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Putins Aggressionen

Die niedersächsische Innenministerin Daniela Behrens (SPD) hat an der Parlamentarischen Versammlung der NATO in Kanada teilgenommen und berichtet über die Gespräche vor Ort.

Bild: Ardan Fuessmann

Niedersachsen. Die Parlamentarische Versammlung der NATO wurde 1955 ins Leben gerufen. Zwei Mal im Jahr kommen 281 Parlamentarier aus den 32 Mitgliedsstaaten zu einem Diskussionsforum zusammen und tauschen sich über aktuelle Fragen der Sicherheitspolitik, aber auch über Themen wie Demokratieförderung oder Klimaschutz aus. Die Versammlung gehört streng genommen (rechtlich) nicht zur NATO - bei der Gründung des Verteidigungsbündnisses im Jahr 1949 wurde auf ein Parlament verzichtet -, hat aber eine beratende Funktion.

 

Gedrückte Stimmung

Die jüngste Sitzung fand vergangene Woche in Montreal, der Hauptstadt der kanadischen Provinz Québec, statt. Aus Deutschland nahmen zwölf Abgeordnete des Bundestages und sechs Mitglieder des Bundesrates, darunter Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens, an der 70. Tagung des Gremiums teil.

„Im Mittelpunkt der Parlamentarischen Versammlung der NATO stand das aggressive Vorgehen des russischen Präsidenten gegenüber der Ukraine, aber auch gegenüber anderen Nationen wie Deutschland“, berichtet Behrens. Jüngste Drohungen Putins haben in den letzten Tagen unter anderem eine Debatte über den Zivilschutz in der Bundesrepublik entfacht.

Nach über zwei Jahren Krieg im Osten Europas sei die Stimmung unter den Teilnehmern „gedrückt“ gewesen. In persönlichen Gesprächen mit Vertretern der Ukraine sei einmal mehr deutlich geworden, wie sehr das Land unter dem Krieg leide, so Behrens. „Die Wirkung der russischen Angriffe auf die Bevölkerung ist entsetzlich. Wenn man im friedlichen Niedersachsen lebt, sind die ständigen Bombenangriffe in der Ukraine schwer nachzuvollziehen“, sagt die SPD-Politikerin. Bei jeder Gelegenheit hätten die Ukrainer deutlich gemacht, dass sie auf weitere Unterstützung der internationalen Gemeinschaft angewiesen seien: „Alle NATO-Mitglieder haben sich dafür ausgesprochen, die Ukraine weiterhin größtmöglich zu unterstützen“, so der Konsens unter den Delegierten.

 

„Ich vertraue dem Kanzler“

Eine Streitfrage ist in Deutschland nach wie vor die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine. Ministerin Behrens stimmt hier dem Kanzler, der die Lieferung bisher ablehnt, zu: „Ich vertraue dem Kanzler. In dieser Frage ist Besonnenheit wichtig. Man muss die Konsequenzen einer solchen Lieferung bis zum Ende denken“, sagt Behrens und verweist darauf, dass eine solche Entscheidung in enger Abstimmung mit den NATO-Partnern getroffen werden müsse.

Die Frage ist brisant, schließlich geht es um Waffensysteme, deren Reichweite es erlauben würde, Ziele auf russischem Boden anzugreifen. Völkerrechtlich ließe sich das rechtfertigen, meinen einige Juristen. Die mögliche Reaktion Russlands macht der Politik jedoch Sorgen.

 

Aggression nicht unterschätzen

An Drohungen seitens des Kremls mangelt es jedenfalls nicht. Ob Putin in den kommenden Jahren wirklich die NATO angreifen könnte, lässt sich schwer vorhersagen, einige Experten gehen jedoch davon aus. „Wir dürfen das Aggressionspotenzial Russlands nicht unterschätzen. Putin führt einen menschenverachtenden Angriffskrieg gegen die Ukraine. Und Putin agiert mit einer hybriden Kriegsführung auch gegen Europa, vor allem gegen Deutschland“, meint auch Daniela Behrens. Die Ukraine sei möglicherweise nur der Anfang. „Diese Meinung war in der NATO-PV einhellig.“

Mit russischer Propaganda hätten die deutschen Behörden längst zu tun. Desinformationskampagnen verfolgten das Ziel, die westlichen Demokratien in den Augen ihrer Bürger:innen zu delegitimieren. „Das passiert überall, auch in Niedersachsen“, sagt Behrens. „Deshalb ist es so wichtig, dass unsere Sicherheitsbehörden, allen voran der Niedersächsische Verfassungsschutz, hier sehr wachsam sind und Strategien gegen diese hybriden Bedrohungen entwickeln.“ Dieses Thema werde sie auf der kommenden Innenministerkonferenz zur Sprache bringen, kündigt Behrens an. „Ich bin der Meinung, dass auch der Bund hier noch aktiver sein könnte.“

 

„Deutschland ist ein wichtiger Player“

Ein weiteres weltpolitisches Thema, das für die NATO nicht unbedeutend ist, ist die Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten. Nach dem Sieg von Donald Trump hängt gewissermaßen ein Fragezeichen über der zukünftigen Rolle der USA im Verteidigungsbündnis. „Alle Teilnehmenden haben die Bedeutung des NATO-Bündnisses noch einmal bekräftigt“, berichtet Behrens aus Montreal - ein gutes Zeichen in herausfordernden Zeiten, findet die Innenministerin. „Die NATO wird als Verteidigungsbündnis mehr gebraucht denn je. Alle NATO-Mitglieder sind gut beraten, sich stark für die Verteidigungsfähigkeit zu rüsten“, so die SPD-Ministerin.

„Die Bundesrepublik ist im internationalen Politikfeld ein wichtiger Player. Das ist in den Gesprächen, die ich geführt habe, sehr deutlich zu spüren gewesen“, sagt Behrens und widerspricht damit Behauptungen der Union, Deutschland werde in der internationalen Sicherheitspolitik nicht ernst genommen. Die deutsche Perspektive sei in den Debatten stets gefragt. „Kanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius werden geschätzt.“


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