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Nicht vor der Sommerpause

Das umstrittene Heizungsgesetz kommt vor der Sommerpause des Bundestages nicht mehr zur Abstimmung.

Streitthema Heizung: Die Ampel-Koalition hat sich zwar in letzter Minuten auf inhaltliche Details des Heizungsgesetzes geeinigt. Zur Abstimmung im Bundestag kam es aber nicht wie geplant. Foto: freepik/wirestock

Streitthema Heizung: Die Ampel-Koalition hat sich zwar in letzter Minuten auf inhaltliche Details des Heizungsgesetzes geeinigt. Zur Abstimmung im Bundestag kam es aber nicht wie geplant. Foto: freepik/wirestock

Die Bundesregierung hat sich im letzten Moment auf Details der umstrittenen Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) geeinigt. Eine Abstimmung über das sogenannte Heizungsgesetz vor der Sommerpause des Bundestages ist jedoch nicht gelungen.

Mit einem Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht verhinderte der CDU-Bundetagsabgeordnete Thomas Heilmann auf dem letzten Meter, dass noch vor der Sommerpause im Parlament über das Heizungsgesetz abgestimmt wird. Am Mittwochabend gab der zweite Senat des Gerichts dem Antrag statt. Heilmann hatte als Begründung angegeben, das Parlament hätte vor der Abstimmung zu wenig Zeit gehabt, sich über das Gesetz zu informieren. Dadurch sah der CDU-Politiker seine Rechte als Abgeordneter verletzt. Nach Berichten des „Spiegel“ ziehe die Ampel-Koalition nun eine Sondersitzung des Bundestages im Sommer in Betracht.

 

Zuerst sind die Kommunen am Zug

 

Wenige Tage zuvor waren Details des neuen Gesetzentwurfs, auf den sich das Kabinett nach einem langen Streit geeinigt hatte, bekannt geworden. Eine der größten Änderungen betrifft den Zeitplan der Wärmewende: Zwar sollen grundsätzlich ab 2024 nur noch Heizungen, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden, verbaut werden. Gekoppelt wird diese Vorgabe jedoch an eine kommunale Wärmeplanung. Liegt ein solches Konzept noch nicht vor, müssen Eigentümer:innen noch keine Änderungen vornehmen. Kommunen sollen verpflichtet werden, bis spätestens 2028 eine Wärmeplanung zu beschließen. Alte Heizungen im Bestand müssen also nicht sofort ausgetauscht werden und dürfen auch repariert werden. Lediglich in Neubaugebieten gelten die neuen Vorgaben ab 2024 sofort.

 

Bis zu 21.000 Euro Förderung

 

Das Thema Förderung war ebenfalls ein Streitpunkt in der Koalition. Hierzu gibt es jetzt auch Einzelheiten: Grundsätzlich ist eine Summe von bis zu 30.000 Euro beim Heizungstausch in einem Gebäude mit einer Wohneinheit förderfähig. Unabhängig vom Einkommen des Haushalts können 30 Prozent davon gefördert werden.

Ein höherer Förderanteil ist für Haushalte mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen unter 40.000 Euro vorgesehen. Diese erhalten weitere 30 Prozent Förderung. Darüber hinaus gibt es einen Bonus für alle, die ihre Heizung schnell austauschen. Bis 2028 beträgt dieser „Geschwindigkeitsbonus“ 20 Prozent, danach sinkt er jedes Jahr. Die Gesamtsumme der Förderung ist bei 21.000 Euro gedeckelt.

 

„Desinformation und beispiellose Hetze“

 

Mit dem Bekanntwerden der Einigung innerhalb der Ampel-Koalition flammte die kontrovers geführte Diskussion um das neue Gesetz sofort wieder auf - und mündete in einen Eilantrag vor dem höchsten Gericht der Bundesrepublik. Immer wieder hatte nicht nur CDU aus der Opposition das Gesetz als überstürzt kritisiert. Auch innerhalb der Koalition waren die Pläne von Wirtschaftsminister Robert Habeck umstritten. Gegenwind kam vor allem von der FDP.

Die Grünen verteidigten das neue Gebäudeenergiegesetz als wichtigen Schritt zur Klimaneutralität. So sieht es die Partei auch vor Ort: „Trotz aller Kritik: Das GEG bleibt im Kern ein großer Schritt zu klimafreundlicher und fairer Wärme. Nach dem Stillstand der letzten Jahrzehnte geht es endlich voran“, sagt Brigitte Neuner-Krämer, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Stadtrat von Osterholz-Scharmbeck. Die Debatte der letzten Wochen sei von „Desinformation und beispielloser Hetze“ geprägt gewesen. „Leider ist es auch von Seiten der Grünen nicht gelungen, deutlich zu machen, worin es im Kern geht: dringend notwendiger Klimaschutz, um die rasante Erderwärmung zu begrenzen und dabei die Menschen in unserem Land vor steigenden Energiekosten zu schützen.“

Das sei ganz abgesehen vom Klimaschutz auch aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll, erklärt Neuner-Krämer. „Die Preise fu¨r Öl und Gas werden rasant steigen. Das Zeitalter der fossilen Energien geht zu Ende. Jetzt noch eine Gasheizung einzubauen, kann schon bald zu hohen Kosten führen. Deshalb wird es von 2024 an auch vor dem Einbau einer Gasheizung eine verpflichtende Beratung geben.“ Die Kopplung an eine kommunale Wärmeplanung schaffe Planungssicherheit. In Osterholz-Scharmbeck soll diese Planung bereits 2023 beginnen. „Mit dem Bebauungsplan südlich Garteler Weg soll erstmals ein Wohngebiet ohne fossile Heizungen entstehen“, berichtet die Grünen-Politikerin aus dem Stadtrat. Letztlich sei das Gesetz jedoch immer noch ein Kompromiss und könne als unzureichend für den Klimaschutz kritisiert werden. „Aber es wäre auch nicht vertretbar, keine Kompromisse einzugehen und so zu verhindern, dass es wenigstens endlich vorangeht“, so Neuner-Krämer abschließend.

 

Vdk: „Gute Kompromisse“

 

Auch der Sozialverband VdK hat die ersten Entwürfe des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) bereits von Anfang an kritisch begleitet. „Mit den geplanten Änderungen im Gebäudeenergiegesetz und der dazugehörigen Förderkulisse sehen wir das Vorhaben nun auf einem recht guten Weg“, sagt Sören Mundt vom VdK Niedersachsen-Bremen zu den jüngst konkret gewordenen Plänen der Ampel.

Der Verband hatte vor allem darauf gepocht, das neue Gebäudeenergiegesetz so zu gestalten, dass einkommensschwache Haushalte nicht zu stark belastet werden. „Wenn uns die langen und ohne Zweifel mühsamen Debatten aber eines gezeigt haben, dann das: Der Aspekt der Sozialverträglichkeit muss in Zukunft von Anfang an viel stärker gemeinsam mit dem Thema Klimaschutz zusammen gedacht und geplant werden“, sagt Mundt. In diesem Bereich habe es nun gute Kompromisse gegeben, sagt Mundt und nennt die abgestuften Fördermöglichkeiten, die Deckelung der Mietpreiserhöhungen und die Härtefallregelungen für Eigentümer:innen und Mieter:innen als Beispiele. „Wir freuen uns, dass der Gesetzgeber uns in einigen wichtigen Punkten gefolgt ist und erwarten nun, dass die angekündigten sozialen Maßnahmen auch umgesetzt werden.“


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