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Menschen mit Beeinträchtigung wird selbstständige Mobilität erschwert

Lankreis (eb/pvio). Jeder dritte Mensch mit Beeinträchtigung traue sich nicht, selbstständig unterwegs zu sein. Verbände fordern daher Teilhabe-Barrieren sichtbar zu machen.
26 Prozent der von der Aktion Mensch Befragten mit Beeinträchtigung geben an, häufig auf nicht barrierefreie Bahnhöfe oder Haltestellen bzw. öffentliche Verkehrsmittel zu stoßen.

26 Prozent der von der Aktion Mensch Befragten mit Beeinträchtigung geben an, häufig auf nicht barrierefreie Bahnhöfe oder Haltestellen bzw. öffentliche Verkehrsmittel zu stoßen.

Anlässlich des Europäischen Protesttages zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am 5. Mai hat die Aktion Mensch gemeinsam mit Verbänden und Organisationen der Behindertenhilfe und -selbsthilfe alle Menschen unter dem Motto “Tempo machen für Inklusion - barrierefrei zum Ziel“ dazu aufgerufen, Teilhabe-Barrieren sichtbar zu machen.
Denn wie die Ergebnisse einer repräsentativen Online-Befragung der Aktion Mensch anlässlich des Protesttages zeigten, nutzten Menschen mit Beeinträchtigung drei bis vier Mal so häufig Verkehrsmittel wie Fernbusse, Fernzüge oder Taxis als Menschen ohne Beeinträchtigung. Jedoch traue sich mehr als ein Drittel nicht zu, selbstständig unterwegs zu sein und zu reisen (34 Prozent). Unter den Menschen mit einer sichtbaren Beeinträchtigung sei dieses fehlende Vertrauen mit 57 Prozent besonders ausgeprägt. Sehr ungern unterwegs oder auf Reisen seien zudem Menschen mit einer psychischen (39 Prozent) oder sichtbaren Beeinträchtigung (39 Prozent). Bei Menschen ohne Beeinträchtigung sei es hingegen nur eine Minderheit von 18 Prozent.
Diese Unsicherheit beeinträchtige auch das Selbstvertrauen von Menschen mit Behinderung.
 
Weniger Flexibilität im Alltag
 
“Seit Januar dieses Jahres sind die Kommunen per Gesetz dazu verpflichtet, den ÖPNV barrierefrei zu gestalten. Obwohl es bereits Fortschritte gibt, ist das bei den meisten Kommunen noch nicht der Fall. Die Sensibilisierung der Öffentlichkeit bleibt daher extrem wichtig. Auch die Umfrageergebnisse bestätigen: Es gibt weiterhin akuten Handlungsbedarf bei den Themen Barrierefreiheit und Mobilität”, erklärt Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch.
So gaben jeweils 26 Prozent der Befragten mit Beeinträchtigung an, häufig auf nicht barrierefreie Bahnhöfe oder Haltestellen bzw. öffentliche Verkehrsmittel zu stoßen. Im Vergleich dazu seien es bei den Befragten ohne Beeinträchtigung nur rund 20 Prozent. Bei den Befragten mit einer geistigen Beeinträchtigung stoßen sogar mehr als die Hälfte - 54 Prozent - auf einen nicht barrierefreien ÖPNV. Darüber hinaus seien es häufig vermeintlich kleinere Barrieren, die im Alltag als störend wahrgenommen werden: Von kurzen Fußgänger- und Ampelschaltungen fühle sich knapp ein Drittel der befragten Menschen mit Beeinträchtigung häufig eingeschränkt.
Die individuelle Mobilität von Menschen mit Beeinträchtigung sei von weniger Flexibilität und zeitlichem Mehraufwand gekennzeichnet: So könnten mehr als die Hälfte der Menschen ohne Beeinträchtigung (54 Prozent) alltägliche Wege in bis zu 20 Minuten erledigen, was nur rund ein Drittel (34 Prozent) der Befragten mit starker Beeinträchtigung schaffe. Fast eine*r von zehn Befragten, die sich im Alltag stark beeinträchtigt fühlen, benötige für solche Wege sogar länger als eine Stunde.
 
Neue Mobilitätskonzepte
 
Für die Aktion Mensch ergeben sich aus der Umfrage klare Forderungen an die Gesetzgebung und die Privatwirtschaft: Neue Mobilitätskonzepte müssten her. Nicht nur der Staat, sondern auch die Privatwirtschaft sollten zu umfassender Barrierefreiheit verpflichtet werden, „denn selbstbestimmte Mobilität muss für Menschen mit und ohne Behinderung in gleichem Maße möglich werden“, fordert Christina Marx. „Wichtig ist dabei, Menschen mit Behinderung von Anfang an in die Planungen einzubeziehen, um ihre Bedarfe angemessen zu berücksichtigen.”
 
Heilerziehungspflege stärken
 Auch der Sozialverband VdK will Barrieren abbauen und hat zum 5. Mai die Forderung formuliert, dass Ausbildungen in der Eingliederungshilfe nicht an den Kosten scheitern dürften. Junge Menschen, die in der Heilerziehungspflege arbeiten wollen, dürfte am Ende ihrer Ausbildung keine Rechnung erwarten. „Warum bekommt etwa ein Azubi in der Automechanik eine Vergütung, ein junger Mensch in der Heilerziehungspflege aber stattdessen eine Rechnung? Es ist völlig unverständlich, warum hier Unterschiede gemacht werden. Dass ausgerechnet in einem Berufsfeld, in dem permanent für Barrierefreiheit und Gleichstellung gekämpft wird, die Barriere ‚Schulgeld‘ noch immer besteht, ist nicht vertretbar! Bildung sollte für Jeden und Jede kostenfrei sein“, wie VdK-Landesvorsitzender Friedrich Stubbe erklärt. Aufgrund des Fachkräftemangels müsse die Ausbildung in diesem vielseitigen Beruf attraktiver gestaltet werden und das Schuldgeld an Schulen in freier Trägerschaft abgeschafft werden.


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