zu schnell“, sagt sie mit Blick auf Konzerte in Innenräumen. In der Music Hall Worpswede dürften nach den aktuellen Auflagen rund 96 Personen an Veranstaltungen teilnehmen. „Wir haben eine große Verantwortung den Gästen gegenüber“, so Fischer. Dennoch begrüße der Verein die Lockerungen natürlich. „Für unsere Mitarbeiter, die Techniker und die Künstler ist es gut, dass es wieder Verdienstmöglichkeiten gibt.“
Pläne für die Wiederaufnahme des Betriebs schmiedete die Music Hall schon länger, nun können sie endlich umgesetzt werden. „Wir haben Fördermittel aus dem Programm Neustart Kultur bekommen“, berichtet Doris Fischer. 100.000 Euro wurden der Music Hall für Produktionskosten wie Gagen, GEMA-Abgaben und Gehälter bewilligt. Damit wurden bisher 15 Konzerte geplant, weitere sollen folgen. Geld verdienen werde der Verein damit allerdings nicht, denn Ticketverkäufe werden mit den Fördergeldern verrechnet.
 
„Langsam rantasten“
 
Für Stefan Plambeck waren die plötzlichen Lockerungen ebenfalls eine Überraschung. Der Betreiber der Discothek Haase in Bremervörde machte sich gleich daran, das erste Event auf die Beine zu stellen. Er möchte sich mit seinen Gästen „langsam ans Partygeschehen rantasten“, sagt Plambeck. Erstmal draußen - das sei sicherer für alle Beteiligten. „Ich habe gerade mit der Stadt gesprochen und werde Ende Juni oder Anfang Juli eine Veranstaltung auf der Partywiese machen“, kündigt er an. Bis zu 500 Gäste könne er dort unterbringen, sagt Plambeck.
Anders als Veranstaler:innen von Konzerten darf Plambeck nur Gäste mit aktuellem Test bzw. Impf- oder Genesungsnachweis reinlassen. Der Disco-Betreiber hat schnell eine Lösung gefunden: In Kooperation mit dem Roten Kreuz soll vor dem Eingang ein Test-Zelt aufgestellt werden, sodass alle Gäste direkt vor der Party einen Schnelltest machen können. „Wir wollen allen ein sicheres Gefühl geben“, sagt Plambeck. Er sei zuversichtlich, dass die Veranstaltung gut angenommen werde: „Ich habe vor ein paar Tagen ein Video auf Instagram gepostet, wo ich einfach nur gefragt habe, wer Lust hat wieder zu feiern. Das Video hat 15.000 Aufrufe bekommen, die Leute sind alle heiß.“ Wenn es gut läuft, könne er sich vorstellen, in diesem Sommer mehrere Open Air-Veranstaltungen anzubieten. Unter den aktuellen Bedingungen - Clubs und Discotheken dürfen die Hälfte ihrer Besucherkapazität ausschöpfen - sei es für ihn aber auch möglich, Indoor-Events durchzuführen, ohne Verluste zu machen. „Ich habe in meinem Laden einen ziemlich guten Pro-Kopf-Verzehr, die Hälfte der Gäste würde mir locker reichen“, sagt Plambeck.
Regine Schäfer, Geschäftsführerin des Hamme Forums in Ritterhude, freut sich besonders für ihre beiden Auszubildenden, die nach den jüngsten Lockerungen endlich ihre erste eigene Veranstaltung durchführen können. Ein Familiennachmittag mit Zaubershow soll in den kommenden Wochen im Ritterhuder Veranstaltungszentrum über die Bühne gehen, bis auf den konkreten Termin seien die Planungen schon abgeschlossen.
Das Team sei aber auch in den vergangenen Wochen durchaus beschäftigt gewesen. Das Hamme Forum sei für viele berufliche Treffen und Versammlungen von Vereinen gebucht worden, berichtet Schäfer. „Nach einem Pressebericht vor ein paar Wochen ist das noch mehr geworden“, freut sich die Geschäftsführerin. „Zwei Mitarbeiter konnte ich schon wieder aus der Kurzarbeit holen.“
 
KlubNetz berichtet von Startschwierigkeiten
 
Trotz Aufbruchstimmung läuft natürlich nicht alles sofort glatt. Der Verein KlubNetz e.V. mit Sitz in Hannover berichtet von Schwierigkeiten mit den Gesundheitsämtern, wenn es um die Genehmigung von Musikveranstaltungen geht. In Braunschweig etwa habe das örtliche Gesundheitsamt ein bestuhltes Open-Air-Festival, das für maximal 250 Personen geplant war, untersagt. Laut der niedersächsischen Corona-Verordnung sind Veranstaltungen unter freiem Himmel erlaubt, „die nicht auf verbale Interaktion und Kommunikation der Besucherinnen und Besucher gerichtet sind.“ Der Charakter eines Rockkonzertes sei jedoch ein anderer, habe das Gesundheitsamt den Veranstalter:innen mitgeteilt. Dort sei mit lautem Applaus zu rechnen, außerdem könne man aufgrund der Lautstärke nicht sofort feststellen, ob die Menschen im Publikum sich unterhielten.
Über zusätzliche mögliche Auflagen wie mehr Abstand oder eine durchgängige Maskenpflicht sei nicht einmal nachgedacht worden, bemängelt KlubNetz. „Kirchenchöre dürfen in voller Besetzung freiluftsingen, Biergärten öffnen und sogar in Fitnessstudios kann wieder trainiert werden. Geht es also wirklich um Infektionsgefahr? Wir fordern, dass Ungleichbehandlung zwischen Kultursparten verhindert wird”, so Simone Beer aus dem KlubNetz-Vorstand.
 
Night of Light findet wieder statt
 
Vor dem Hintergrund der nach wie vor unsicheren Lage hat sich das Aktionsbündnis „Alarmstufe Rot“ entschieden, die „Night of Light“ in diesem Jahr erneut durchzuführen. Am 22. Juni sollen wieder öffentliche Gebäude und Kulturstätten nach Sonnenuntergang mit der warnenden Signalfarbe bestrahlt werden. Bereits im Sommer 2020 wurde auf diese Weise auf die katastrophale Lage der Veranstaltungsbranche aufmerksam gemacht. Auch in unserer Region werden viele rote Lichter strahlen. Die Music Hall Worpswede möchte erneut mitmachen, auch Stefan Plambeck, der letztes Jahr mit weiteren Kolleg:innen das Bremervörder Rathaus beleuchtete, will mitmischen.
 
Größtes Kulturförderprogramm der Bundesrepublik kommt
 
Unterdessen hat die Bundesregierung vergangene Woche ein neues Hilfspaket für die Veranstaltungswirtschaft beschlossen. Das bisher größte Kulturförderprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik umfasst 2,5 Milliarden Euro (Neustart Kultur hatte bereits einen Umfang von 2 Milliarden Euro). Der Sonderfonds soll die Restriktionen und wirtschaftlichen Risiken von Kulturveranstaltungen mit eingeschränkten Besucherzahlen abfedern.
Für kleinere Veranstaltungen hält das Paket eine Wirtschaftlichkeitshilfe bereit. Die Hilfe steht für Veranstaltungen mit bis zu 500 Personen ab dem 1. Juli und für Veranstaltungen mit bis zu 2.000 Personen ab dem 1. August zur Verfügung. Für Großveranstaltungen mit über 2.000 Besucher:innen gibt es eine Ausfallabsicherung, die ab dem 1. September zur Verfügung stehen soll.


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