Amelie Nobel

Rechtliches Gehör für Kinder

Die Bundesregierung wollte schon längst das Grundgesetz um Kinderrechte erweitern. Was das bedeuten würde und woran die Erweiterung des Grundgesetzes scheitert.

Eine glückliche Kindheit ist für viele Kinder nur ein von ihren Eltern gebrochenes Versprechen. Kinderrechte sollen daran etwas ändern.

Eine glückliche Kindheit ist für viele Kinder nur ein von ihren Eltern gebrochenes Versprechen. Kinderrechte sollen daran etwas ändern.

Bild: Adobestock/nimito

Bereits seit der vorangegangenen Legislaturperiode gibt es Bemühungen, Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen, bislang sind diese jedoch gescheitert. Auf der einen Seite könnte eine Änderung des Grundgesetzes ein Signal sein, Kinder noch stärker zu schützen und in Entscheidungen zu berücksichtigen. Denn oft ist die Realität eine andere. Ein Beispiel dafür ist die Corona Pandemie, in der Kinder wohl zu den größten Verlierer:innen gehörten. Viele leiden immer noch unter den psychischen Folgen. Auf der anderen Seite fürchten viele, vor allem aus der Union, dass eine Änderung des Grundgesetzes das Verhältnis zwischen Familie-Eltern-Staat negativ beeinflussen könnte.

 

Was hat die Bundesregierung geplant?

 

Aktuell stehen Kinderrechte nicht im Grundgesetz. Dies will die Bundesregierung schon länger ändern. Auf Seite 77 im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP aus dem Jahr 2021 steht: „Wir wollen die Kinderrechte ausdrücklich im Grundgesetz verankern und orientieren uns dabei maßgeblich an den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention. Dafür werden wir einen Gesetzesentwurf vorlegen (…).“

Bereits 1992 hat die Deutschland die Kinderrechtskonvention der Vereinigten Nationen anerkannt, in der die Kinderrechte niedergeschrieben sind. Rechte sind z.B. das Recht auf Gesundheit, Bildung, eine gewaltfreie Erziehung und Freizeit.

Im Januar 2021 hat das Bundeskabinett einen Gesetzeseinwurf vorgelegt, der Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes durch folgende Sätze ergänzen sollte.

„Die verfassungsmäßigen Rechte der Kinder einschließlich ihres Rechts auf Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten sind zu achten und zu schützen. Das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen. Der verfassungsrechtliche Anspruch von Kindern auf rechtliches Gehör ist zu wahren. Die Erstverantwortung der Eltern bleibt unberührt.“

 

Warum stehen die Rechte immer noch nicht im Grundgesetz?

 

Die Verhandlungen scheiterten bisher, weil sich die Parteien nicht auf ein Adjektiv einigen konnte, das beschreibt, wie das Wohl des Kindes berücksichtigt werden soll. Die am Ende gewählte Formulierung: „das Wohl des Kindes ist angemessen zu berücksichtigen“ sei den Grünen nicht weit genug gegangen. Die FDP brachte einen neuen Gesetzesentwurf mit einem neuen Absatz ins Spiel, die Union argumentierte, man wolle das Dreiecksverhältnis zwischen Kind, Eltern und Staat nicht zulasten der Familie verengen. Durch die fehlende Kompromissbereitschaft scheiterten die Verhandlungen.

 

Was sagen Gegner von Kinderrechten im Grundgesetz?

 

Gegner der Bemühungen, Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen, wie die Union beispielsweise, argumentieren damit, dass das Grundgesetz nicht nur für Erwachsene, sondern auch für Kinder gilt, weshalb man Kinderrechte nicht separat auflisten müsse. Außerdem würden Gesetze allein nicht ausreichen, um Kinder zu schützen. Einige Gegner der Änderung befürchten, dass sich der Staat auf Kinderrechte im Grundgesetz berufen und sich so leichter in Familien einmischen könnte. Bisher steht im Grundgesetz über Kinder im Artikel 6, dass Pflege und Erziehung der Kinder das „natürliche Recht“ der Eltern sein. In Absatz 3 heißt es: „Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen“.

Das Verhältnis zwischen Familie-Staat-Eltern ist bis jetzt so gewählt, dass der Staat nicht ohne Weiteres in die Eltern-Kind-Beziehung eingreifen kann. Durch eine Änderung des Grundgesetzes könnte sich das ändern.

 

Kinderrechte in Niedersachsen

 

In der niedersächsischen Verfassung sind Kinderrechte im Artikel 4 a unter dem Punkt „Schutz und Erziehung von Kinder und Jugendlichen“ seit 2009 berücksichtigt. Es wird betont, dass Kinder und Jugendliche als „eigenständige Personen das Recht auf eine Achtung ihrer Würde und gewaltfreie Erziehung“ haben. Außerdem wird deutlich, dass die Erziehungsberechtigten Anspruch auf staatliche Hilfe haben und Kinder vor Misshandlung und Vernachlässigung zu schützen sind.

 

Warum sind Kinderrechte wichtig?

 

Kinder sind besonders schutzbedürftig, weil sie ihre eigenen Rechte schlecht einfordern können. Sie sind abhängig von ihren Eltern und können leicht durch Vernachlässigung und Gewalt gefährdet werden. Laut dem Deutschen Kinderhilfswerk würde eine Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz unter anderem den Schutz der Kinder verbessern, die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sicherstellen und die Rechte und Pflichten der Eltern klären. Es sei außerdem ein Signal für die gesamte Gesellschaft, Kinder als eigenständige Persönlichkeiten zu achten. Sie sind schließlich die Zukunft.


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