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Verschmutzte Brunnen: Umweltschützer decken Belastung in Osterholz-Scharmbeck auf

Teilweise das vierfache an erlaubter Nitratmenge - verschmutztes Grundwasser im Raum Osterholz-Scharmbeck schadet der Artenvielfalt. Schuld hat u. a. die „Vermaisung der Landwirtschaft.“
Matthias Ahlbrecht vom VSR Gewässerschutz berät Brunnenbesitzer:innen  am Informationstag im vergangenen Juni.

Matthias Ahlbrecht vom VSR Gewässerschutz berät Brunnenbesitzer:innen am Informationstag im vergangenen Juni.

Bild: Anja Roth/VSR-Gewässerschutz e.V.

Viele Bürger:innen kamen im Juni an den Informationsstand des VSR-Gewässerschutz in Osterholz-Scharmbeck, um ihr Brunnenwasser untersuchen zu lassen. Es waren auch zahlreiche Gartenbesitzer:innen dabei, die bei heißen Temperaturen ihren naturnahen Teich wegen der hohen Wasserverluste nachfüllen müssen. Diese kleinen Wasseroasen in den Gärten sind im Zuge des Klimawandels für viele Insekten und andere Tiere überlebenswichtig. Leider musste jede:r zehnte Brunnenbesitzer:in erfahren, dass der Nitratgehalt seines Brunnenwassers den Grenzwert der EU-Nitratrichtlinie von 50 mg/l deutlich überschreitet und nicht für den Gartenteich geeignet ist. Eine derartige Belastung führt zu einer extremen Vermehrung von Algen und dadurch ist das Leben im und am Wasser gefährdet. „Bereits ab 25 mg/l Nitrat im Teichwasser kommt es zu ökologischen Problemen im heimischen Biotop“, so Susanne Bareiß-Gülzow, Vorsitzende im VSR-Gewässerschutz.
 
Schlechte Ergebnisse
 
Insgesamt wurde das Wasser von 69 privat genutzten Brunnen aus dem Raum Hambergen - Worpswede - Ritterhude - Schwanewede mit Osterholz-Scharmbeck im Zentrum analysiert. Dipl.-Phys. Harald Gülzow und Bundesfreiwilliger Dr. Matthias Ahlbrecht fanden bei den Untersuchungen 99 Milligramm Nitrat pro Liter in einem privat genutzten Brunnen in Osterholz-Scharmbeck. Weitere mit Nitraten stark verschmutzte Brunnen stellten die Umweltschützer in Hülseberg mit 59 Milligramm pro Liter (mg/l), in Freißenbüttel mit 95 mg/l, in Sandhausen mit 56 mg/l und in Vollersode mit 95 mg/l fest. „Dieses stark belastete Grundwasser sickert auch den Bächen und den Flüssen zu. Hier kommt es durch die Belastung zu einer Verringerung der Artenvielfalt“, so Susanne Bareiß-Gülzow.
 
Schmutzige Maisfelder
 
Die gemeinnützige Umweltschutzorganisation wertet nicht nur die Ergebnisse der Nitratmessungen des Brunnenwassers aus, sondern auch die landwirtschaftlichen, regionalen Daten. Anhand dieser Recherchen können die Umweltschützer erkennen, welche landwirtschaftliche Nutzung besonders zur Nitratbelastung beiträgt. Auf der Homepage der gemeinnützigen Organisation sind die aktuellen Auswertungen veröffentlicht.
So stellten die Gewässer-Experten fest, dass in den Kreisen, in denen viel Mais angebaut wird, auch eine höhere Nitratbelastung vorliege. Im Kreis Osterholz wird auf 63 % der Ackerfläche Mais angebaut. Dieser wird erst spät im Jahr geerntet. Somit gestaltet sich der Anbau von sogenannten Zwischenfrüchten, die das überschüssige Nitrat im Boden aufnehmen und damit die Nitratauswaschung verringern könnten, schwierig. Der späteste Aussaattermin ist für viele Pflanzen vor dem Winter zu diesem Zeitpunkt bereits überschritten. Übrig bleiben dann die leeren Felder.
Gerade in der Nähe von Biogasanlagen wird besonders viel Mais produziert - es ist bereits von einer „Vermaisung der Landschaft“ die Rede. Weil der Biogasertrag recht hoch ist, wird er von den Landwirten gerne als Energiepflanze angebaut. Man könnte die Energiegewinnung aber durchaus mit Natur- und Gewässerschutz verbinden, so die Umweltschützer. Wildblumen eigneten sich beispielsweise ebenfalls gut für die Energiegewinnung. Das sei sowohl für die Umwelt als auch für die Bevölkerung eine Bereicherung. Mehrjährige Wildpflanzenkulturen werden deutlich weniger gedüngt und tragen dadurch zum Gewässerschutz bei. Auf Pestizide könne weitestgehend verzichtet werden. Außerdem seien sie gegenüber dem Maisanbau wesentlich sinnvoller, weil sie vielen Insekten und Tierarten Schutz, Nahrung und Lebensraum geben. „Sie stellen ökologisch wertvolle Flächen dar. Um die Artenvielfalt in unseren intensiv genutzten Agrarlandschaften wieder zu erhöhen, ist auch eine Vielfalt der Kulturen unverzichtbar“, so Susanne Bareiß-Gülzow.
Der VSR-Gewässerschutz fordert von der Politik, dass der Anbau von Wildpflanzenkulturen zukünftig im Rahmen der EU-Agrarsubventionen so gefördert werden müsse, dass dieser für die Landwirte auch rentabel wird. Erst dann kann die Erzeugung von Biogas nachhaltig werden und einen wertvollen Beitrag zum Umwelt- und Gewässerschutz darstellen.
 
Kühe brauchen Weidegang
Auch wenn der Mais nicht als Energie- sondern als Futterpflanze angebaut wird, stelle er ein Problem dar. Der Mais habe innerhalb weniger Jahrzehnte andere traditionelle Futterpflanzen fast völlig verdrängt. Klee, Kleegras, einzelne Gräserarten und Wiesen seien aus der industriellen Landwirtschaft nahezu verschwunden. Maissilage sei mittlerweile in vielen Tierhaltungen mit Milchkühen Hauptgrundfutter, da damit die Milchleistung steigt. Für eine artgerechte Haltung und Fütterung brauchten die Kühe jedoch Weidegang. Unter Grünland finde nachgewiesenermaßen eine geringere Nitratauswaschung statt. Das sei nicht nur gut für Boden und Gewässer, sondern wirke sich auch positiv auf den Klimaschutz aus und sei wichtig für den Erhalt der Artenvielfalt. Der VSR-Gewässerschutz fordert daher: Die landwirtschaftlichen Betriebe müssen über ausreichende Weideflächen für die Tiere verfügen.
Brunnenbesitzer:innen, die den Termin am Labormobil verpasst haben, finden auf der Internetseite des Vereins auch weitere Informationen zu den angebotenen Untersuchungen. Bis Ende September können die Wasserproben noch per Post an die Umweltschützer zugesendet werden.


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