Unverschämter Fan-Service
Der erste Ghostbusters-Film war für Kinder allen Alters damals, Mitte der Achtzigerjahre, eine Epiphanie. Lustige Männer sauten auf der Leinwand mit grünem Schleim und Protonen-Blastern rum und gaben, auch in der deutschen Synchronisation, Denkwürdiges von sich („Du wirst nie wieder einen Mann vollschleimen, der einen Positronen-Kollidierer hat!“), sprengten ein Hochhaus in Notwehr in die Luft und kabbelten sich mit Monstern und einer besessenen Sigourney Weaver. Es war ein Fest, und für die meisten der erste Kontakt mit der US-Anarcho-Comedy in der Tradition von Saturday Night Live, die hier mit einem Mal im Blockbuster-Format daherkam. Und trotz allem Effektspektakel, immer wirkte Ghostbusters wie ein entgrenztes B-Movie, im guten Sinne. Kurz und gut: Der erste Ghostbusters-Film brannte sich, wenn man ihn zum richtigen Zeitpunkt sah, ein und funktioniert auch heute noch prächtig.
Nerdterror gegen All-Female-Reboot
Entsprechend schwer hatte es alles, was nach dem im Rückblick wieder sehr schönen Sequel von 1989 kam. Der 2016 von Paul Feig unternommene Versuch eines Reboot mit weiblichen Figuren ist beim zweiten Wiedersehen dann doch ziemlich lustig, beim ersten Durchgang war die Wahrnehmung sehr durch Incel- und Nerdterror verstellt. Gegen das All-Female-Rebbot wurde eine veritable Hasskampagne gefahren, und dem Impuls, einen schlechten Film wegen der toxischen Trottel, die ihn hassen, abzufeiern, wollte man dann doch nicht nachgeben. Dabei ist Feigs Ghostbusters einfach eine solide Spektakel-Komödie. Der Aufruhr um den 2016er-Film zeigte dann auch: Wer sich an Ghostbusters vergreift, geht den um 1980 herum Geborenen an die Kindheitserinnerungen, und da wird es dann schnell mal unangenehm.
Eine nettes GenreMashUp
„Ghostbusters: Legacy“, der Film, der sich 2022 als eigentliches Sequel zum Original von 1984 verstand, ging dann in dieser Hinsicht auch auf Nummer sicher und betonte Traditionsbewusstsein auf allen Ebenen: Regie führte Jason Reitman, der Sohn des Ghostbusters-Miterfinders Ivan Reitman. Bill Murray, Dan Aykroyd und Ernie Hudson aus dem Original-Cast hatten Gastauftritte. Der wie Ivan Reitman zum Zeitpunkt des Drehs bereits verstorbene Harold Ramis war als Hologramm präsent.
Das Triggern der Nostalgie des Publikums ist das eine, aber auch darüber hinaus versuchte Reitmans Film restlos alle abzuholen. Stranger Things-Fans, die Fans des Originals, heutiges Komödien-, Action- und RomCom-Publikum - eigentlich alle, die in den Achtzigern im Kino waren. Eine Genre-MashUp, jedes Bild im Versuch, Mikro-Crowdpleaser auf die Leinwand zu bringen. Das hat recht gut funktioniert.
Alles krumm und schief
Im Falle des Sequels zum Sequel funktioniert leider gar nichts mehr. Oder kaum etwas. Selbst in seinen wurstigsten Momenten war das Franchise immer spürbar bestimmt von der Liebe zum Brachialquatsch und zu seinen Figuren (wenngleich auch Legacy, wie gesagt, bereits etwas ungut Kalkuliertes anhaftete). „Ghostbusters: Frozen Empire“ ist ein Film, der allein auf seinen Namen vertraut, sichergeht, dass das an den Kinokassen gut laufen wird, und vielleicht auch deswegen Plot und Charaktere unter ferner liefen behandelt. Ein Skript wie ein Setzbaukasten, aber alles leider krumm und schief.
Die Prämisse ist klar und geht in Ordnung: Ein besonders schlimmes Monster versucht die Welt zu zerstören, dieses Mal mit Eis und Kälte. Alles, was drumherum passiert, scheint immer für gerade mal ein, zwei Minuten auf und verschwindet dann wieder. Jason Reitmans im Vorgänger noch geglückte Versuch, im Rahmen des Quatschspektakels von so etwas wie echten Problemen und Konflikten zu erzählen (Adoleszenz, Familie, toter, rätselhafter Großvater usw.) verebbt hier im Egalen, muss aber trotzdem ständig aufgerufen werden. Trevor Spengler (Finn Wolfhard) wird erwachsen und ist verliebt, Phoebe Spengler (Mckenna Grace) ist mit fünfzehn eigentlich zu jung zum Geisterjagen, Gary (eigentlich ein Lichtblick: Paul Rudd) wird von den beiden als neuer Freund ihrer Mutter Callie (Carrie Coon) nicht als Vaterfigur akzeptiert. Phoebe befreundet sich mit einem Geist (Emily Alyn Lind) und zweifelt an ihrer Berufung als Geisterjägerin, die erste Generation (Dan Aykroyd, Bill Murray und Ernie Hudson) wiederum hadert mit dem Älterwerden.
Dass einem das alles gleichgültig ist, müsste nicht schlimm sein, man geht ja nicht in einen Ghostbusters-Film, um zum Beispiel bewegende Adoleszenzdramen vorgeführt zu bekommen. Die Lieblosigkeit und Ungenauigkeit, mit der einem alles das hier erzählt wird, schlägt aber auf alle anderen Aspekte des Films durch. Die Monster sehen aus wie Playstation-4-Grafiken, der Soundtrack ist ein Brei, und die Vorhersehbarkeit, mit der hier nachgerade unverschämt routiniert Fan-Service betrieben wird, ist wirklich unangenehm.
„Ghostbusters: Frozen Empire“ ist einer der Filme, deren Ideenlosigkeit nicht so sehr aufgefallen wäre, wenn die Drehbuchautoren (Jason Reitman und Regisseur Gil Kenan, der mit Poltergeist 2015 bereits ein maximal uninspiriertes Remake in die Welt gesetzt hat) nicht versucht hätten, sie mit Konflikten aus seriös gestimmten Genreregionen (Adoleszenz, Familie, Älterwerden usw.) zu verbergen. So macht der eigentlich ja wunderbare Quatsch in „Frozen Empire“ keinen Spaß mehr. Und die ernst gemeinten Momente des Films wirken wie Publikumsbeleidigungen.
Ghostbusters läuft im Central Theater in Osterholz-Scharmbeck und im Filmpalast Schwanewede